RSS-Feed

Praxistipps: Mit Multimedia-Arbeiten zusätzliche Einnahmen generieren

„Etwa 80 Prozent aller kleinen Firmen werden bald Insolvenz anmelden müssen – wegen mangelnder Kompetenz bei der Herausforderung Digitalisierung“, erzählt der Unternehmensberater am Telefon. Klein- und Kleinstunternehmer scheitern oft bereits an der passenden Website, aber auch an fehlenden SEO-Kenntnissen und am Befeuern eigener Social-Media-Kanäle mit ästhetischen Inhalten, die sich auch auf das Google-Ranking positiv auswirken. Ein lukrativer Nebenmarkt für freie Journalisten, die sich dieser Herausforderung stellen möchten. Wie ist dabei vorzugehen?

Freie Journalisten können Unternehmern bei der professionellen Präsentation ihrer Firma im Internet und in den sozialen Medien hilfreich zur Seite stehen. Doch dazu gilt es, zunächst den eigenen Auftritt und ein passendes Geschäftsmodell zu entwickeln.

Für die eigene Website bewährt haben sich hochwertige WordPress-Themes, die man zum Beispiel bei Envato Themeforest kostenpflichtig downloaden kann. Provider wie Kontent bieten eine passende Domain und Webspace einschließlich einer standardisierten WordPress-Einbindung. Mit Plug-ins wie Revolution Slider können dann eigene multimediale Werke in Fullscreen-Größe und Cinemascope-Qualität präsentiert werden.

Vertrauen braucht eine Basis. Diese muss die eigene Website vermitteln: Im Schnitt hat man nur maximal 20 Sekunden Zeit, um einen neuen Kunden zu überzeugen – Landingpages leisten hier gute Dienste.

Das Geschäftsmodell

Die potenzielle Kundschaft muss vom Geschäftsmodell überzeugt werden. Das Wichtigste daran ist: Was ist das Alleinstellungsmerkmal? Warum sollte diese Dienstleistung überhaupt existieren? Was ist anders? Hier hilft der Beitrag „21 Ideen, wie Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal finden“, den die Digitalchefin des Wirtschaftsmagazins „Impulse“, Nicole Basel, verfasst hat.

Dann gilt es, passende Angebotspakete zu schnüren und die anvisierte Zielgruppe individuell zu bewerben: Im Schnitt wird man zehn Telefonate für einen persönlichen Kundentermin benötigen, bei dem wiederum nur jeder siebte Ansprechpartner überzeugt werden kann. Eine eindeutige Positionierung und eine klare Struktur sind von Vorteil – eine genaue Spezialisierung ist unbedingt zu empfehlen. Wer nur eine besondere Art von Videos anbietet, grenzt sich von den Mitbewerbern klarer ab. Etwas Wettbewerbsanalyse vorab sollte also nicht fehlen: Auch Universalgenies müssen sich auf dem freien Markt an vergleichbaren Angeboten messen lassen.

Das Handwerk

Für Journalisten im Multimedia-Markt gilt es, nachhaltig Aufmerksamkeit zu erzeugen: Im Netz buhlen unzählige Unternehmen um die Kaufkraft der Kundschaft und Zeit ist ein rares Gut. Es geht nicht darum, Filmemacher oder hochprofessionelle Medienunternehmen zu gewinnen, sondern durchschnittliche Kleinunternehmer.

Storytelling ist eine gute Möglichkeit für die Unternehmensdarstellung, wird aber nicht nur von Journalisten angeboten, sondern auch als zeitgemäßes Marketingtool für die Verbreitung von Werbebotschaften genutzt. Eine möglichst emotionale Geschichte soll es sein: Der Erzählstrang soll für Klarheit über Werte, Produkte, Dienstleistungen und Veränderungen sorgen. Im Bereich Multimedia bietet das Storytelling die bei Weitem größten Möglichkeiten – durch den kombinierten Einsatz verschiedener Stilmittel wie Ton, Text, Foto und Bewegtbild. Mit dieser stilistischen Vielfalt ist zugleich ein virtuoser Experte gefragt, der mittels Bild- und Tonregie sowie Postproduktion diese einzigartigen Botschaften kreativ einfangen kann und somit seine Honorarforderungen rechtfertigt – ein Fall für freie Journalisten. Content is King.

Aufgabe des Journalisten als Anbieter von Multimedia-Arbeiten ist, Kleinunternehmern den Kundennutzen zu kommunizieren:

1. Jedes Gespräch ist hilfreich.
2. Bedürfnisse erkennen.
3. Lösungen anbieten.

Auch bei knappen Budgets wird investiert, wenn drohende Umsatzeinbußen vermieden werden können und der Anschluss an die Digitalisierung nicht verpasst wird. Bei der Akquise auch weniger kaufkräftiger Kunden für die eigene Dienstleistung helfen standardisierte Arbeitsprozesse– so kann ein geringerer Preis angeboten werden. Quantifizierbare Zielsetzungen helfen bei der Kalkulation des eigenen Preismodells; als Alleinstellungsmerkmal ist dies ebenso wichtig wie Exklusivität, Erfahrung oder Bonuspakete. Die Lösungskompetenz wird betont durch ein passendes Portfolio an Videos auf der eigenen Website.

Das Equipment

Als Video-Kamera kann das eigene Smartphone dienen – Blogger sind hier preiswert bedient –, aber in der Regel wird man auf eine DSLR- (Digital Single-Lens Reflex-)Kamera (digitale Spiegelreflex-Kamera) oder einen Camcorder zurückgreifen. Die Vorteile liegen auf der Hand: schneller Autofokus bei wechselnden Einstellungen, Zoom-Objektiv, Low-Light-Eigenschaften für Indoor-Aufnahmen, Bildstabilisator, Kombination mit externen Tonaufnahmegeräten oder Mikrofonen. Dazu bei neueren Modellen zumeist Bildqualität in Full HD (High Definition, hoch auflösend) oder bereits 4 K (4.000 Pixel Auflösung), sodass auch der Verkauf von Video Footage (ungeschnittenen oder unspezifizierten Filmen) sowie professionelle Auftragsarbeiten infrage kommen. Preiswerte Modelle finden sich auf dem Gebrauchtmarkt ab etwa 250 Euro.

Ein schlechtes Bild wird oft verziehen, ein schlechter Ton nicht. Bei einer DSLR-Kamera ohne Mikrofonanschluss empfiehlt sich daher eine externe Tonaufnahme mit Geräten wie etwa dem Olympus LS 5. Die Synchronisation von Interviewszenen bei der Postproduktion erspart man sich durch den Einsatz eines externen Mikrofons, das batteriebetrieben sein sollte. Die gängigen Marken heißen Rode, AZDEN, Boya, Renkforce, Sennheiser. Fachhändler wie Conrad oder Thomann beraten unverbindlich – störende Brummtöne sind nie ganz auszuschließen und manche Geräte sind nicht kompatibel. Ein hochwertiges Ansteckmikrofon sollte in der technischen Sammlung nicht fehlen, kann man so doch bei Interviews störende Nebengeräusche – etwa im Maschinenraum – sehr gut ausschalten.

Beim Licht können einfache Baustrahler aus dem Baumarkt Wunder bewirken. Für Aufnahmen mit Split-Light eignen sich auch Kfz-Stableuchten ganz hervorragend. Softboxen mit Tageslichtleuchten finden sich auch bereits preiswert im Online-Handel. LED-Foto- und Videoleuchten zum Aufstecken sind sehr nützlich bei Indoor-Aufnahmen und platzsparend zu handhaben. Ein faltbarer Reflektor – zu mehreren an einem Stativ aufgehängt – kann ebenfalls gute Dienste leisten.

Vor- und Nachbereitung

Vor Beginn der Aufnahmen lohnt sich ein Skript mit Notizen der Drehzeit, Szenen, Interviewfragen und Einstellungen. Für Interviews empfiehlt sich die klassische 5-Shot-Regel, um möglichst verschiedene Perspektiven des Protagonisten zu erzielen. Technisch lässt sich das unter anderem durch Einsatz verschiedener Stative erreichen: Tischstativ für Froschperspektive, Schulterstativ (Rig) für Rundum-Perspektive, Rollschuh oder Skateboard mit DSLR-Kamera für simulierte Kamerafahrten, Close-up auf Hände, Drohne für Aerials usw. Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt – auch der klassische Achsensprung verfehlt nie seine Wirkung im Erzählstrang. Sortieren kann man die fertigen Interview-Sequenzen vor dem Schnitt mit gelben Merkzetteln, die sich an die Wand kleben lassen.

Für die Nachbereitung gibt es eine Menge Tools, je nach verwendetem Gerät.

Android-Nutzern sei die PowerDirector Video Editor App empfohlen, ansonsten auch FiLMiC Pro für Apple-Nutzer. Preiswerte Schnittsoftware ist die abgespeckte Elements-Version von Adobe Premiere (Android und Apple). Die teurere Vollversion hat mittlerweile viele professionelle Cutter von Final Cut Pro (Apple) abgebracht. Kostenlose Software im Netz gibt es auch: Das Videoschnittprogramm Blender mit Animationstechniken wird von der Volkshochschule bei Videoschulungen genutzt und gilt als freie Variante zu Adobe After Effects.

Andere Cutter arbeiten mit der OpenSource-Software Wax, ebenfalls gratis nutzbar. Mit Gimp statt Photoshop, Scribus statt InDesign und Inkscape statt Illustrator finden sich weitere kostenlose Softwares im Internet, die echte Multimedia-Alternativen zum teuren Mietmodell der Adobe Creative Cloud darstellen. Die passende Hardware sollte allerdings auf diese ressourcenverschlingenden Anwendungen zugeschnitten sein.

Wer mit einer GoPro, also einem Action-Camcorder, arbeitet, findet auf der Herstellerseite nützliche Tools zur Postproduktion. Ebenso ist eine App von GoPro auf dem Markt, die kostenfrei genutzt werden kann.

Fördermöglichkeiten

Für manche freien Multimedia-Projekte bietet sich ein Antrag auf Produktionsförderung bei der Filmförderung einzelner Bundesländer an. Neben einem Anschreiben und einem Kalkulationsnachweis werden auch Dialogszenen, Figurenbeschreibung und persönliche Motivation abgefragt. Was ist dem Antragsteller dabei wichtig, warum brennt er für dieses Filmprojekt?

Kalkuliert wird immer mit einem Eigenanteil in Höhe von 20 Prozent der Fördersumme, der auch via Sponsoring oder Crowdfunding finanziert werden kann. Kurzfilme in Dokumentarform dürfen auch im Ausland spielen, wenn die Postproduktion in Deutschland erfolgt – eine Bildqualität in Full HD ist hier bereits ausreichend. Die Vermarktung über Filmfestivals und Verleih sollte vor Antragstellung bereits bedacht sein.

Und: Keine Filmidee ist neu, alles wurde bereits schon irgendwie und irgendwann umgesetzt. So sieht es zumindest das Prüfungskomitee, das zweimal jährlich über die Anträge entscheidet. Eine Prüfgebühr ist nur bei einem positiven Bescheid fällig. Dieser Antrag ist kein Spaziergang und sollte sehr sorgfältig ausgearbeitet werden – allein Leistung wirkt hier vertrauensbildend. Gezielte Fragen, ein Plan B in der Tasche und Verständnis für das eigene Filmpublikum wirken als sehr effektives Auffangnetz im Krisenfall der eigenen Verwertungskette. Einzig mit Demut und Empathie gelingen große Filme.

Fazit

Im Multimediamarkt Fuß zu fassen ist auch für gestandene Journalisten nicht unbedingt leicht. Aber mit einer soliden Ausbildung, technischem Know-how, einer Grundausstattung an Equipment und dem Kopf voller Ideen bieten sich viele Möglichkeiten.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Der Autor Ralf Falbe arbeitet als freier Bildjournalist, Videographer und Reporter. Veröffentlichungen u. a. in Stern, Sueddeutsche.de und Guardian. Ausgezeichnet mit dem Journalistenpreis Irland 2016 (Kategorie Online – Top 10), Bronze Winner International Photo Award IPA Philippines 2016 (Kategorie Kinder), Nominierung für den PR-Bild Award 2015 (Kategorie Tourismus, Freizeit, Sport). Mitglied beim DFJV, Nikon Professional Services NPS und der Fotoagentur Imagetrust. Weitere Informationen zu seiner Person unter www.ralffalbe.com.

Kommentare sind geschlossen.