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„Das Beste, was mir in meiner Karriere passiert ist“

Interview mit Karsten Lohmeyer zum zweijährigen Jubliläum von "Lousy Pennies"

Happy Birthday! Vor zwei Jahren, am 5. Dezember 2012, gründete der Journalist Karsten Lohmeyer die Plattform „Lousy Pennies“, die sich um das Thema „Geldverdienen mit Journalismus im Netz“ dreht. Mittlerweile, zwei Jahre später, ist das Blog ein fester Bestandteil der medienjournalistischen Debatte. Im Interview mit dem „Fachjournalist“ zieht Karsten Lohmeyer eine vorläufige Bilanz seines Projekts. Außerdem spricht er über die Vorteile des Bloggens, den Nutzen sozialer Medien und die künftige Entwicklung des Onlinejournalismus.

Herr Lohmeyer, als Sie vor zwei Jahren „LousyPennies.de“ gegründet haben: Wie sicher waren Sie sich damals, dass das Konzept Ihres Blogs – die Fokussierung auf das Thema „Geldverdienen mit Journalismus im Netz“ – aufgehen würde?

Darüber habe ich zu Beginn gar nicht groß nachgedacht. Mit dem Blog habe ich aus Spaß am Schreiben und Interesse am Thema angefangen.

Auf den Namen „Lousy Pennies“ bin ich durch einen Vortrag von Richard Gutjahr gekommen, den ich seit unserer gemeinsamen Zeit an der Deutschen Journalistenschule kenne. Er hat die ganze Zeit über „Lousy Pennies“ geredet. Und da es ein Hobby von mir ist, spannende Webadressen zu sichern, habe ich gleich am nächsten Tag zugeschlagen und mir die Domain geschnappt.

Ihr Blog ist mittlerweile etabliert. Wie viele Besucher verzeichnet Lousy Pennies im Monat?

Das ist sehr abhängig davon, was wir posten und wie viel wir posten. Im Schnitt verzeichnen wir zwischen 30.000 und 60.000 Seitenabrufe (Page Views) im Monat.

Wie viel Zeit stecken Sie durchschnittlich pro Woche in das Projekt?

Alles in allem, mit den sozialen Netzwerken, in etwa ein bis zwei Stunden täglich. Da ich noch viele andere Projekte habe, kann es passieren, dass das Blog mitunter etwas brach liegt. Aber dann packt mich wieder schnell die Lust am Bloggen und ich schreibe einen neuen Beitrag.

Sie arbeiten seit Kurzem als Editorial Director für The Digitale, dem Content-Marketing-Dienstleister der Deutschen Telekom. Was bedeutet das für Lousy Pennies?

Es wurde mir vertraglich zugesichert, dass ich Lousy Pennies weiter betreiben kann. Mein neuer Arbeitgeber sieht das Bloggen als „Asset“. Er findet es gut, einen Editorial Director zu haben, der seine eigene Meinung in einem Blog verbreitet.

Lousy Pennies dreht sich ums Geldverdienen mit Journalismus im Netz. Was sind die Einnahmequellen von Lousy Pennies?

Zum einen haben wir zwei Sponsoren – Zeiss Digitale Brillengläser und Exali, ein Anbieter von Media-Haftpflichtversicherungen. Beide zahlen einen monatlichen Betrag, den ich leider nicht nennen darf. Das andere Standbein sind Seminare zum Thema „Bloggen“, die ich zusammen mit Stephan Goldmann (Anm. d. Red.: Mitbetreiber von Lousy Pennies) im Presseclub München veranstalte. Außerdem erhalten wir Honorare für Vorträge.

Können Sie von den Einnahmen, die das Blog abwirft, leben?

Nein, aber wenn ich der klassische freie Journalist wäre, wäre es ein sehr gutes Zubrot. Mein Kompagnon Stephan Goldmann kann aus der Kombination seiner drei Blogs Triathlon-Tipps.de, myhighlands.de und Lousy Pennies inzwischen ganz gut leben.

Wie fällt Ihre Bilanz nach zwei Jahren Lousy Pennies aus?

Durchweg positiv. Es gab natürlich Ups und Downs. Aber heute kann ich sagen, dass Lousy Pennies das Wichtigste und Beste war, was mir in meiner ganzen Karriere passiert ist. Der neue Job als Editorial Director bei The Digitale, bei einem komplett digitalen Unternehmen, hat sich allein durch Lousy Pennies ergeben. Natürlich hat auch eine Rolle gespielt, dass ich seit 20 Jahren als Journalist tätig bin, aber die mit Lousy Pennies erfolgte Digitalisierung hat direkt zu meinem neuen Job geführt.

Vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrung: Welche Tipps können Sie anderen Journalisten geben, die ebenfalls Bloggen wollen?

Allen Printjournalisten kann ich nur raten: Digitalisiert euch, lernt mit dem Internet umzugehen und es zu verstehen. Es ist nie zu spät, mit dem Bloggen anzufangen. Der älteste Teilnehmer an unseren Blogger-Seminaren war 78.

Jeder Journalist, der mit dem Bloggen beginnt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er nicht schnell viel Geld verdienen wird. Man muss bei den Monetarisierungsmöglichkeiten kreativ sein und bereit sein, neue Wege zu gehen. Wichtig ist, das Blog als persönliches Marketinginstrument zu begreifen, worüber man wiederum an andere gut bezahlte Jobs gelangt. Ich selbst habe über mein Blog viele Aufträge bekommen. So ein Blog ist letztlich nichts anderes als ein großes Bewerbungsschreiben.

Viele Journalisten, die im Internet erfolgreich sind, haben sich auf ein bestimmtes Fach- und Themengebiet spezialisiert. Wie findet man eine Nische, die noch nicht oder kaum besetzt ist?

Das beste Thema ist das, das einen persönlich interessiert und betrifft. Stichwort: Das Hobby zum Beruf machen. Das kann alles Mögliche sein, wichtig ist nur, dass Herzblut dahintersteckt.Man sollte nicht verkrampft nach einer Nische suchen. Außerdem gibt es immer noch Nischen in der Nische. Wenn ich jemanden Anfang Dezember 2012 erzählt hätte, dass ich ein großes, erfolgreiches Medienblog gründen möchte, hätten mich alle ausgelacht und gesagt, dass das nicht funktionieren wird, weil es schon so viele davon gibt. Dennoch haben wir mit Lousy Pennies unsere Nische gefunden und diese erfolgreich ausgefüllt. Das heißt: Das Argument, „das gibt’s ja schon“, gilt nicht, es geht um den persönlichen Ansatz und die Frage, wie ich damit erfolgreich werden kann.

Inwieweit sich Journalisten als Marke verstehen sollten, wird in der Medienwelt mitunter immer noch kontrovers diskutiert. Was ist ihre Meinung dazu?

Wenn ich über Marken spreche, muss nicht unbedingt der Journalist gemeint sein. Ein schönes Beispiel hierfür ist der „Postillon“: Der Postillon ist eine Marke, aber Stefan Sichermann, der das Portal betreibt, ist keine Marke und möchte es auch nicht sein. Es ist eine persönliche Entscheidung, ob man sich als journalistische Marke positioniert. Aber das konsequent abzulehnen, ergibt meiner Meinung nach überhaupt keinen Sinn. Im Gegenteil: Es kann für sehr viele Kollegen bei der Suche nach Auftraggebern äußerst lohnenswert sein, sich als Marke zu positionieren.

Für den Markenaufbau spielen die sozialen Medien eine wichtige Rolle. Werden diese von vielen Journalisten noch zu passiv genutzt?

Das Spannende ist, dass viele Journalisten überraschenderweise sehr viele Vorbehalte gegenüber den sozialen Medien haben. Dabei sind die sozialen Medien meiner Ansicht nach eine der wichtigsten Erfindungen für den Journalismus schlechthin, denn sie sind ideale Werkzeuge zur Vernetzung, Kommunikation mit Lesern und Informanten, zum Geschichtenfinden, zur bereits genannten Markenbildung und zur Verbreitung der eigenen Stories. Sie sind gerade dabei den Journalismus zu revolutionieren und ihm durch ihre Interaktivität und die viralen Effekte eine völlig neue Dimension zu geben. Deshalb sollte sich jeder Journalist damit beschäftigen, wie er soziale Medien als professionelles Werkzeug nutzen kann.

Konsequent auf die sozialen Netzwerke setzen neue Portale wie die Huffington Post, Buzzfeed oder Heftig. Welche Schlüsse können andere Medien daraus ziehen?

Wenn man sich anschaut, wie stark der Social Traffic bei diesen Portalen ist, muss man sich als Medium oder Journalist fragen: Was kann ich davon lernen und wie kann ich das auf meine persönliche Art des Journalismus übertragen?

Die Macher der Seiten haben das erkannt, was auch jeder Print-Journalist wissen sollte: Wenn ich etwas anbiete, was meine Leser immer wieder begeistert, werde ich Erfolg haben. Diese Begeisterung drückt sich heute in Likes, Shares und Tweets aus. Was man auch lernen sollte: Technologie nimmt eine immer wichtigere Rolle ein. Buzzfeed zum Beispiel ist kontinuierlich am Ausprobieren und Entwickeln neuer Methoden, den Leser noch besser zu erreichen – und damit vielen etablierten Medien technologisch um Lichtjahre voraus.

2014 gab es eine Gründerwelle im Journalismus. Welche journalistischen Start-ups haben Sie nachhaltig beeindruckt?

Da fallen mir im deutschen Sprachraum zwei Projekte ein: Zum einen watson.ch aus der Schweiz (Anm. d. Red.: Ein Schweizer Newsportal, das am 22. Januar dieses Jahres online ging.). Einfach, weil da jemand mit sehr viel Geld beschlossen hat, ein neues journalistisches Portal hochzuziehen und man sich fragt, warum es so etwas in Deutschland nicht gibt. Die Schweizer Kollegen probieren dabei vom Storytelling bis hin zu den berüchtigten Buzzfeed-Listen sehr viel aus, kooperieren mit Spiegel Online, bieten ein zeitgemäßes Webdesign und setzen auf die sozialen Medien.

Zum anderen die Krautreporter: Die haben zwar aus meiner Sicht bei ihrer Kampagne viel falsch gemacht, weil sie mit der Attitüde „Wir erfinden den Journalismus neu“ sehr arrogant und gleichzeitig auch sehr unemotional rübergekommen sind. Trotzdem haben sie nicht nur eine wirklich spannende Autorentruppe zusammengetrommelt, die jetzt beweisen darf, ob sie ihr Geld Wert ist. Ich lese jede Woche mindestens eine Geschichte auf Krautreporter, bei der ich mir denke: dafür habe ich gerne gezahlt. Spannend dürfte werden, ob sie das zweite Jahr auch finanziert bekommen.

Apropos Krautreporter. Crowdfunding-Projekte waren in diesem Jahr sehr populär – ist das die Zukunft des Journalismus?

Crowdfunding hat sich im Journalismus bereits eine relative feste Position erarbeitet, momentan wird es allerdings eher noch für singuläre Projekte eingesetzt. Die Idee, sich als Journalist seine Arbeit direkt von seinen Lesern bezahlen zu lassen, finde ich aber unglaublich faszinierend. Dafür gibt es viele positive und erfolgreiche Beispiele; etwa das Projekt Brafus 2014, bei dem Kai Schächtele und Co. ihre Brasilien-Reportagen durch Spenden finanzierten.

Allerdings ist „Spenden“ schon das falsche Wort. Als Journalist von Spenden abhängig zu sein, ist eigentlich traurig. Lassen Sie es uns also lieber angemessen Bezahlung für journalistische Arbeit nennen. Dafür muss man aber etwas abliefern, das in den Augen seiner Leser so viel Qualität bietet, dass sie bereit sind, zu zahlen.

Welche Entwicklungen im Onlinejournalismus erwarten Sie für das kommende Jahr?

Ein großes Thema werden Bezahlmöglichkeiten. Ich merke jetzt bereits, dass viele Leser genug haben von Werbe-Bannern und lieber für guten Journalismus zahlen. Modelle wie Laterpay werden in den Mittelpunkt rücken. Ganz stark wird darüber hinaus der Bereich Sponsoring/Native Advertising wachsen. Allein schon deshalb, weil viele Banner kaum mehr geklickt oder durch Adblocker ausgeblendet werden. Vor Kurzem hat beispielsweise Sascha Pallenberg angekündigt, dass seine Seite „Mobile Geeks“ ab dem kommenden Jahr auf Bannerwerbung verzichten wird. Das ist eine spannende Entwicklung.

Als dritten großen Trend sehe ich das Content Marketing, in dem ich ja nun selbst tätig bin: Immer mehr Journalisten werden den Verlagen – freiwillig oder gezwungener Maßen – den Rücken kehren und für andere Arbeitgeber tätig sein, die nicht aus der klassischen Verlagslandschaft kommen. Man kann und darf sich darüber streiten, ob das dann noch Journalismus ist. Aber mit journalistischem Handwerkszeug wird hier auch gearbeitet.

Herr Lohmeyer, vielen Dank für das Gespräch.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Karsten LohmeyerKarsten Lohmeyer (Jahrgang 1972) ist seit Kurzem Editorial Director bei The Digitale, dem Content-Marketing-Dienstleister der Deutschen Telekom. Daneben ist er weiterhin Teilhaber der Agentur Hagen+Pollmeier Corporate Publishing. Lohmeyer ist darüber hinaus als Journalismus-Dozent und Social-Media-Trainer tätig, er unterrichtet u. a. an der Deutschen Journalistenschule und der Universität Passau. Er twittert unter @LousyPennies und ist zudem unter Facebook.com/Lousypennies zu erreichen.

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