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Content Marketing – eine Chance für Fachjournalisten?

Wie Sie mit Mehrwert Leser erreichen und Backlinks aufbauen.

Content Marketing ist in aller Munde. Auch im Bereich der Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist das Thema angekommen: Guter Inhalt soll Backlinks generieren. Häufig sind Fachjournalisten jedoch schwer zu begeistern, wenn es darum geht, Texte für Content-Marketing-Aktionen zu verfassen. Autorin Nicole Bonholt, die als SEO-Manager für das redaktionelle Medizin-Portal www.netdoktor.de tätig ist, erklärt, warum Content Marketing und Linkbuilding durchaus spannende Tätigkeitsfelder für Fachjournalisten sein können. Praxisbeispiele aus dem Fachgebiet Gesundheit veranschaulichen, dass Content Marketing guten Journalismus nicht ausschließen muss.

Content Marketing – was ist das?

Content Marketing ist ein Thema, dem man im medialen Umfeld nur schwer aus dem Weg gehen kann. Zwar spricht jeder Medienschaffende darüber, es scheint aber, jeder spricht von etwas anderem. Daher soll zunächst beleuchtet werden, was unter dem Begriff zu verstehen ist: Wikipedia definiert Content Marketing als eine „Marketing-Technik, die mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten die Zielgruppe ansprechen soll“. Im Gegensatz zur normalen Werbung steht nicht das Unternehmen oder das Produkt im Vordergrund. Vielmehr soll Content Marketing nützliche Informationen, Wissen oder Unterhaltung bereitstellen.

Es liegt in der Natur eines guten Fachjournalisten, dass er keine werblichen Inhalte erstellen möchte, sondern journalistische Artikel. Daher ist es wichtig, zu verstehen, dass Inhalte, die im Zusammenhang mit Content Marketing erstellt werden, nicht im Widerspruch zur journalistischen Arbeit stehen müssen. Im Gegenteil: Es geht darum, Informationen und Mehrwert zu liefern. Mehrwert, der sich auch mit einer besseren Platzierung in den Suchmaschinen bemerkbar macht. Aus SEO-Sicht sollen die Inhalte so gut sein, dass sie einerseits das Bedürfnis des Nutzers befriedigen und andererseits weiterverteilt werden, sodass im besten Fall andere Webseiten das Thema aufgreifen und verlinken.

Content Marketing kann in unterschiedlichen Formaten stattfinden, typisch sind zum Beispiel Whitepapers, E-Books, Checklisten, Videos, Podcasts oder Infografiken. Im Folgenden finden Sie Beispiele, wie Content Marketing aussehen kann. Vielleicht sind diese ohne einen Gedanken an Marketing erstellt worden. Das zeigt umso mehr, wie wenig Content Marketing in der Umsetzung mit Werbung zu tun haben muss.

Textinhalte

Artikel und Textinhalte werden vom Nutzer nach wie vor besonders geschätzt. Gerade im Fachjournalismus helfen redaktionelle Formate, Fachthemen zu verstehen. Der Vorteil am Textformat ist, dass der Leser ihn jederzeit ausdrucken kann. Dies ist zudem hilfreich, weil das Lesen am Bildschirm das Auge anstrengt. Textinhalte im Content Marketing können sehr vielfältig gestaltet werden:

Bei NetDoktor.de gibt es zum Beispiel „Survival-Tipps“ für die Schwangerschaft. Der Artikel liefert Mehrwert in Form von Expertentipps zu den häufigsten unangenehmen Begleiterscheinungen.

Abbildung 1: Sieben "Survival-Tipps" für Schwangere Quelle: http://www.netdoktor.de/schwangerschaft/sieben-survival-tipps-fuer-schwangere/

Abbildung 1: Sieben „Survival-Tipps“ für Schwangere
Quelle: http://www.netdoktor.de/schwangerschaft/sieben-survival-tipps-fuer-schwangere/

Beim Senioren-Ratgeber der Apotheken Umschau findet sich zum Beispiel eine Checkliste für die Reiseapotheke – zum Lesen am Bildschirm und als PDF für den Ausdruck.

Abbildung 2: Checkliste Reiseapotheke Quelle: http://www.senioren-ratgeber.de/Reisen/Urlaub-Das-gehoert-alles-in-den-Koffer-110125.html

Abbildung 2: Checkliste Reiseapotheke
Quelle: http://www.senioren-ratgeber.de/Reisen/Urlaub-Das-gehoert-alles-in-den-Koffer-110125.html

Zudem gibt es die Möglichkeit, Inhalte in E-Books oder anderen Formaten zusammenzufassen und kostenlos zur Verfügung zu stellen. Der Nutzer kann sich die Inhalte herunterladen und speichern. So bietet jameda.de zum Beispiel ein Survival-Kit für den Umgang mit Kopfschmerzen an.

Abbildung 3: Jameda Kopfschmerz-Ratgeber Quelle: http://www.jameda.de/landing/subdomains/schmerzen/Kopfschmerz-Ratgeber.pdf

Abbildung 3: Jameda Kopfschmerz-Ratgeber
Quelle: http://www.jameda.de/landing/subdomains/schmerzen/Kopfschmerz-Ratgeber.pdf

 

Videos

Beim Content Marketing geht es nicht in erster Linie um große virale Werbekampagnen. Es geht vielmehr darum, dem Nutzer komplexe Zusammenhänge einfach zu erklären. Gerade im Fachjournalismus finden sich viele Themen, die der Laie sich schwer vorstellen kann, die aber mit Hilfe eines Videos anschaulich und dadurch verständlich werden. So kann beispielsweise ein Video auf einfache Art und Weise erklären, was bei einer Infektion mit dem Ebola-Virus im Körper passiert oder was ein Virus überhaupt ist.

Auf der Internetseite babycenter.de findet sich zum Beispiel eine Reihe von Videos mit 3D-Animationen, die die Entwicklung des Embryos im Mutterleib erklären.

Abbildung 4: 3D-Videos zur Entwicklung des Embryos Quelle: http://www.babycenter.de/v32948/schwangerschaft-erleben-m%C3%A4dchen-oder-junge

Abbildung 4: 3D-Videos zur Entwicklung des Embryos
Quelle: http://www.babycenter.de/v32948/schwangerschaft-erleben-m%C3%A4dchen-oder-junge

Zudem können Themen natürlich auch unterhaltend einen Informationswert bieten: Auf der Internetseite urbia.de sind beispielsweise mehrere sehr unterhaltsame Videos zum Thema Schwangerschaft zu entdecken. Beleuchtet werden typische Ammenmärchen: „Omi Heidi sagt, wenn dir oft so richtig übel wird, dann wird es ein Mädchen.“

Abbildung 5: Ammenmärchen zur Schwangerschaft Quelle: http://www.urbia.de/magazin/schwangerschaft/gesundheit-und-ernaehrung/starke-uebelkeit---das-baby-wird-ein-maedchen

Abbildung 5: Ammenmärchen zur Schwangerschaft
Quelle: http://www.urbia.de/magazin/schwangerschaft/gesundheit-und-ernaehrung/starke-uebelkeit—das-baby-wird-ein-maedchen

 

Interaktive Grafiken

Fachthemen können auch anschaulich aufbereitet werden, indem man sie durch interaktive Grafiken ergänzt. So stellte theguardian.com zum Beispiel eine interaktive Karte zur Geschichte und Ausbreitung von Ebola online.

Abbildung 6: Interaktive Karte zur Ebola-Ausbreitung Quelle: http://www.theguardian.com/society/ng-interactive/2014/aug/13/ebola-outbreaks-interactive-map

Abbildung 6: Interaktive Karte zur Ebola-Ausbreitung
Quelle: http://www.theguardian.com/society/ng-interactive/2014/aug/13/ebola-outbreaks-interactive-map

NetDoktor.de beschäftigte sich mit den tödlichsten Zivilisationskrankheiten und veröffentlichte eine interaktive Grafik, die den Zusammenhang mit den Risikofaktoren für eine Erkrankung visualisieren soll.

Abbildung 7: Interaktive Grafik - Zivilisationskrankheiten und Risikofaktoren Quelle: http://www.netdoktor.de/krankheiten/sieben-toedliche-krankheiten/

Abbildung 7: Interaktive Grafik – Zivilisationskrankheiten und Risikofaktoren
Quelle: http://www.netdoktor.de/krankheiten/sieben-toedliche-krankheiten/

 

Fünf Gründe, warum Content Marketing Fachjournalisten braucht

Gefragt ist also guter Content. Content, der dem Leser einen Mehrwert bietet. Content, der so gut ist, dass er sich durch Weitergabe verbreitet und von anderen Webseitenbetreibern verlinkt wird, weil er ihnen für Ihre Besucher interessant erscheint. Für Fachjournalisten kann das eine große Chance sein, denn sie können alles, was man braucht, um einen guten Inhalt zu erstellen:

  1. Themenfindung: Es liegt in der Natur des Journalismus, interessante und aktuelle Themen aufzuspüren. Gerade in ihrem jeweiligen Spezialgebiet kennen Fachjournalisten sich sehr gut aus und wissen, welche Themen bewegen.
  1. Recherche: Die Recherche gehört zum Handwerkszeug eines jeden Fachjournalisten und ermöglicht einen fundierten Inhalt, der dem Leser einen Mehrwert bietet.
  1. Aufbereitung: Der Fachjournalist weiß, wie er Themen verständlich und interessant aufbereitet, und kann aus dem Repertoire der unterschiedlichen journalistischen Darstellungsformen auswählen.
  1. Stil und Sprache: Dass der Text fehlerfrei verfasst sein muss, versteht sich von selbst. Der Fachjournalist versteht es aber auch, den Text stilsicher zu verfassen – zum Beispiel frei von zu langen Schachtelsätzen oder schwer lesbarem Nominalstil.
  1. Unabhängigkeit: Fachjournalisten haben gelernt, unabhängig zu berichten und Inhalte objektiv für den Leser darzustellen.

Content Marketing und SEO

Content Marketing scheint derzeit die neue Allzweckwaffe für die SEO-Branche zu sein. Genau genommen soll der gute Content dafür sorgen, dass die Webseite Backlinks bekommt, also Verlinkungen von anderen Webseiten. Dabei ist es aus SEO-Sicht ungemein wichtig, mit gutem Content nicht nur den Nutzer zu erreichen, sondern auch Links aufzubauen. Doch warum sind diese Links so wichtig?

Die Betreiber von Suchmaschinen im Allgemeinen, Google im Besonderen, haben es sich zur Aufgabe gemacht, dem Suchenden das bestmögliche Ergebnis zu liefern. Um die Webseiten zu beurteilen, spielen Links eine entscheidende Rolle. Ein Link funktioniert wie eine Empfehlung. Die Hypothese: Je mehr Empfehlungen (Links) eine Seite hat, desto relevanter muss sie sein. Oder anders gesagt: Wenn eine Seite guten Inhalt hat, wird sie auch öfter verlinkt. Weil dieses Grundprinzip so einfach ist, ist es ebenso einfach zu manipulieren. Folglich wurde beim Linkaufbau, beim Linkbuilding, etwas nachgeholfen.

So entstanden ganze Seiten voll mit Linksammlungen, die keinen anderen Zweck hatten, als andere Seiten zu verlinken. Diese Manipulation widersprach dem Ziel der Suchmaschinen, dem Suchenden den bestmöglichen Inhalt auf seine Suchanfrage zu liefern. In Folge bewertete beispielsweise Google die eingehenden Links anders. Es war nicht mehr die reine Anzahl der Links ausschlaggebend, sondern auch deren Qualität. Je wichtiger die linkgebende Seite, desto besser der Link. Dies beschreibt vereinfacht das Grundprinzip des berühmten PageRank-Algorithmus von Google.

Der PageRank allein konnte das Problem nicht lösen. Denn letztlich blieb es einfach: Wenn ein Link von einer starken Seite wirkt, musste man eben diese Links bekommen. Es wurden Links getauscht, gemietet und gekauft. Im April 2012 gab es einen großen Knall in der SEO-Szene: Das erste Penguin-Update1 wurde ausgerollt. Es folgten weitere Maßnahmen von Google. Wer mehr über die Historie des Linkbuildings erfahren möchte, dem sei der Artikel Evolution des Linkbuildings von Julian Dziki empfohlen. Dieser beschreibt die Entwicklungen aus Sicht eines SEO-Experten sehr anschaulich.

Was bleibt, ist die Tatsache, dass Backlinks nach wie vor ein wichtiger Rankingfaktor sind. Was sich verändert hat, ist die Herangehensweise. Es ist wichtiger denn je, dass die Links „natürlich“ gesetzt werden, also freiwillig und von alleine. Das funktioniert aber nur, wenn der Inhalt gut ist und einen Mehrwert bietet. Und so schließt sich der Kreis zum Content Marketing.

Fünf Tipps für Fachjournalisten

Linkbuilding steht zukünftig also nicht mehr für sich alleine. Vielmehr muss es darum gehen, dass bei der Erstellung von Inhalten gleich mitbedacht wird, ob diese (neben anderen Zielen) auch das Potenzial haben, Links zu generieren. Im Folgenden finden Sie fünf Tipps hierfür.

  1. Zielgruppe: Denken Sie an die Zielgruppe! Beim Content Marketing geht es nicht mehr nur alleine um den Leser. Es geht auch darum, dass dieser den Inhalt im Internet verbreitet.
  2. Bild ergänzt Text: Bereiten Sie den Text grafisch auf, um ihn noch anschaulicher und interessanter zu gestalten!
  3. Interaktivität: Prüfen Sie die Möglichkeiten, den grafischen Inhalt interaktiv zu gestalten oder mit anderen interaktiven Elementen anzureichern, zum Beispiel einem Selbst- oder Wissenstest!
  4. Experten: Wenn Sie ein Interview führen, drängen Sie darauf, dass der Experte das Interview weiterverbreitet!
  5. Themenauswahl: Achten Sie darauf, dass das Thema Potenzial hat, um sich zu verbreiten! Es sollte mit anderen bewegenden und aktuellen Themen im Zusammenhang stehen. Prüfen Sie, ob Hintergrundinformation von anderen Seiten verlinkt oder eingebunden werden können, etwa eine Chronik der Ereignisse.

Ausblick

Die SEO-Branche befindet sich im Wandel. Die Geschichte des Linkbuilding zeigt, dass Content Marketing und insbesondere SEO in vergangenen Zeiten einer Art Katz- und Maus-Spiel glichen: Der findige Webseitenbetreiber fand einen einfachen Weg zum guten Ranking. Google reagierte. Der Webseitenbetreiber suchte die Lücke und fand sie. Dieses Spiel scheint mittlerweile am Ende. Es scheint, als gäbe es keine Lücken mehr. Es scheint, als müsste man sich wirklich Gedanken über Inhalt und Qualität machen.

Die SEO-Branche scheint sich in zwei Lager zu teilen: auf der einen Seite die, die der guten alten Zeit nachtrauern. Auf der anderen Seite die, die verstanden haben, dass der Wandel nichts Schlechtes ist. Im Gegenteil.

Und wer, wenn nicht die Journalisten und Redakteure da draußen, ist besser dazu in der Lage, gute Inhalte zu erstellen? Warum also nicht neue Wege gehen, alten Bäumen Lebwohl sagen und alte Kompetenzen im neuen Umfeld anbieten?

Literatur

Düweke, E.; Rabsch, S. (2011): Erfolgreiche Websites: SEO, SEM, Online Marketing, Usability. Bonn.
Erlhofer, S. (2008): Suchmaschinen-Optimierung für Webentwickler. 4. aktualisierte und erweiterte Auflage, Bonn.
Fischer, M. (2009): Website Boosting 2.0. Suchmaschinen-Optimierung, Usability, Online-Marketing., 2. aktualisierte und erweiterte Auflage, Heidelberg.
Löffler, M. (2014): Think Content! Grundlagen und Strategien für erfolgreiches Content-Marketing. Bonn.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Foto_BonholtDie Autorin Nicole Bonholt arbeitet als Senior-SEO-Manager für das redaktionelle Medizin-Portal www.netdoktor.de, das zu Holtzbrinck Digital gehört. Zuvor war sie bereits als SEO-Manager im Verlagsbereich bei Hubert Burda Media tätig. In ihrer Freizeit bloggt sie unter http://revvet.de über Haustierthemen und nimmt seit Dezember 2013 am Fernstudium Journalismus des Deutschen Journalistenkollegs teil.

 

  1. Penguin-Updates beziehen sich auf Änderungen am Ranking-Algorithmus von Google hinsichtlich Überoptimierungen von Webseiten und zielen in erster Linie auf unnatürlichen Linkaufbau ab. Betroffene Seiten werden von Google im Ranking abgestraft.

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