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Urheberrechtliche Schranken – eine unterschätzte Abmahnungsgefahr

Was Journalisten wissen und wie sie sich verhalten sollten

Journalisten arbeiten mit urheberrechtlich geschützten Inhalten und leben dadurch gefährlich. Zwar erlaubt der Gesetzgeber bestimmte Nutzungen, doch sind dabei die Grenzen des Erlaubten genauestens einzuhalten, um Abmahnungen zu vermeiden. In diesem zweiteiligen Beitrag werden die wichtigsten Regeln für den Umgang mit urheberrechtlichen Schranken erläutert.

Das Urheberrecht zieht die Grenzen der Nutzung von Inhalten. Nicht selten jedoch missachten Journalisten aus Unwissenheit diese Grenzen, da ihnen die Regelungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) oft weitgehend unbekannt sind. Aber auch geringfügige Überschreitungen führen zu einer „vollwertigen“ Urheberrechtsverletzung. Dann drohen Abmahnungen mit oft erheblichen Kosten.

Ist ein Inhalt nicht geschützt, ist die Nutzung selbstverständlich erlaubt. Gleiches gilt, wenn die Art der Nutzung das Urheberrecht gar nicht betrifft (z. B. beim Framing) oder eine der „Schranken“ des Urheberrechts – also eine der gesetzlichen Ausnahmen – greift.

Dieser Beitrag erläutert:

– was zu tun ist, wenn trotz einer erlaubten Nutzung von Inhalten eine Abmahnung eintrifft

– was überhaupt nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt ist

– warum das Urheberrechtsgesetz Einschränkungen hat

– was man bei der Nutzung der Schranken beachten muss

Was zu tun ist, wenn trotz erlaubter Nutzung eine Abmahnung eintrifft

Ist die Nutzung erlaubt, ist eine Abmahnung unberechtigt. Sie hat keine nachteiligen Folgen für den Journalisten und er muss selbstverständlich die Kosten für die Abmahnung auch nicht erstatten.
In aller Regel kann der Journalist sogar Ersatz seiner für die Rechtsverteidigung notwendigen Rechtsanwaltskosten verlangen (§ 97a Abs. 3 und 4 UrhG).

Ein Praxistipp: Gleiches gilt auch, wenn die Abmahnung die in § 97a Abs. 2 Satz 1 UrhG genannten Voraussetzungen nicht erfüllt. Diese relativ neue Regelung wird häufig übersehen. Sie kann sogar zu deutlichen kostenmäßigen Vorteilen für den Journalisten, der Urheberrechte verletzt hat, führen – obwohl die Abmahnung in der Sache dann eigentlich richtig war.

Selbst wenn der Journalist sicher ist, dass die Abmahnung unberechtigt ist, sollte er trotzdem schnell und durchdacht handeln und professionelle Hilfe (z. B. über die DFJV-Rechtsberatung) in Anspruch nehmen, denn ein Irrtum kann für ihn sonst sehr teuer werden – und Irrtümer treten in diesen Fällen wegen der Komplexität der Materie bei Nutzern leider oft auf. Im Rahmen der professionellen Beratung und Vertretung kann umfassend eine Strategie entwickelt und umgesetzt werden. In manchen Fällen wird sich dann ergeben, dass sich ein Gegenangriff anbietet.

Was ist nach dem UrhG geschützt?

Das Urheberrechtsgesetz schützt im Teil 1 das eigentliche Urheberrecht, im Teil 2 sogenannte „Verwandte Schutzrechte“; die weiteren Teile regeln weitere Details.

a) Das Urheberrecht umfasst Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst (§ 1 UrhG). Was das im Einzelnen alles sein kann, stellt das Gesetz beispielhaft in einem Katalog dar (§ 2 Abs. 1 UrhG). Für Journalisten sind die wichtigsten daraus regelmäßig „Sprachwerke“, „Lichtbildwerke“ und „Filmwerke“, also Texte, Fotos und Filme.

Allgemein muss ein Werk, um Urheberrechtsschutz zu genießen, eine „persönliche geistige Schöpfung“ sein (§ 2 Abs. 2 UrhG). Dazu muss es eine gewisse „schöpferische Eigentümlichkeit“ aufweisen (vgl. z. B. BGH, Hinweisbeschluss vom 26.02.2014 – I ZR 121/13). Ein Werk, das keinerlei schöpferische Züge aufweist, ist von vornherein nicht urheberrechtlich geschützt. Ab wann genau eine Schöpfung in diesem Sinne vorliegt, ist eine Bewertungsfrage, die den Gerichten gewisse Spielräume einräumen, es bestehen damit gewisse Unsicherheiten. Die üblichen journalistischen Leistungen erfüllen diese Voraussetzung in aller Regel.

b) Die „verwandten Schutzrechte“ ergänzen das Urheberrecht. Sie gewähren z.B. dem Fotografen neben dem Urheberrecht ein weiteres Schutzrecht, das auch für Fotos greift, die nicht schöpferisch sind (§ 72 UrhG). Damit sind Fotos stärker geschützt als Texte – bei Fotos stellt sich die Frage nach der „schöpferischen Eigentümlichkeit“ nicht, sie sind praktisch immer geschützt. Fotografen können ihre Rechte damit einfacher durchsetzen als z. B. Text-Urheber.

Zu den verwandten Schutzrechten gehört auch das umstrittene und vom DFJV zu Recht von jeher kritisierte Schutzrecht für Presseverleger (§§ 87f ff. UrhG).

Warum hat das UrhG Einschränkungen?

Das Urheberrechtsgesetz sieht eine ganze Reihe von Einschränkungen des Urheberrechts vor, um wichtige Interessen zu schützen und unter anderem auch, um Medien nicht unnötig zu beschränken. Die Einschränkungen können allerdings im Einzelfall auch zulasten der Medien wirken, weil sie auch deren Urheberrecht einschränken.

Diese Schranken haben verfassungsrechtliche Gründe: Das Grundgesetz schützt das Urheberrecht ebenso wie zum Beispiel die Pressefreiheit. Das muss der Gesetzgeber berücksichtigen und eine entsprechend „ausgewogene“ Regelung schaffen, die sowohl die Rechte der Urheber als auch die der Nutzer angemessen einbezieht. Das kann dazu führen, dass der Urheber eine Nutzung zwar dulden muss, zugleich aber eine Vergütung dafür beanspruchen kann. In bestimmten Fällen ist ein solcher Ausgleich verfassungsrechtlich zwingend geboten (vgl. BVerfG, Beschluss v. 07.06.1971 – 1 BvR 765/66).

Ironischerweise kann eine Beschränkung des Urheberrechts gerade dem Urheber nutzen: § 49 UrhG erlaubt bestimmte Nutzungen im Zusammenhang mit dem Erstellen eines Pressespiegels. Dafür erhält der Urheber eine Vergütung. Ohne diese Schranke erhielte er für die Nutzung in der Regel keine gesonderte Vergütung, weil Journalisten entsprechend der weitverbreiteten Praxis Verlagen oft ausschließliche Rechte ohne weitere Vergütung für weitere Nutzungen einräumen. Diese Seltsamkeit erkannte auch der BGH (BGH, Urt. v. 11. Juli 2002 – I ZR 255/00).

Was muss bei der Nutzung einer Schrankenregelung beachtet werden?

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) sind die „Schranken“ des Urheberrechts eng auszulegen (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 24. Januar 2002 – I ZR 102/99). Wenn die Schranken auch nur geringfügig überschritten werden, ist die Nutzung eine „vollwertige“ Urheberrechtsverletzung. Das heißt: Legt der Journalist die Schranke weiter aus als der Richter, der diese Nutzung als nicht zulässig ansieht, ist der Journalist voll haftbar – es gibt keine Ausnahme des „guten Glaubens“.

Der BGH betont, dass die enge Auslegung notwendig sei, weil der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes angemessen beteiligt werden soll (BGH, Urt. v. 27.01.2005 – I ZR 119/02). Dies kommt natürlich auch Journalisten zugute, denn auch sie sind ja Urheber.

Neben der Schrankenregelung greifen auch noch weitere Besonderheiten formaler Art. Auch wenn das Gesetz eine Nutzung erlaubt, darf das Werk dabei in aller Regel nicht geändert werden (vgl. im Detail § 62 UrhG). In bestimmten Fällen sind bestimmte Quellenangaben vorgeschrieben (§ 63 UrhG). Diese Formalien sind unbedingt einzuhalten. Manche Abmahnungen erfolgen allein deshalb, weil diese Formalien nicht berücksichtigt wurden.

In Teil 2 des Beitrags stellen wir Ihnen die wichtigsten urheberrechtlichen Schranken vor. Behandelt werden unter anderem die aktuelle Tagesberichterstattung, das Zitatrecht und die zeitlichen Grenzen des Urheberrechts.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Frank C. BiethahnDer Autor Frank C. Biethahn ist Inhaber einer u. a. auf Urheber- und Medienangelegenheiten spezialisierten Kanzlei bei Hamburg. Er ist bundesweit tätig. Als Vertragsanwalt des DFJV ist er für die Mitglieder-Rechtsberatung zuständig, zudem ist er Lehrbeauftragter an Hochschulen in Hamburg.

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