RSS-Feed

In sieben Schritten zum Feature:

1. Gehen Sie von einem allgemeinen gesellschaftlichen Phänomen aus, für das sich Einzelfälle als typische Beispiele finden lassen. Oft handelt es sich um einen durch Zahlen und Fakten belegbaren Trend, den man mit der Formulierung „immer mehr“ oder „immer weniger“ einleiten kann.

2. Formulieren Sie einen Küchenzuruf. Der Küchenzuruf ist die zentrale These einer Geschichte, jener Satz, den ein Mann seiner Frau in die Küche rufen würde (oder umgekehrt), wenn er oder sie einen Artikel gelesen hat und ein Mitteilungsbedürfnis dazu verspürt.

3. Sammeln Sie Eindrücke und Geschichten. In dieser Phase arbeiten Sie genauso wie ein Reporter für eine Reportage. Gelegentlich wird behauptet, die narrativen Elemente eines Features könne man – im Gegensatz zur Reportage – „kalt“ schreiben, also ohne dabei gewesen zu sein. Diese Position überzeugt nicht, denn nur an der Wirklichkeit vor Ort lässt sich überprüfen, ob Ihr Küchenzuruf auch stimmt. Wenn Sie trotz intensiver Recherche kein echtes Beispiel für ihre zentrale These finden, sollte Ihnen das zu denken geben. Vielleicht haben Sie dann die Fakten falsch interpretiert. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob man amalgamieren, das heißt, einen typischen Fall aus Einzelteilen echter Beispiele zusammenstellen darf. Dafür spricht, dass sich so wichtige Aspekte des Küchenzurufs leichter darstellen lassen. Dagegen spricht, dass das Beispiel letztlich konstruiert und damit der Gefahr der Manipulation ausgesetzt ist. Das zweite, ablehnende Argument, dürfte überwiegen.

4. Sammeln Sie Hintergrundmaterial. Für das Feature benötigen Sie sowohl Zahlen, Fakten und Daten als auch die Stimmen von Experten. Dazu eignen sich Wissenschaftler, die an einer Hochschule zu Ihrem Thema forschen, Branchenexperten und die Sprecher von Dachverbänden. Im Zweifel sollten Sie Professoren den Lobbyisten vorziehen, weil sie für den Leser glaubwürdiger wirken. Ob sie es wirklich sind (und es sich nicht etwa um heimliche Lobbyisten handelt), lohnt sich nach zu recherchieren. Versuchen Sie auch, aus dem Zitierkartell der Medien auszusteigen und nach neuen Gesichtern Ausschau zu halten. Wenn Sie zum Beispiel über die Autobranche schreiben, könnten Sie ja einmal versuchen, ausnahmsweise ohne den Duisburger Verkehrs-Professor Ferdinand Dudenhöffer auszukommen. Eine gute Möglichkeit, Experten zu finden, ist die Recherche bei Online-Buchhändlern: Wer hat ein (erkennbar seriöses) Buch zum Thema geschrieben? Auf die Möglichkeit, andere Journalisten zu interviewen, sollten Sie nur in Ausnahmefällen zurückgreifen (was Sie als Fachjournalist nicht daran zu hindern braucht, selbst für andere Medien als Interviewpartner zur Verfügung zu stehen).

5. Wählen Sie aus dem Material aus. Wie immer beim journalistischen Arbeiten zählt der Papierkorb zum wichtigsten Instrument im Schreibprozess. Nicht alles, was Sie beobachtet und recherchiert haben, ist es wert, verwendet zu werden – nur das Aussagekräftige gilt.

6. Ordnen Sie das Material zu einem Artikel. Die Dramaturgie eines Features beruht auf der Abwechslung zwischen Reportageelementen und Faktenvermittlung. Ein Beispiel für einen klassischen Aufbau:

  • szenischer Einstieg (Beispielfall A);
  • „So-wie“-Formel; es folgen einige Daten, die über den allgemeinen Trend Auskunft geben;
  • Expertenstimme A; der Experte formuliert den Küchenzuruf des Artikels;
  • weitere Fakten, Daten, Zahlen;
  • Szene mit Beispielfall B, durch den ein neuer, weiterführender Aspekt eingeleitet wird;
  • Expertenstimme B; der Experte erläutert den neuen Aspekt;
  • Daten, Zahlen, Fakten zum neuen Aspekt;
  • Expertenstimme C; der Experte fasst die Erkenntnisse zusammen und ergänzt sie;
  • Ausstiegsszene mit Beispielfall A oder B.

7. Die Sprache des Features ist sinnlich und anschaulich im Reportageteil, nachrichtlich und nüchtern-sachlich im Faktenteil. Auch dieser Wechsel der Sprache macht den Reiz des Features für Autor und Leser aus.

Zurück zum Hauptartikel