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„Kleines“ Recht mit großer Wirkung: das Recht auf eine Urheberbezeichnung

Journalisten haben ein Recht auf eine Urheberbezeichnung. Wohl kaum ein Recht wird jedoch so oft verletzt wie dieses grundlegende Urheberpersönlichkeitsrecht. Der Beitrag erläutert die häufig für alle Beteiligten unbekannte Rechtslage.

Kaum einer weiß es, viele ignorieren es – es ist nicht nur urheberrechtswidrig, wenn Werke (Fotos, Texte, Filme etc.) ohne Berechtigung genutzt werden, sondern auch dann, wenn die Urheberpersönlichkeitsrechte nicht beachtet werden, zu denen das „Namensnennungsrecht“ gehört. Das bedeutet: Auch wenn die Verwertung des Werkes „eigentlich“ in Ordnung war (also Nutzungsrechte eingeholt wurden oder eine sonstige Erlaubnis greift, vgl. z. B. die Schranken des Urheberrechts), aber der Nutzer das „Namensnennungsrecht“ verletzt, liegt eine Urheberrechtsverletzung mit allen Konsequenzen vor. Was immer wieder Erstaunen hervorruft: Sogar Schadensersatz kann verlangt werden (vgl. z. B. LG Berlin, Urt. v. 04.11.2015 – 15 O 153/14).

Noch „schlimmer“ ist es natürlich, wenn bereits die Nutzung untersagt war – dann liegt eine „doppelte“ Urheberrechtsverletzung vor, das kann zu doppeltem Schadensersatz führen.

Das Recht auf Namensnennung

Wer sich mit rechtlichen Angelegenheiten befasst, weiß, dass im Recht oft große Spielräume bestehen, die zu entsprechend großen Unsicherheiten bei der rechtlichen Bewertung führen. Umgangssprachlich heißt es nicht umsonst „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“. Ausgerechnet bei einem in der Praxis oft wenig beachteten und mit „Recht auf Namensnennung“ auch noch falsch bezeichneten Recht ist dies jedoch anders. Hier gibt es eine recht klare Regelung:

„Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.“ (§ 13 UrhG)

Während der erste Satz allgemein ein Recht auf Anerkennung der Urheberschaft verbrieft – und z. B. gegen einen Plagiator bzw. gegen einen, der sich anmaßt, der Urheber zu sein, angewendet wird –, geht der zweite Satz auf das „Namensnennungsrecht“ ein, genauer das Recht auf eine Urheberbezeichnung. Dieser zweite Satz regelt klar: Der Urheber – und nur der Urheber – entscheidet,

  • ob er sein Werk mit einer Urheberbezeichnung versehen will und – wenn ja –
  • wie diese lauten soll.

Er kann also z. B. entscheiden, dass sein Werk anonym erscheinen soll, unter einem Pseudonym – über das dann auch er, nicht etwa sein Verlag, entscheidet – oder unter seinem Namen.
Es geht also nicht nur um das Recht, das Werk unter eigenem Namen erscheinen zu lassen. Vielmehr kann der Urheber auch jede andere Art von Urheberbezeichnung (z. B. ein Künstlerzeichen) erwählen. Daher greift die Bezeichnung „Recht auf Namensnennung“ deutlich zu kurz. Auch der BGH bedient sich allerdings dieser Bezeichnung (BGH, Urt. v. 16.06.1994 – I ZR 3/92 – Namensnennungsrecht des Architekten, Rn. 13).

An welcher Stelle muss die Bezeichnung angeführt werden?

Den genauen Ort, an dem die Urheberbezeichnung anzubringen ist – z. B. direkt oberhalb eines Textes oder unterhalb eines Fotos –, kann der Urheber nur vorgeben, wenn das vereinbart ist.
Ansonsten gilt: Ort und Gestaltung der Urheberbezeichnung müssen so sein, dass sie erkennbar ist (also etwa nicht in winziger Schrift) und als Urheberbezeichnung des Werkes verstanden wird. Dafür muss eine klare Verbindung mit dem Werk bestehen – eine Angabe im Impressum einer Zeitung wird eher nicht genügen, um den Urheber eines Beitrags oder Fotos zu kennzeichnen; auch die Angabe eines Buchautors weder auf der Titelseite noch auf den ersten Innenseiten, sondern z. B. ganz hinten im Buch, wird in der Regel nicht genügen. Es muss eine Stelle sein, an der ein normaler Leser die Bezeichnung erwarten darf, das wird bei einem Foto beispielsweise unterhalb oder am Rande sein.

Urheberbezeichnung bringt Vorteile

Nach § 10 UrhG bringt die Urheberbezeichnung dem Urheber eine erhebliche Beweiserleichterung: Findet sich die Bezeichnung in der üblichen Weise auf dem Werk, wird der so Bezeichnete als Urheber vermutet. Wer etwas anderes behauptet, muss das Gegenteil beweisen. Landet ein Urheberstreit vor Gericht, hat der Urheber also eine komfortablere Beweissituation. Deswegen ist es sinnvoll, als Autor auf dem Buch oder über dem Beitrag in der üblichen Weise angeführt zu werden.

Dass eine Urheberbezeichnung auch wirtschaftlich Vorteile bringen kann, weil sie bei der Akquise hilft und allgemein den Ruf des Urhebers stärken kann, kommt hinzu.

Verzicht/abweichende Vereinbarungen

Da sich der Urheber auch gegen eine Urheberbezeichnung entscheiden kann, kann er auch für eine bestimmte Veröffentlichung auf eine Urheberbezeichnung verzichten. Allerdings kann er nicht allgemeingültig, für alle Zeiten, auf sein Recht auf eine Urheberbezeichnung verzichten – soll das Werk später noch anderweitig verwertet werden, kann er für diese Verwertung immer noch eine Urheberbezeichnung verlangen. Geht es z. B. um einen Fotografen, der der Veröffentlichung des Fotos in einer Zeitung ohne Urheberbezeichnung zugestimmt hat, und erlaubt er später den Abdruck des Fotos in einem Buch, kann er für die Buchveröffentlichung auf einer Urheberbezeichnung bestehen.

Eine weit verbreitete Auffassung besagt, dass eine abweichende Branchenpraxis das Bezeichnungsrecht einschränkt, d. h., wenn in einer Branche anderes üblich ist, soll das Bezeichnungsrecht eben nicht gelten. Dieser Auffassung ist der BGH jedoch entschieden entgegengetreten (BGH, Urt. v. 16.06.1994 – I ZR 3/92 – Namensnennungsrecht des Architekten, Rn. 13). Er hat betont, dass dieses Recht im Kern „unverzichtbar“ ist.

Branchengewohnheiten sind aber trotzdem nicht völlig unerheblich – sie können zwar das Bezeichnungsrecht nicht völlig ersetzen, aber doch in gewissem Umfang beeinflussen, wenn nichts anderes vereinbart ist. Die Gerichte gehen nämlich davon aus, dass die Parteien auch stillschweigend vereinbaren können, dass das, was in der Branche üblich ist, für ihren Vertrag gelten soll. Schließt z. B. der Urheber mit einem Verlag einen Verlagsvertrag, beziehen die Vertragsparteien aus Sicht des entscheidenden Gerichts möglicherweise stillschweigend Branchengewohnheiten ein. Klarheit kann in diesem Punkt nur eine eindeutige ausdrückliche Vereinbarung schaffen. Aber auch wenn eine solche fehlt, können Branchengewohnheiten nur dann gelten, wenn sie erkennbar waren (überraschende Branchengewohnheiten können sich nicht auswirken). Eine zu weitgehende Praxis, die etwa die Urheberbezeichnung restlos verdrängt, wäre außerdem unwirksam, weil sie das Recht in seinem Kern „aushebeln“ würde.

Oft werden abweichende Vereinbarungen – z. B. in Verlagsverträgen – einseitig vom Nutzer vorgegeben. Dann handelt es sich in der Regel um sogenannte „Allgemeine Geschäftsbedingungen“. Wenn darin ein Verzicht vorgesehen ist, wird er oft unwirksam sein (vgl. z. B. LG Berlin, Urt. v. 04.11.2015 – 15 O 153/14).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Urheberbezeichnungsrecht ein recht starkes Recht ist, dass nicht so ohne Weiteres eingeschränkt werden kann.

Wie sieht es bei angestellten Urhebern aus?

Auch angestellte Urheber haben im Grundsatz das Recht auf eine Urheberbezeichnung. In bestimmten Fällen wird aber ein Verzicht des Urhebers auf seine Bezeichnung anzunehmen sein, nämlich dann, wenn bei vernünftiger Betrachtung das Interesse des Arbeitgebers an einen Verzicht das Interesse des Arbeitnehmers deutlich übersteigt. So kann eine Urheberbezeichnung bei einem kurzen Nachrichtentext unangemessen sein, ebenso bei Werbematerial.

Sonderfall Ghostwriting – erlaubtes Plagiat

Wer einen Ghostwriter einsetzt, veröffentlicht dessen Werk unter eigenem Namen und verpflichtet ihn zur Verschwiegenheit. Wenn man unter „Plagiat“ auch die erlaubte Nutzung eines fremden Werkes bei gleichzeitiger Behauptung, der Urheber zu sein, versteht, handelt es sich bei dieser Veröffentlichung natürlich um ein Plagiat. Der Urheber behält im Grundsatz sein Recht auf eine Urheberbezeichnung, selbst wenn er sich verpflichtet, es nicht auszuüben. Diese Verpflichtung wird im Regelfall nur wirksam sein, wenn sie begrenzt ist (z. B. zeitlich oder indem der Ghostwriter als Urheber ein Kündigungsrecht hat).

Recht, keine Pflicht

Der Urheber hat ein Recht auf eine Urheberbezeichnung, und sie bringt ihm auch manche Vorteile, er ist aber nicht verpflichtet, sein Werk zu kennzeichnen. Kennzeichnet er sein Werk nicht, gibt er es nicht etwa „frei“. Das hat auch der BGH bestätigt.

Wegen der besonderen Bedeutung hat der Gesetzgeber das Recht auf eine Urheberbezeichnung ganz besonders geschützt. Er gibt dem Urheber nach § 13 Satz 2 UrhG dieses klare und eindeutige Recht und stellt klar, dass die Urheberbezeichnung – anders als das Werk selbst und sein Titel – in keinem Fall ohne seine Zustimmung geändert werden darf (§ 39 UrhG). Damit ist dieses Recht ungewöhnlich eindeutig gestaltet und ebenso ungewöhnlich stark geschützt.

Fazit

Das „Namensnennungsrecht“ ist ein Recht, keine Pflicht. Es gibt dem Urheber ein gut geschütztes, starkes Recht auf eine von ihm gewählte Urheberbezeichnung. Wird es verletzt, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor, gegen die er sich mit guten Erfolgsaussichten zur Wehr setzen kann. War schon die Nutzung des Werkes nicht erlaubt, liegt eine „doppelte“ Urheberrechtsverletzung vor, für die es „doppelten“ Schadensersatz gibt.

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Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Frank C. BiethahnDer Autor Frank C. Biethahn ist Inhaber einer u. a. auf Urheber- und Medienangelegenheiten spezialisierten Kanzlei bei Hamburg. Er ist bundesweit tätig. Als Vertragsanwalt des DFJV ist er für die Mitglieder-Rechtsberatung zuständig, zudem ist er Lehrbeauftragter an Hochschulen in Hamburg.

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