RødeReporter, Hindenburg, Auphonic: 3 Apps für professionelle Sprachaufnahmen
Eine Sprachnachricht oder ein Sprachmemo ist schnell mit dem Smartphone verfasst. Doch ist es dann nicht auch möglich, ein Interview aufzunehmen oder gar einen Podcast mit dem Alleskönner zu produzieren? – Der Gedanke ist naheliegend, doch die oft vorinstallierten Apps sind dafür nicht geeignet.
Audios, die wir veröffentlichen, sollten eine gute Qualität haben – denn sie sind in der Regel länger als eine an einen Notiz an sich selbst oder eine schnelle Nachricht an eine Person, dass man auf dem Weg zu einem vereinbarten Treffpunkt ist. Zudem wird die Aufnahme noch weiter bearbeitet: Es wird geschnitten, Musik hinterlegt, das Format geändert oder anderes. Daher empfiehlt es sich, mit einer sehr guten Aufnahmequalität zu starten, um am Ende ein Audio zu teilen, dem die Hörerschaft gerne und auch längere Zeit lauscht.
Vom Smartphone zum Audiostudio – mit der richtigen App
Audio-Aufnahmen in guter Qualität können Sie mithilfe Ihres Smartphones hinbekommen – mit einer professionellen App!
Drei Dinge sollte diese App auf jeden Fall können: die Höhe des eingehenden Signals anzeigen, dieses über Einstellungen verändern und das Format der Aufnahme wählbar machen, damit auch ein unkomprimiertes Dateiformat möglich ist.
Die folgenden drei Apps können das. Sie können sie mit dem iPhone (iOS) nutzen oder auf Android-Geräten. Mit und ohne kleine zusätzliche Tools können Sie mit Ihrer ständigen Begleitung, was das Smartphone in der Regel ist, professionelle Audioaufnahmen erstellen.
RødeReporter: Eingangssignal im Blick und manuell einstellbar
Eine „blinde“ Aufnahme kann am Ende eine Enttäuschung sein. Wenn Sie das Signal, das tatsächlich aufgezeichnet wird, nicht beobachten können, ist die Aufnahme vielleicht viel zu leise.
„Na und, dann spiele ich sie eben lauter ab“, mögen Sie denken, doch damit liegen Sie nur zum Teil richtig. Beim Abspielen des Audios lässt sich natürlich die Lautstärke erhöhen. Doch wenn Sie die Datei im Netz hochladen, gibt es eine standardisierte Lautstärke, man spricht von Lautheit. Und es ist gut, wenn alle Audios und Videos im Netz diese einhalten, denn sonst wären unsere Hörerinnen und Hörer ständig damit beschäftigt, die Lautstärke an ihren Smartphones oder Rechnern zu verstellen. Wenn das zuletzt gehörte Audio ein sehr leises war, dann knallt ein sehr lautes ziemlich auf die Trommelfelle der Hörerschaft.
Ist die Aufnahme zu leise aufgenommen und sie wollen Sie aus oben genannten Gründen mit einem Audioeditor, einem Bearbeitungsprogramm, lauter machen, also verstärken, dann werden im gleichen Maß auch alle Nebengeräusche lauter. Leises Tassengeklapper erzeugt plötzlich den Eindruck, als hätten Sie in einer Großküche aufgenommen.
Damit Sie die Qualität der Aufnahme nicht dem Zufall überlassen, sollten Sie einen Blick auf die Anzeige des Eingangspegels werfen. Sie sehen, ob die Aufnahme gut ausgesteuert, also nicht zu leise ist, oder ob das Eingangssignal zu hoch, die Aufnahme „übersteuert“ ist. Auch hier lässt sich die Aufnahme im Nachhinein negativ verstärken, also leiser machen. Doch oft ist das übersteuerte Signal kaputt und die Aufnahme ist dann kein Hörgenuss mehr.
Wenn Sie das Eingangssignal schon sehen, sollten Sie es auch verändern können. Einfluss auf den Pegel nehmen Sie beispielsweise, indem Sie den Abstand zum Mikrofon verändern. Ist die Quelle des eingehenden Signals, also der Mund, zu nah, dann hört man die Sprechgeräusche sehr deutlich und die Plosivlaute, „p“, „t“ und „k“, übersteuern die Aufnahme. Ist der Abstand zu groß, ist der Klang des „Raums“ sehr groß und das hört sich nicht gut an. (Hier kommt übrigens eines der Helferlein ins Spiel, die ich weiter unten im Text nenne.)
In der professionellen Audio-App RødeReporter sehen Sie im Aufnahmefenster sehr deutlich die sich farblich verändernde Pegelanzeige (Screenshot 1). Mit dem darüber liegenden Schieberegler lässt sich der Pegel ganz leicht anpassen, sodass er nicht im ganz rechten roten Bereich ausschlägt.
Das ist der große Pluspunkt dieser App. Doch auch bei den anderen Apps des Trios sehen Sie eine Aussteuerungsanzeige und können die Aufnahme beeinflussen. In der App Hindenburg Field Recorder Lite verändern Sie in den Audioeinstellungen den „Gainboost“, wenn das Signal zu niedrig ist, und in Auphonic ändern Sie den Wert des „Input Gain“.
Also: Eine Aussteuerungsanzeige ermöglicht während der Aufnahme den Blick auf den Pegel des eingehenden Signals. Daran sehen Sie, dass Ihre Aufnahme nicht übersteuert, aber auch nicht zu niedrig ausgesteuert ist. Bewegt sich der Pegel im rechten oberen Drittel der Pegel-Anzeige, sind Sie im „grünen“ Bereich. Achtung, wenn die Anzeige rot wird – dann ist das Signal zu stark.
Hindenburg Field Recorder Lite: keine Engpässe bei großen WAV-Dateien
MP3-Dateien sind die Audioformate, die uns auf dem Smartphone, dem Computer und im Internet ständig begegnen. Dieses im Wesentlichen in Deutschland entwickelte Format ist komprimiert und datenreduziert. Eine MP3-Datei in guter Qualität ist ungefähr zehnmal kleiner als eine unkomprimierte Audio-Datei, beispielsweise eine WAV-Datei. Bei der Encodierung nutzt man unter anderem Informationen aus der Psychoakustik: Nur für den Menschen wahrnehmbare Signale werden gespeichert. MP3-Dateien sind also immer verlustbehaftet. Es ist daher sinnvoll, eine Aufnahme in einer möglichst guten Qualität zu machen, denn in der Regel bearbeiten wir sie noch. Erst vor der Veröffentlichung komprimieren wir sie in das gängige MP3-Format.
Daher sollte eine professionelle Audio-App Daten auch unkomprimiert aufzeichnen. Die hier vorgestellten Apps können das – die auf den Telefonen häufig vorinstallierten Sprachmemo-Apps nicht. Sie liefern komprimierte und datenreduzierte Aufnahmen.
Das Aufnahmeformat (WAV) wählen Sie ebenfalls in den Einstellungen (Settings) der Apps. WAV-Dateien (PCM) sind sehr groß und überfordern schnell die Speicherkapazitäten des Smartphones. Eine große Hilfestellung bietet hier die App Hindenburg Field Recorder Lite. Achtung! Diese App können Sie nur unter iOS nutzen und nach dem Testen ist die Nutzung kostenpflichtig. Sie zeigt in den Einstellungen den „verbleibenden Platz“ immer genau an. In den Einstellungen zeigt sie den „verbleibenden Platz“ immer genau an. Angegeben werden die Dateigröße sowie die verbleibende Aufnahmezeit (Screenshot 2).
Auphonic: Aufnehmen und bearbeiten in einer App
Die dritte App im Bunde ist Auphonic. Diese können sie im App Store von Apple oder im Google Play Store herunterladen. Die App hat jeweils unterschiedliche Namen: „Auphonic Edit“ für Android-Geräte, „Auphonic Record“ für das iPhone.
Das „Edit“ im Namen verrät bereits, was einer der Pluspunkte von Auphonic ist: Sie können nicht nur unkomprimierte Aufnahmen machen und haben dabei die Aussteuerungsanzeige unter Beobachtung, sondern können die Aufnahme anschließend auch bearbeiten, editieren. Auf dem iPhone ist es möglich, die Aufnahme zu „trimmen“, also Anfangs- und Endpunkte genau zu setzen, auf Android sogar, Bereiche in der Tonspur zu markieren und zu entfernen, also zu schneiden. (Screenshot 3).
Auf beiden Betriebssystemen, also mit Auphonic Edit und Auphonic Record, lässt sich eine Verbindung mit dem Webservice Auphonic herstellen. Dieser Dienst bietet die Möglichkeit, verschiedene Algorithmen auf die Aufnahme anzuwenden, die die technische Qualität nochmal deutlich verbessern können. So sorgen Sie dafür, dass alle Ihre Audios die gleiche Lautstärke erhalten. Sie können Ihren Account auch mit weiteren Services verbinden, Transkripte erstellen, die Audios direkt auf unterschiedlichen Plattformen wie Facebook oder YouTube veröffentlichen oder auch zu Ihrem Hostingservice oder zu einer Cloud senden.
Was Auphonic noch so kann, lesen Sie in dem Artikel Ein gutes Team für professionelle Podcasts: Audacity und Auphonic.
Hilfreiche Tools für das mobile Aufnahmestudio
Auch wenn in modernen Smartphones gute Mikrofone eingebaut sind, ist es doch oft angenehmer, ein zusätzliches Mikrofon zu benutzen. Dann müssen Sie sich selbst das Mikrofon nicht so nah vors Gesicht halten – und natürlich auch nicht dem Interviewgast.
Sie haben die Wahl zwischen Lavaliermikrofonen, die einfach am Hemdkragen befestigt werden, oder Handmikrofonen. Für Ansteckmikrofone gibt es auch Adapter, sodass Sie ganz entspannt Interviews mit dem Smartphone führen können, da jeder Sprecher oder jede Sprecherin ein eigenes Mikro bekommt. Und nicht nur das: Die Aussteuerungsanzeige auf der App kann mit einem externen Mikrofon auch wirklich im Blick bleiben.
Nutzen Sie während des Gesprächs einen Kopfhörer, hören Sie genau, was tatsächlich aufgenommen wird, und Sie erkennen störende Geräusche sehr viel deutlicher als ohne Kopfhörer. Auch den Klang des Raums nehmen Sie deutlicher wahr, wenn Sie ihn direkt auf den Ohren haben. Eine leichte Windbrise bemerken Sie beispielsweise ohne Kopfhörer vielleicht nicht, aber sie ruiniert dennoch Ihre Aufnahme.
Wenn Sie Ihr Smartphone aufrüsten, dann prüfen Sie, ob dieses eine ausreichende Anzahl an Buchsen hat, damit Sie sowohl einen Kopfhörer als auch ein Mikrofon damit verbinden können. Alternativ nutzen Sie kabellose Geräte – oder Sie schaffen sich noch einen Adapter an.
Weitere kleine Helferlein für die professionelle Audioaufnahme können eine Powerbank und ein zusätzlicher Speicherstick sein. Eine Powerbank sorgt dafür, dass Ihnen beim Recording nicht der Saft ausgeht. Mit einem zusätzlichen Speicherstick kann jedes Gespräch auch mal länger werden. Denken Sie aber daran, dass Ihnen diese Tools gegebenenfalls den Anschluss für Mikro und Kopfhörer blockieren.
Fazit
Das Smartphone zeigt sich als Aufnahme-Tool als ernstzunehmende Alternative zu digitalen Recordern oder anderem mobilen Aufnahmeequipment. Beachten Sie bei der Wahl der Recording-App, dass sie über eine gut sichtbare Aussteuerungsanzeige verfügt und der Pegel des eingehenden Signals einstellbar ist. Die App soll unkomprimierte Formate aufzeichnen können; in der Regel ist dies das WAV-Format. Wenn Sie außerdem Ihre Aufnahme noch „on the way“ bearbeiten können, dann erstellen Sie nicht nur professionelle Audios mit dem Smartphone, sondern sparen Zeit mit einem effektiven Workflow.
Die vorgestellten Apps können Sie kostenlos testen. Entscheiden Sie sich für Hindenburg, ist der Hindenburg Field Recorder kostenpflichtig. Probieren Sie sie einfach einmal aus und schauen Sie, welche Ihr Favorit werden kann – und welches zusätzliche Equipment die mobile Aufnahme noch leichter und besser macht.
Titelillustration: Esther Schaarhüls
Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).
Die Autorin Brigitte Hagedorn ist seit 2003 in Sachen Audio unterwegs. Sie unterstützt Trainer*innen, Berater*innen, Therapeut*innen und Coaches sowie Organisationen bei der Realisierung ihrer Podcast-
Projekte mit Rat und Tat. Sie ist zertifizierte Erwachsenenbildnerin, Autorin (Audiobearbeitung mit Audacity, Podcasting), Bloggerin und Podcasterin. Mehr finden Sie unter www.audiobeitraege.de.