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Zeit zum Geldverdienen mit Journalismus: Warum das Internet Spezialisten fördert

Das Netz ändert alles. Während traditionelle Geschäftsmodelle des Journalismus zerbröseln, tun sich gleichzeitig viele Chancen auf. Was wichtig für den Start eines eigenen journalistischen Webangebots ist, fasst Karsten Lohmeyer zusammen, der unter LousyPennies.de über das „Geldverdienen mit Journalismus im Netz“ bloggt.  

Kann man als Journalist mit einem eigenen Angebot im Internet Geld verdienen? Eine Frage, der ich in meinem Blog LousyPennies.de nachgehe und für deren Beantwortung ich mit vielen erfolgreichen Kolleginnen und Kollegen gesprochen habe. Immer wieder habe ich dabei eine klare Antwort erhalten: Ja, es geht. Aber einfach ist es nicht. Vor allem aber habe ich eines gelernt: Das Internet fördert Spezialisten. Fast alle Journalisten, die im Internet erfolgreich sind, haben sich auf ein bestimmtes Fach- und Themengebiet spezialisiert.

Da ist zum Beispiel Franz Neumeier, der unter cruisetricks.de ein Webmagazin zum Thema Kreuzfahrten betreibt. Oder Florian Treiß, der mit mobilbranche.de einen täglichen Newsdienst rund um Handys, Smartphones und Co. ins Leben gerufen hat. Auch LousyPennies.de ist meiner Meinung nach nur deshalb so erfolgreich geworden, weil es sich ausschließlich einem kleinen Spezialgebiet innerhalb der Medienberichterstattung widmet.

Große Verlage lassen Nischen links liegen

Warum das so ist? Erstens, weil im Internet in aller Regel sehr spezialisiert gesucht wird – und beispielsweise Suchmaschinen-Marktführer Google – unter anderem – jene Seiten besonders positiv bewertet, die sich dem jeweils gesuchten Thema ausführlich widmen. Und zweitens, weil diese Nischen von den großen Medienunternehmen meist mangels Masse links liegen gelassen werden. Hier werden eben aus Sicht der Verlage nur die berühmten „Lousy Pennies“, wie es Hubert Burda nannte, verdient.

Ist man allerdings ein journalistischer Einzelkämpfer oder nur ein kleines Team und besetzt erfolgreich seine Nische, können sich die Lousy Pennies zu einem erklecklichen Einkommen summieren, das entweder als zweites oder drittes Standbein des berühmten journalistischen Bauchladens dienen oder sogar zum Hauptverdienst werden kann.

Aus Sicht der taz etwa mögen die rund 10.000 Euro, die mit der freiwilligen Bezahlschranke „Paywahl“, bei der die Leser entscheiden können, ob sie für einen Beitrag bezahlen wollen oder nicht, monatlich verdient werden, nicht so viel sein. Für einen freien Journalisten wäre es mehr als genug. Doch die meisten Journalisten, die ich im Rahmen einer nicht-repräsentativen Umfrage nach ihrem Verdienst im Web gefragt habe, sind noch lange nicht bei solchen Summen angelangt: Die Einsteiger, die meist erst seit weniger als einem Jahr bloggen, verdienen selten mehr als 30 bis 40 Euro im Monat, „Fortgeschrittene“, die meist schon länger als ein Jahr und zudem kontinuierlich bloggen, dann schon mal 300 bis 500 Euro und die, die deutlich länger dabei und etabliert sind, können auch 2.000 oder 3.000 Euro erzielen. Die absolute Elite erreicht sogar Umsätze von 10.000 bis 20.000 Euro oder sogar mehr. Diese Zahlen hängen freilich von unterschiedlichen Faktoren, vor allem von der Anzahl der Besucher der jeweiligen Seite, der gewählten Monetarisierungsform und Zielgruppe ab.

Journalisten werden zu Vermarktern ihrer Inhalte

Die Frage ist nun: Wie verdienen diese Journalisten ihr Geld? Die Antwort: Fast ausschließlich über verschiedene Werbeformen oder sogenanntes Affiliate-Marketing. Dabei werden Journalisten an den Verkaufserlösen beteiligt, die durch einen Klick auf einen Link in ihrem Blog generiert werden. Andere Möglichkeiten sind ein Sponsoring durch ein Unternehmen oder die Vermarktung über ein spezialisiertes Vermarktungsnetzwerk. Mein Kollege Stephan Goldmann hat die verschiedenen Monetarisierungs-Möglichkeiten für Onlineangebote hier zusammengefasst.

Diese Erkenntnis erfordert aber einen großen Sinneswandel bei vielen Journalisten: Während man früher den Anzeigenverkauf anderen überlassen hat, muss man heute – zumindest in den Anfangstagen eines Webangebots – auch die Vermarktung seiner Angebote persönlich übernehmen. Ein echter Paradigmenwechsel, der viele Konflikte (Stichwort: Trennung von Anzeigen und Redaktion) in sich birgt.

Das Erlösmodell hängt von der Zielgruppe ab

Tatsächlich habe ich durch die vielen Gespräche mit Journalisten, die ein eigenes Webangebot betreiben und auch durch unsere Umfrage eines herausgefunden: So vielfältig die Zielgruppen der Webseiten sind, so unterschiedlich sind auch die Erlösmodelle von der Anzeigenfinanzierung über Affiliate-Links bis hin zum Paid Content. Was bei der einen Zielgruppe ganz hervorragend funktioniert, scheitert bei der anderen.

So klicken etwa Leser von LousyPennies.de regelmäßig auf den Flattr-Spendenknopf, während dies auf der Seite triathlontipps.de von Stephan Goldmann nur ganz selten passiert. Vielleicht ist sogar eine Bezahlschranke das Richtige, wenn man genug Leser hat, die bereit sind, für exklusive Inhalte zu zahlen. Ein gutes Beispiel ist der ehemalige Börsenmakler Dirk Müller, der unter cashkurs.com ein erfolgreiches Bezahlmodell betreibt.

Die Zielgruppe der Leser entscheidet meistens auch über die Höhe der Einnahmen. Denn in fast allen Fällen hängt die Bezahlung, die der Betreiber einer Seite bei einem Klick auf eine Anzeige erhält, direkt davon ab, wie interessant die Zielgruppe für den Anzeigenkunden ist. Bei Google AdSense und anderen ähnlichen Angeboten werden die Kosten für den Anzeigenkunden in einem Gebotsverfahren ermittelt – wer mehr pro Klick zahlt, der wird vom Anzeigensystem bevorzugt gezeigt.

Umfrageergebnis zu verwendeten Monetarisierungsformen auf Blogs (Quelle: lousypennies.de; Umfragezeitraum: April - August 2013; Basis: 21 Antworten)

Umfrageergebnis zu verwendeten Monetarisierungsformen auf Blogs
(Quelle: lousypennies.de; Umfragezeitraum: April – August 2013; Basis: 21 Antworten)

Ich merke das ganz konkret, wenn ich vergleiche, was ein Klick auf eine Google-Anzeige bei LousyPennies.de und meiner Newsseite „Tagesbriefing für die Versicherungswirtschaft“ (tagesbriefing.de) einbringen. Klicks auf Anzeigen für die Zielgruppe „Versicherungswirtschaft“ bringen deutlich mehr ein, als Klicks auf Anzeigen für die Zielgruppe „Journalisten“. Und man darf auch davon ausgehen, dass zum Beispiel die bekannt zahlungskräftige Zielgruppe der Kreuzfahrer für Anzeigenkunden deutlich interessanter ist als zum Beispiel Journalisten und Medienmacher.

Die Zahl der Besucher entscheidet über die Einnahmen

Vor allem aber hängt die Höhe der Einnahmen direkt von der Anzahl der Besucher auf der Webseite ab. Meiner Erfahrung nach fängt das Geldverdienen bei rein anzeigen- und affiliatefinanzierten Webseiten ab etwa 30.000 bis 50.000 Besuchern an. Hier sind – ins Blaue gesprochen – Einnahmen von etwa 300 bis 700 Euro im Monat möglich. Ab etwa 70.000 Besuchern sind vierstellige Einnahmen realisierbar. Und überschreitet die Besucherzahl gar die Millionengrenze, sind auch Einnahmen in fünfstelliger Höhe im Monat keine Seltenheit.

Viele Journalisten verdienen aber auch „über Bande“: Sie nutzen ihr Blog als Plattform, um sich selbst als Fachleute für ein bestimmtes Gebiet zu positionieren und sich gegenüber einer größeren Zielgruppe bekannt zu machen. Ihre Einnahmen erzielen sie dann mit Fachbeiträgen in anderen Print- und Onlinemedien, mit Vorträgen und Schulungen. Zunehmend legen Auftraggeber sogar Wert darauf, dass Autoren ihre eigenen Leser mitbringen – in Form von regelmäßigen Blog-Lesern, Twitter-Followern oder Facebook-Fans. Es lohnt sich also auf jeden Fall, mit einer eigenen Web-Präsenz zu starten.

Will man aber über das reine Selbstmarketing hinausgehen und tatsächlich direkte Einnahmen per Werbeform oder Paywall mit seinem Webangebot generieren, sollte man vor allem ein Ziel haben: Möglichst schnell viele Besucher anziehen. Denn das ist tatsächlich die schwierige erste Aufgabe. Zahlreiche gut gemachte Webseiten fristen ein Nischendasein und spielen kaum die Kosten für das Hosting und die Software ein, weil eben kaum ein Besucher vorbei surft.

Besucher kommen über Google oder die sozialen Medien

Um Besucher auf seine Webseite zu ziehen, den berühmten Traffic zu generieren, gibt es ebenfalls – je nach Zielgruppe unterschiedlichste – Erfolg versprechende Methoden. Für die einen, die sich auf ein häufig gesuchtes Fachgebiet spezialisiert haben, mag es die Google-Suche sein. Für die anderen sind es die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter, die die Besucher bringen. Es ist also absolut entscheidend für jeden Journalisten mit eigener Webpräsenz, sich mit den Themen „Suchmaschinenoptimierung“ und „Soziale Medien“ zu beschäftigen – und sich aktiv darum zu kümmern.

Beliebt ist etwa der sogenannte Linktausch mit ähnlichen Seiten, am besten verbunden mit einem Gastbeitrag. Daneben sollte man sich möglichst häufig an themenaffinen Diskussionen im Netz beteiligen und dabei – dezent – auf die eigene Seite verweisen. Letztlich entscheiden aber die Qualität der Beiträge und das journalistische Geschick, den Geschmack des Publikums zu treffen, über Erfolg oder Misserfolg einer Webseite.

Sind Ihnen all diese Faktoren bewusst, hilft es, sich vor dem Start des Webangebots sehr genaue Gedanken darüber zu machen, was man eigentlich erreichen will – und vor allem, wie. Denn Dank kostenloser Software wie beispielsweise WordPress ist eine Webseite heutzutage zwar sehr schnell und kostengünstig aufgesetzt, doch würde ich gerade deshalb empfehlen, sich seine Strategie vor dem Start genau zu überlegen. Besser noch, Sie entwerfen einen kompletten Businessplan, der den Rahmen für Ihre Webaktivitäten definiert. Dieser kann auch helfen, wenn Sie sich um Fördermittel oder einen Kredit für Ihre Webseite bewerben.

Eine Nische in der Nische zu finden, ist die Kunst

Als Fachjournalist sind Sie Experte in einem Fachgebiet, zu dem Sie sicherlich über eine eigene Webpräsenz publizieren können und wollen. Dennoch sollten Sie sich vor dem Start einer genauen Konkurrenzanalyse bereits bestehender Angebote im Netz widmen und sich genau überlegen, wie Sie sich von diesen absetzen können. Eine Nische in der Nische zu finden, ist hier die Kunst. Bei LousyPennies.de zum Beispiel steht die klare  Konzentration auf das Thema „Geldverdienen mit Journalismus im Netz“ im Fokus. Freilich darf die gewählte Nische auch nicht zu klein sein, denn mangels ausreichend großer Zielgruppe in Schönheit sterben möchte wohl kaum jemand.

Gleichzeitig sollten Sie sich – ähnlich wie ein Verlag – darüber Klarheit verschaffen, wie „vermarktbar“ Ihre Zielgruppe ist, also wie hoch die zu erwartenden Anzeigeneinnahmen sein könnten und wer generell bereit sein könnte, für Ihr Angebot zu zahlen. Wie bereits erwähnt, ist zum Beispiel die Zielgruppe „Journalisten“ für Anzeigenkunden lange nicht so interessant wie die Zielgruppe „Kreuzfahrer“. Dennoch bin ich sicher, dass sich Medienleute ebenfalls vermarkten lassen: durch die aktive Ansprache von Unternehmen, die Journalisten erreichen wollen, etwa PR-Agenturen. Hier gilt es selbstverständlich, äußerst sensibel bei der Trennung und Kennzeichnung von unabhängigen redaktionellen Inhalten und „gekauften“ Inhalten zu sein. Deshalb der Ratschlag: Absolute Transparenz gegenüber dem Leser.

Know-how aufbauen oder Spezialisten beauftragen

Haben Sie das Thema Ihres Webangebots definiert und die Frage der potenziellen Vermarktbarkeit geklärt, kann es losgehen. Glück haben vor allem jene, die sich in den vergangenen Jahren mit WordPress beschäftigt haben und bereits wissen, wie man ein solches Blog aufsetzt. Wer hier Nachholbedarf hat, kann dieses Know-how zum Beispiel durch Kurse aufbauen oder einen Spezialisten beauftragen. Über eine Suche im Web werden Sie viele nützliche Anleitungen dazu erhalten, wie man WordPress schnell und unkompliziert einsetzt. Entscheidend für das Aussehen Ihrer Seite ist das sogenannte Theme, das Sie für 30 bis 50 Dollar im Netz erwerben können. Dieses Theme legt fest, wie die Seite aussieht – und auch wenn es aufgrund der mit ihm verbundenen Funktionalitäten deutlich mehr ist, kann es vereinfacht als Design bezeichnet werden. Auch ein passendes Logo sollten Sie entweder selbst gestalten oder gestalten lassen.

Mein Tipp aus leidvoller Erfahrung: Egal ob Sie das Blog selbst oder über einen Dienstleister erstellen, nehmen Sie etwas Geld in die Hand für ein ordentliches und schnelles Hosting. Massenhoster wie beispielsweise 1&1 bieten oft nicht die Geschwindigkeit und den Service, die Sie brauchen. Steht die Technik, können Sie loslegen – und das bitte regelmäßig.

Erwarten Sie aber nicht, dass der Erfolg über Nacht kommt. Die Faustregel, die sich für mich inzwischen herauskristallisiert hat: Auch wenn es die eine oder andere Ausnahme gibt, brauchen die meisten Webangebote mindestens drei Jahre, bis sie sich eine ausreichend große Zahl an regelmäßigen Besuchern aufgebaut haben und über den reinen Imagegewinn hinaus auch finanziell erfolgreich sind. Bis dahin heißt es, konsequent an der eigenen Seite arbeiten, nicht aufgeben und fortdauernd mit Themen, Präsentationsformen und der Nutzung von sozialen Medien experimentieren.

Hier meine fünf Tipps für den Aufbau
einer funktionierenden journalistischen Webseite:

1. Die Idee:
Legen Sie Sinn und Zweck Ihrer Seite in einem Satz fest, einem „Mission Statement“.

2. Die Zielgruppe:
Seien Sie sich sehr genau im Klaren, wen Sie erreichen wollen.

3. Die Vermarktung:
Machen Sie sich schon sehr früh Gedanken darüber, wie Sie Ihre Zielgruppe vermarkten können – und probieren Sie mehrere Wege aus.

4. Eigenmarketing:
Unternehmen Sie alles, um Ihre Webseite bekannt zu machen – in Foren, sozialen Medien und auf anderen Webseiten.

5. Dranbleiben:
Nicht aufgeben; bis Sie erfolgreich sind, werden Monate oder gar Jahre vergehen.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Karsten LohmeyerDer Autor Karsten Lohmeyer ist Chefredakteur von Hagen+Pollmeier Corporate Publishing. Er betreibt den erfolgreichen Medienblog LousyPennies.de, der sich ausschließlich dem Thema „Geldverdienen mit Journalismus“ widmet. Er hat die Deutsche Journalistenschule besucht und in leitenden Positionen für zahlreiche deutsche Medienhäuser gearbeitet. Er twittert unter @LousyPennies und ist zudem unter Facebook.com/Lousypennies zu erreichen.

Kommentare
  1. Hallo Herr Lohmeyer,
    sehr interessanter Beitrag.
    Können Sie vielleicht noch konkretisieren, wie Ihre Erfahrungen bei 1&1 waren? Sind die 1&1-Server einfach zu langsam oder gibt es vielleicht sogar Abstrafungen von Google?
    Die Alternative, einen eigenen Server zu betreuen oder von einer Agentur verwalten zu lassen, ist im Vergleich dazu doch sehr kompliziert und teuer, oder?
    Gruß, Geitmann

    • Hallo Herr Geitmann,

      mir waren die Server einfach zu langsam und der Kunden-Service zu unpersönlich. Tatsächlich gibt es ganz viele Anbieter im Netz, die persönliche Betreuung und schnelle Server zu vernünftigen Preisen bieten, ohne dass man sich da als Betreiber eine Seite um die Technik kümmern muss. Also quasi das gleiche Angebot wie 1 & 1, nur mit mehr persönlichem Service.

      Herzliche Grüße

      Karsten Lohmeyer

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