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Fotoveröffentlichung – wann darf ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden?

Erläuterung der Rechtslage

Fotoveröffentlichungen sind für Medien unerlässlich. Sie können aber schnell mit dem Persönlichkeitsrecht kollidieren. Bei der Frage, wann eine Einwilligung erforderlich ist und wann nicht, gibt es größere Unsicherheiten. Der Beitrag schafft Klarheit.

Personenabbildungen berühren das Persönlichkeitsrecht und bedürfen daher im Regelfall einer Einwilligung. Was dann zu beachten ist, hat der Verfasser im Fachjournalist bereits erläutert.
In manchen Fällen geht´s jedoch auch ohne.

Einwilligung schon fürs Fotografieren

Ausdrücklich stellt das Gesetz (§ 22 KunsturhG) für die Einwilligung nur auf das Verbreiten und öffentliche Zurschaustellen ab. Demnach wäre das bloße Fotografieren auch ohne Einwilligung zulässig. Allerdings kann das – auch verfassungsrechtlich geschützte – Persönlichkeitsrecht dem entgegenstehen. Wann das der Fall ist, hängt nach dem Bundesgerichtshof von einer „Würdigung aller Umstände des Einzelfalls“ und einer umfassenden „Interessenabwägung“ ab. Solange noch keine Veröffentlichungsabsicht besteht, sollte diese Würdigung für die Presse großzügiger ausfallen.
Es bleiben aber erhebliche Unsicherheiten – wer möglichst sicher gehen will, sollte ein Foto nur dann fertigen, wenn auch die Veröffentlichung rechtmäßig wäre, also eine Einwilligung oder eine Ausnahme vorliegt.

Sonderfall „Langzeittoter“

Nach § 22 KunsturhG ist eine Einwilligung nicht notwendig, wenn der Betroffene bereits mehr als zehn Jahre tot ist. Auch hier kann das Persönlichkeitsrecht aber zu einem anderen Ergebnis führen. Der Bundesgerichtshof erkennt einen „postmortalen Persönlichkeitsschutz“ an, und zwar im Einzelfall auch noch nach Jahrzehnten. Die Dauer lasse sich nicht generell festlegen, sie hänge von den Umständen des Einzelfalls ab; das Schutzbedürfnis schwinde in dem Maße, in dem die Erinnerung an den Verstorbenen verblasse und im Laufe der Zeit auch das Interesse an der Nichtverfälschung des Lebensbildes abnehme. Bei bedeutenden Künstlern und Politikern kann ein Schutz noch Jahrzehnte nach dem Tod bestehen.

Sonderfall „unerkennbar“

Wenn auf einer Abbildung eine Person nicht erkennbar ist – und zwar für niemanden, auch nicht für z. B. gute Bekannte, Freunde, Ehepartner oder Verwandte –, bedarf es nach § 22 KunsturhG keiner Einwilligung. Auch hier kann das Persönlichkeitsrecht zu einem anderen Ergebnis führen, allerdings nur in extremeren Konstellationen. Nacktfotos wären daher im Zweifel ohne Einwilligung nicht zulässig.

Fahndungsfotos

In Zeiten des Terrorismus von gesteigerter Bedeutung sind Fahndungsaufrufe auch über die Medien. Darin sind oft Abbildungen des Verdächtigen enthalten. Solche dürfen nicht einfach ohne Weiteres veröffentlicht werden. Das Gesetz erlaubt den Behörden das Vervielfältigen, Verbreiten und öffentliche Zurschaustellen „für Zwecke der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit“ auch ohne Einwilligung des Abgebildeten. Dazu können sich die Behörden der Medien bedienen. Diese Veröffentlichung ist dann ohne Einwilligung des Abgebildeten rechtmäßig. Auch das Urheberrecht des Fotografen steht übrigens nicht entgegen.

Zeitgeschichte

Für „Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte“ sieht das Gesetz eine Ausnahme vom Erfordernis einer Einwilligung vor. Prominente können darunter fallen. Allerdings dürfen sie nicht bei jeder Gelegenheit abgelichtet werden – auch ihre Privat- und vor allem Intimsphäre ist zu berücksichtigen, das Gesetz nimmt ausdrücklich Fälle von der Erlaubnis aus, in denen „ein berechtigtes Interesse“ des Betroffenen verletzt werde. Wenn ein Prominenter bei einem öffentlichen Ereignis in einer öffentlichen Funktion auftritt, muss er mit Veröffentlichung rechnen. Oft wird dann auch schon eine stillschweigende Einwilligung vorliegen.

Beiwerk und Versammlungen

Eine gesetzliche Erlaubnis gibt es auch für Veröffentlichungen eines Betroffenen „als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit“ oder als Teilnehmer an einer Versammlung, einem Aufzug oder einem ähnlichen Vorgang. Entscheidend ist dabei, dass es nicht um den Betroffenen geht, sondern um die Landschaft, die Örtlichkeit, die Versammlung etc.
Werden allerdings – ausnahmsweise – berechtigte Interessen des Betroffenen verletzt, muss er die Veröffentlichung nicht dulden. Dulden muss er z. B. auch nicht, wenn es in Wirklichkeit doch um ihn geht und nicht um das, was vorgeschoben wird. Ob danach auch Bilder, die Polizisten zeigen, die eine Versammlung in Ausübung ihrer dienstlichen Pflichten begleiteten, veröffentlicht werden dürfen, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich gesehen.

Höheres Interesse der Kunst

Wegen des besonderen Schutzes der Kunstfreiheit enthält das Gesetz eine besondere Erlaubnis für Kunst: Personenabbildungen sind auch dann erlaubt, wenn die Veröffentlichung „einem höheren Interesse der Kunst dient“, soweit das Bild „nicht auf Bestellung angefertigt“ wurde und nicht ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse des Betroffenen entgegensteht. Im Einzelfall muss also eine Abwägung stattfinden. Nur wenn die Kunstfreiheit in der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht überwiegt, ist die Veröffentlichung dieser Ausnahmeregelung zufolge zulässig. Ein Kunstwerk ist damit weitergehend geschützt als ein Foto, wenn Letzteres nicht im Einzelfall auch Kunst ist.

Fazit

Personenbilder dürfen im Regelfall nur mit Einwilligung des Betroffenen veröffentlicht und oft auch überhaupt erst angefertigt werden. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Ausnahmen, die die journalistische Arbeit deutlich erleichtern. Trotzdem sieht das Recht erhebliche Eingrenzungen vor, Medien unterliegen durchaus engen Grenzen. Ein Überschreiten dieser Grenzen kann nicht nur (teure) zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Folgen haben.

Wie hilft der DFJV seinen Mitgliedern beim Thema Presserecht?
Der DFJV bietet seinen Mitgliedern eine kostenfreie, individuelle und zügige Rechtsberatung (Erstberatung) an. Mehr Informationen erhalten Sie hier. Zudem informieren wir in Rechts-News zu wichtigen Themen. Bei komplexen, auch rechtlichen Fragestellungen hilft Ihnen der DFJV darüber hinaus durch verschiedene Leitfäden.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Frank C. BiethahnDer Autor Frank C. Biethahn ist Inhaber einer u. a. auf Urheber- und Medienangelegenheiten spezialisierten Kanzlei bei Hamburg. Er ist bundesweit tätig. Als Vertragsanwalt des DFJV ist er für die Mitglieder-Rechtsberatung zuständig, zudem ist er Lehrbeauftragter an Hochschulen in Hamburg.

Kommentare
  1. Hobbyfotograf sagt:

    Habe versehentlich ein gelungenes Foto geschossen. Konstellation:
    Großbrand. Große Menge interessierter Zuschauer. Foto zeigt Umgebung, Rauchwolke und die Zuschauer. 2-3 davon sind im Vordergrund gut erkennbar. Bild lebt von der zufällig gelungenen Gesamtkomposition (inkl. Ausstrahlung der Zuschauer). Zeigt zudem zweifelsfrei, dass diese 2-3 Personen mein Fotografieren bemerkt haben, ohne sich daran zu stören.

    Ich halte es für Kunst. (hier darf jeder Lachen)
    Aber: Könnte ich es für eine Ausstellung, eine Fotowebseite oder ein Buch verwenden? Weil Kunst? Oder weil öff. ad-hoc-Versammlung? Oder wegen offensichtlicher der Duldung des Fotografierens?

    • admin sagt:

      Lieber Hobbyfotograf,

      vielen Dank für Ihren Kommentar. Leider ist es dem Autor nicht möglich, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Für solche Fälle ist die DFJV-Rechtsberatung vorgesehen, die für DFJV-Mitglieder kostenlos ist. Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.dfjv.de/leistungen/beratung/rechtsberatung

      Mit besten Grüßen
      Felix Fischaleck
      Chefredakteur „Fachjournalist“