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Der freie Fotojournalist als Dienstleister im Industriebereich

Ohnehin prekäre Berufsbedingungen und begrenzende Lockdown-Folgen zwingen nicht wenige freie Bildjournalisten dazu, sich Gedanken über neue Einnahmequellen zu machen. Follow the money: Wo gibt es noch Geld zu verdienen, wo besteht Bedarf an hochwertigen Bildern und Videos? Derzeit geht es der Baubranche recht gut in Deutschland, viele Auftragsbücher sind aktuell voll. Und nicht wenige Architektur- und Ingenieurbüros sowie Bauträger haben Bedarf an visuell ansprechenden Projektdokumentationen oder Unterstützung bei der Social-Media-Arbeit.

In der Baubranche geht es nicht – wie bei vielen Online-Shops – um die rasche Steigerung der Conversion Rate (CR, auch CRV), sondern um den langfristigen Aufbau von Reichweite. Ziele sind die Markenbildung, die Kundenpflege, die Mitarbeiterbindung und die Personalgewinnung. Gerade jüngere Bewerber orientieren sich bei der Suche nach dem passenden Arbeitgeber oftmals an seinem Webauftritt und fordern eine moderne Bildsprache – in Zeiten des Fachkräftemangels ein entscheidendes Kriterium, um nachhaltig gute Mitarbeiter zu gewinnen. Denn viele Angestellte beobachten sehr wohl den Internetauftritt und die Social-Media-Aktivitäten ihres Arbeitgebers und nicht wenige fürchten sogar um den eigenen Marktwert, sollte das Firmenimage nicht zeitgemäße Wertvorstellungen spiegeln.

Die Macht der eigenen Marke

Viele Freiberufler im Medienbereich investieren wie selbstverständlich Zeit in das eigene Personal Branding. Die eigene Marke ist auch für Auftraggeber in der Baubranche indirekt ein Instrument zur Kundengewinnung. Die bewusste Sichtbarkeit erhöht den Bekanntheitsgrad und verbessert das eigene Ansehen: Mithilfe dieser neuen Präsenz wird Vertrauen gewonnen – persönliche Botschaften und hochwertige Arbeitsproben verbreiten Sympathie und Kompetenz.

Bildjournalisten und Multimedia-Produzenten mit Fokussierung auf ein journalistisches Genre oder Format gelten hier als Spezialisten, die für die gesuchte Expertise stehen und sich spitz positionieren können. Gutes Personal Branding benötigt Zeit und einen spannenden Content-Mix, weil es stets um den Aufbau von Vertrauen geht. Jede Veröffentlichung muss mit Bedacht gewählt werden und dem authentischen Markenaufbau dienen. Hier ist auch die menschliche Seite zu berücksichtigen – und insbesondere das Stiften von Mehrwert für die Community.

Die Aufgaben der Dienstleister

Klassische Aufgaben für freie oder fest angestellte Dienstleister in diesem Bereich sind

  • die Betreuung der Website (WordPress, TYPO3, JOOMLA),
  • die Mitentwicklung von Kommunikationskonzepten zum Thema Innovations- und Digitalisierungsprojekte,
  • die Anleitung von Freiberuflern,
  • der Gebrauch verschiedener Kamerasysteme für die Foto- und Videodokumentation, einschließlich Drohnenaufnahmen,
  • die Vertonung der Videoaufnahmen und die Gestaltung von thematisch passenden Podcasts,
  • das Erstellen von Mitarbeiterfotos,
  • die Unterstützung der Personalabteilung beim Recruiting via Social Media sowie
  • der Aufbau und die Bespielung gängiger Social-Media-Kanäle wie Instagram, Twitter, Facebook, YouTube oder auch Newsletter.

Hier sind Fingerspitzengefühl, spezifische Branchenkenntnisse und Erfahrungen im Projektmanagement von Vorteil.

Postproduktion von Bild- und Videodateien

Bei der Postproduktion der Bild- und Videodateien werden unterschiedliche Kanäle wie YouTube und Instagram (max. 1 Minute Laufzeit bei Videos möglich) bedacht.

Ein Imagefilm ist früher oder später unerlässlich, also sollte man auch mit dem Einsatz von Mikrofonen, der 5-Shot-Regel (Schnittbilder), Dreipunktbeleuchtung sowie Interview-Techniken vertraut sein. Die Fragen für das Storyboard lauten: Wer steckt dahinter? Was ist der Antrieb?

Man inszeniert Herstellungsprozesse und Projekterfolge, zeigt die verantwortlichen Persönlichkeiten in authentischer Macherpose und betont das Besondere des Angebots mit moderner Bildsprache und spannender Erzählstruktur. Es gilt, die Problemlösungsfähigkeit des Auftraggebers vor Augen zu führen und den Kundennutzen zu definieren – Märkte sind Gespräche und Veränderungen. Untertitel gewährleisten hierbei, dass sich User den Clip auch ohne störenden Ton tagsüber im Büro ansehen können.

„On Air“: Livestreaming und anderes

Mit der freien Software OBS gelingt nicht nur das Livestreaming mit Einspielern von Veranstaltungen via Streaming-Plattformen wie YouTube oder Twitch, sondern auch das Abfilmen von 3-D-Animationen und hauseigenen Tutorials auf dem Computer-Bildschirm (Film Screen) oder das Remixen von mkv-Dateien in mp4-Dateien. Mit dem VLC-Player hingegen – das ist freie Mediaplayer-Software – können diverse Videocodecs abgespielt und in gängige Formate konvertiert werden.

Bei OpenPr.de lassen sich kostenlos Pressemitteilungen veröffentlichen. Redakteure von Fachmagazinen freuen sich über innovative Themenvorschläge oder exklusive Interviews mit außergewöhnlichen Protagonisten wie Berufstauchern oder preisgekrönten Entwurfsarchitekten, die dort eingestellt werden können.

Via Instagram lassen sich mit dem Smartphone handgefilmte IG-Storys als Büro- oder Baustellen-News veröffentlichen, aber auch Live-Talks mit der Community veranstalten.

Es geht auch hier um Inspiration, Vertrauensaufbau und Trendsetting – wer möchte dabei nicht Erfolg haben? Je mehr Interaktion die Kanäle aufweisen, desto besser ist das Ranking der eigenen Inhalte. Ein Karussell-Post kann bis zu zehn Bilder enthalten, was wiederum die Verweildauer erhöht, ähnlich wie eine Kombination aus Fotos und Videos. Wer sich vorausschauend verschiedene Hashtag-Wolken via Tagsfinder.com anlegt, hat für alle Fälle vorgesorgt. Empathische Bildunterschriften mit ausreichend Projektinformationen ergänzen die hochwertige Bildsprache in journalistischer Qualität.

Drohneneinsatz

Der Drohneneinsatz ist gerade für die Dokumentation von Baustellen sehr effektiv: Ein Kameraflug im Filmmodus wie im Kino erfordert zwar etwas Übung, aber es bieten sich auch andere spannende Motive an.

Drohnenaufnahmen einer anderen Fotodrohne während des Lufteinsatzes sehen sehr eindrucksvoll aus. Diese können erstellt werden, indem man eine zweite Drohne über den ersten Kopter fliegt, dort platziert und dann die aufgehängte Kamera per Einstellrad auf die senkrechte Totale justiert. Im Ergebnis sieht man auf dem Display dabei von oben auf die rotierenden Propeller der ersten Drohne, die im Idealfall über einer spektakulären Landschaft schwebt oder auch noch zusätzlich die beteiligten Drohnenpiloten unten am Boden zeigt – eine Art „Making-of“ für Industriefilmer.

Ein anderes mögliches Motiv könnte ein Gegenlicht-Shot mit 400 mm Brennweite vom Boden gen Himmel sein, das zwei unterschiedlich große Drohnen schwebend vor der Sonne zeigt: „Krieg der Sterne“ lässt grüßen. Das Problem dabei ist: Höhenunterschiede und Seitenabstand lassen sich nur mit viel Übung ohne Crash einrichten und beibehalten, denn von der Beobachterposition am Boden erscheinen diese Maße vollkommen anders und auch ein gut ausgeleuchtetes Display ist keine Garantie für korrekte Anzeigen.

Eine andere Variante ist der Einsatz eines Freedom360-Rigs – eine Art schwebendes Würfelgehäuse mit mehreren GoPro Hero4-Kameras. Er stammt aus dem Hause GoPro und liefert atemberaubende 360-Grad-Filme – ohne toten Punkt – oder übereinandergelegte Panoramabilder („Snitching“), die auf dem Bildschirm später vom Betrachter per Mausklick perspektivisch verschoben werden können. Das Eigengewicht des Gehäuses samt der GoPro-Kameras sollte natürlich von der eingesetzten Drohne noch sicher getragen werden können, ohne dass eine Unfallgefahr besteht. Auch hier gilt: Dem kreativen Einsatz von Drohnen sind kaum Grenzen gesetzt, zumal viele Vermesser und Ingenieurbüros bereits mit dieser fliegenden 360-Grad-Technik arbeiten.

Der Workflow ist einfach: Die meisten Drohnen haben einen Slot mit Abdeckung für handelsübliche Mini-SD-Speicherkarten, sodass man nach Flugende die Bilddaten mit einem Kartenlesegerät rasch auf einen PC zur Kontrolle und Bearbeitung übertragen kann. Einige Navigations-Apps speichern ebenfalls bis zu einem gewissen Volumen Foto- und Videodateien, andere ermöglichen sogar den unkomplizierten Transfer zu Instagram oder Facebook.

Was aber immer bedacht werden sollte: Drohnen benötigen eine Art Start- und Landefeld, um Schäden an der kardanischen Kamera-Aufhängung und an den empfindsamen Propellern zu vermeiden. Aus diesem Grund eignet sich der freie Acker für das Flugtraining nur bedingt. Kreative Drohnenpiloten starten und landen daher auf mitgebrachten Fotokoffern, Tapeziertischen, Holzplatten oder auch einer Lage Kunstrasen aus dem Baumarkt.

Fazit

Die beruflichen Möglichkeiten für Bildjournalisten in der freien Wirtschaft sind durchaus vielfältig. Voraussetzung für diese Neuorientierung am Markt ist ein tiefes Verständnis für die Belange des Auftraggebers, das Erlernen neuer Fähigkeiten, ein reflektiertes Mindset, gelungenes Networking – Kontakte schaffen Empfehlungen – und die richtige Art der Kommunikation. Aus der Kombination „Expertenwissen und Networking“ resultieren durchaus solide Jobs mit hoher Existenzsicherheit.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Der Autor Ralf Falbe arbeitet seit März 2021 als festangestellter Social Media Consultant. Davor war er als freier Bildjournalist, Videographer und Reporter tätig, mit Veröffentlichungen u. a. in Stern, F.A.Z. und Sueddeutsche.de. Auszeichnungen: Journalistenpreis Irland 2016 (Kategorie Online – Top 10), Bronze Winner International Photo Award IPA Philippines 2016 (Kategorie Kinder), Nominierung für den PR-Bild Award 2015, 2017, 2018 (Kategorie Tourismus, Freizeit, Sport). Mitglied beim DFJV und AK Baufachpresse. Weitere Informationen zu seiner Person unter www.ralffalbe.com.

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