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Redaktionelle Überarbeitung – ein bloßes Ärgernis oder widerrechtlich?

Viele Journalisten kennen das: Bevor der Text veröffentlicht wird, wird er oft gekürzt oder auf andere Weise abgeändert. Manchmal werden nur Unebenheiten geglättet, manchmal sind die Änderungen aber auch tiefgehender. Was muss ein Journalist hinnehmen, was überschreitet die rechtliche Grenze?

Texte von Journalisten sind in aller Regel urheberrechtlich geschützte „Sprachwerke“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Der Journalist als „Schöpfer“ des Textes ist der Urheber (§ 7 UrhG). Erlaubt er einem Nutzer (wie z. B. seinem Verlag) die Verwertung, räumt er ihm – rechtlich gesehen – näher bestimmte Nutzungsrechte ein. Das heißt aber nicht, dass der Verlag mit dem Text nach Belieben verfahren darf. In der Praxis ist das sowohl auf Journalisten- als auch auf Verlagsseite oft nicht bekannt. Der vorliegende Beitrag will helfen, diese Unkenntnis zu beseitigen.

Urheberpersönlichkeitsrecht

Neben den Nutzungs- und Verwertungsrechten sieht das Urheberrecht auch Persönlichkeitsrechte vor, die dem Urheber sogar dann zustehen, wenn er dem Verlag umfassende Nutzungsrechte einräumt. Er bleibt auch dann noch Urheber. Auch wenn er sein Werk dann nicht mehr weiter verwerten kann, so hat er doch das Recht, z. B. gewisse Änderungen zu untersagen oder auf einer (richtigen) Urheberbezeichnung nach seinen Wünschen zu bestehen.

Die Änderungserlaubnis

Änderungen, die der Urheber dem Verlag ganz konkret erlaubt, sind natürlich unproblematisch. Oft lässt sich ein Verlag allerdings nur pauschal das Recht einräumen, das Werk auch ändern zu dürfen – dann wird es schon deutlich schwieriger. Eine solche generelle Erlaubnis kann nicht bedeuten, dass der Verlag nach Belieben mit dem Werk verfahren darf. Es ist schon zweifelhaft, ob eine solche generelle Erlaubnis überhaupt wirksam ist. Wenn sie wirksam ist, wird man sie auslegen müssen: Was soll davon in rechtlicher Sicht umfasst sein? In jedem Fall nur bestimmte Arten von Änderungen, nicht pauschal alle denkbaren.

Bei angestellten Urhebern wird sich eine gewisse Änderungsbefugnis aus dem Arbeitsvertrag ergeben – entweder ausdrücklich oder konkludent. Diejenigen Änderungen, die für die arbeitsvertragliche Tätigkeit vernünftigerweise notwendig sind, werden als vereinbart anzusehen sein, auch wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart sind. Vereinbarungen, die über das notwendige Maß hinausgehen, werden oft unwirksam sein.

Problematisch ist, dass Änderungen auch stillschweigend erlaubt oder gebilligt werden können. Urheber und Verlag müssen eine solche Vereinbarung also nicht ausdrücklich getroffen haben.
Der Urheber kann auch durch sein Verhalten Änderungen gebilligt haben – z. B., wenn ihm das geänderte Werk per E-Mail zugeschickt wird mit Hinweis auf die konkreten Änderungen (oder mit deutlich erkennbaren Änderungen) und der Frage, ob es „so in Ordnung“ sei und er Zustimmung signalisiert. Um Unklarheiten zu vermeiden, tun beide Seiten gut daran, Änderungserlaubnisse möglichst klar und deutlich und ausdrücklich zu erteilen – in der Praxis fehlt es hier oft an Problembewusstsein.

Die gesetzliche Ausnahme

Hat der Urheber keine Änderungserlaubnis erteilt, sind Änderungen eigentlich nicht erlaubt, das Gesetz differenziert aber:

Die Urheberbezeichnung ist „tabu“ – allein der Urheber entscheidet darüber, ob er eine Urheberbezeichnung führen möchte und wie diese lauten soll (der Urheber kann z. B. auch ein Pseudonym führen). Das Werk selbst und sein Titel dagegen dürfen vom Verlag geändert werden, soweit „der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen kann“ (§ 39 Abs. 2 UrhG).
Diese sehr offene Formulierung soll es dem Richter ermöglichen, in jedem Einzelfall eine sachgerechte Entscheidung fällen zu können. Unwesentliche Änderungen wie einfache Fehlerkorrekturen sind danach erlaubt, alles andere hängt vom Einzelfall ab. Zu berücksichtigen ist z. B., um was für ein Werk es geht und welche Nutzung durch den Verlag vorgesehen ist. Je kreativer das Werk ist, desto weniger sind Änderungen erlaubt, je „handwerklicher“ das Werk, desto eher sind Änderungen erlaubt. Letzteres trifft auch auf Änderungen zu, die für die vereinbarte Nutzung praktisch notwendig sind. So sind z. B. in der Tagespresse im Regelfall gewisse Kürzungen (wenn sie nicht den Sinn des Beitrags entstellen) hinzunehmen, bei literarischen Texten in aller Regel nicht.

Entstellungen

Das Gesetz gibt dem Urheber das Recht, „eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden“ (§ 14 UrhG). Der Urheber kann also gravierende Beeinträchtigungen unterbinden. Eine solche Beeinträchtigung kann in einem Eingriff in das Werk selbst liegen (der Text bzw. seine Botschaft werden verfälscht, verstümmelt, verzerrt, die Botschaft gar ins Gegenteil verkehrt). Das wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Text so verkürzt wird, dass die ursprüngliche Fassung nicht mehr recht wiederzuerkennen ist, oder wenn Aussagen hinzugefügt werden, die dem, was der Urheber im Beitrag vertritt, gerade entgegenstehen. Die Beeinträchtigung kann aber auch durch das Umfeld erfolgen, in das das Werk gesetzt wird. Ein Text kann im „falschen“ Kontext eine ganz andere – unerwünschte – Bedeutung erlangen.

Fazit

Mit Zustimmung des Urhebers geht letztlich alles, eine pauschale Einwilligung ist allerdings oft nicht wirksam. Zustimmungen können auch stillschweigend erklärt werden, was es im Einzelfall sehr schwer machen kann, die Rechtslage festzustellen. Ohne Zustimmung sind Änderungen der Urheberbezeichnung absolut untersagt, während das Werk selbst und der Titel in einem gewissen, von den Umständen abhängigen, Umfang geändert werden können.

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Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Frank C. BiethahnDer Autor Frank C. Biethahn ist Inhaber einer u. a. auf Urheber- und Medienangelegenheiten spezialisierten Kanzlei bei Hamburg. Er ist bundesweit tätig. Als Vertragsanwalt des DFJV ist er für die Mitglieder-Rechtsberatung zuständig, zudem ist er Lehrbeauftragter an Hochschulen in Hamburg.

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