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Filmkritik zu „Capote“ und „Kaltes Blut“: Mord, Wahrheit und Dichtung

Gleich zwei Filme widmeten sich in den 2000er-Jahren der problematischen Entstehungsgeschichte um den Tatsachenroman „Kaltblütig“, der bis heute im erzählenden Journalismus nachwirkt.

Es war zweifellos ein erschütterndes Verbrechen, über das die New York Times in der Ausgabe vom 16. November 1959 berichtete: Im 300-Seelen-Dorf Holcomb im US-Bundesstaat Kansas wurden der wohlhabende Weizenfarmer Herbert Clutter, seine Ehefrau Bonnie und die gemeinsamen Kinder im Teenager-Alter, Nancy und Kenyon, in ihrem Haus durch aus kurzer Entfernung abgefeuerte Schüsse ermordet – und dies scheinbar völlig motivlos. Dennoch bleibt die Frage, ob über dieses Verbrechen heutzutage noch geschrieben und spekuliert und ob es noch fiktionalisiert würde, hätte nicht ein gewisser Schriftsteller den eingangs erwähnten Artikel der New York Times mit großem Interesse gelesen.

Schon einige Zeit hatte Truman Capote – damals bereits bekannter Autor von Romanen wie Frühstück bei Tiffany (1958) – nach einem Thema für eine ausladende Reportage gesucht, in der er eine wahre Begebenheit mit seiner literarischen Finesse bearbeiten konnte. Wie Gerald Clarke in seiner Biografie „Truman Capote. Eine Biographie“ (1988) schrieb, hatte Capote die reine Fiktion schon länger als Sackgasse empfunden und seine Hinwendung zur Reportage mit den Worten erklärt: „Ich mag das Gefühl, dass etwas unabhängig von mir und um mich herum geschieht und ich nichts dagegen tun kann. Ich möchte, dass die Wahrheit die wirkliche Wahrheit ist, so dass ich sie nicht ändern kann.“

1958 hatte er eine umfangreiche Reportageserie für den New Yorker über die Tournee einer amerikanischen Opernproduktion durch die damalige Sowjetunion geschrieben. Aber im grausamen Mord an den Clutters fand er den zeitlosen Stoff, nach dem er schon länger gesucht hatte. Und im Verlauf seiner monatelangen Recherchen wurde aus der anfangs angedachten längeren Reportage ein weitaus größeres Vorhaben. „Kaltblütig“ (im Original: „In Cold Blood“) hieß das Buch, das 1966 erschien und den Untertitel „Wahrheitsgemäßer Bericht über einen mehrfachen Mord und seine Folgen“ trug.

Noch interessanter als dieser Untertitel war das Genre, das Capote nach eigener Auffassung mit diesem Werk neu erschaffen hatte: eine „nonfiction novel“, einen Tatsachenroman, der die Faktenorientierung des Journalismus mit literarischen Erzähltechniken verband.

Ein Urteil, zwei Plädoyers

Knapp 40 Jahre später warfen zwei Spielfilme ein kritisches Licht auf die Entstehungsgeschichte von „Kaltblütig“: Bennett Millers erfolgreiches Biopic Capote (2005) und das weniger bekannte Drama Kaltes Blut – auf den Spuren von Truman Capote (2006, im Original: Infamous) von Douglas McGrath. Beide Filme beginnen mit Capotes Entdeckung des Artikels in der New York Times und zeigen dann die intensive, monatelange Vor-Ort-Recherche in Holcomb, die er gemeinsam mit Nelle Harper Lee, seiner Freundin aus Kindheitstagen und ebenfalls Schriftstellerin („Wer die Nachtigall stört“), durchführte. Sie fokussieren schließlich Capotes Gespräche und Korrespondenz mit den beiden gefassten Tätern Richard Hickock und Perry Smith bis zu deren Exekution 1965. Sowohl Capote als auch Kaltes Blut fällen ein harsches Urteil über den Schriftsteller, Journalisten und Menschen Truman Capote, rücken dabei aber unterschiedliche Aspekte in den Vordergrund.

So orientierte sich Kaltes Blut an der Capote-Biografie von George Plimpton, „Truman Capotes turbulentes Leben“ (1997), die auf Gesprächen mit zahlreichen Angehörigen der illustren New Yorker Gesellschaft der 1960er-Jahre beruhte, etwa mit der Moderedakteurin Diana Vreeland oder dem Schriftsteller Gore Vidal, Capotes lebenslange Nemesis. Die filmische Schilderung der Entstehung von „Kaltblütig“ ist dabei unterbrochen von scheindokumentarischen Interviewpassagen, in denen diese schillernden Persönlichkeiten von sehr bekannten Schauspielern verkörpert werden, unter anderem von Sigourney Weaver, Sandra Bullock und Isabella Rossellini. Dem so fokussierten Hang zu Lästereien innerhalb der New Yorker Upper Class entsprechend nimmt Kaltes Blut einen leicht satirischen, spottenden Tonfall an, der vom einfachen, ernsten Leben im ländlichen Holcomb konterkariert wird. Trotz dieses Staraufgebots, eines höheren Budgets und einer beschwingten Herangehensweise an den Stoff floppte Kaltes Blut an den Kinokassen.

Dies lag nicht nur daran, dass der Film Capote, der sich dem ebengleichen Thema widmete, ein Jahr zuvor erschienen war. Es lag auch an der enormen Schauspielleistung des Charakterdarstellers Philip Seymour Hoffman, der für seine Darbietung unter anderem den Golden Globe und den Oscar erhielt. Im Vergleich zu Toby Jones, der Capote in Kaltes Blut verkörpert und dem Original durch seine kleine Statur und kindliche Stimmlage naturgemäß gleicht, hatte Hoffman äußerlich fast gar nichts mit Capote gemein. Er ließ dies aber durch seine intensive Darstellung so weit in den Hintergrund treten, dass selbst der Capote-Biograf Gerald Clarke, der den Autor persönlich kannte, von einer „Wiederauferstehung“ des Schriftstellers auf der Leinwand sprach. Das Drehbuch zu Capote orientierte sich vordergründig an Clarkes Biografie und setzte weniger auf die Kontrastierung vom beschwingten New York und tristen Holcomb, sondern auf eine durchgängige Düsternis, die die Entstehungsgeschichte von Kaltblütig umgab.

Filmausschnitt zu Capote:

Capote: Genie und Grausamkeit

Ein Sturm, der sich über einem Weizenfeld zusammenbraut, bedächtig gespielte Klaviernoten, unheilvolle Streicher leiten die Eröffnungsszene von Capote in, in der die junge Laura (Allie Mickelson) in den frühen Morgenstunden das Haus der Clutters betritt und die Leiche ihrer besten Freundin Nancy entdeckt. Der Mord setzt die ernste Stimmung für alles Folgende, egal wie amüsant es auf den Partys vor sich geht, auf denen wir Truman Capote (Philip Seymour Hoffman) seine Freunde und Bekannten mit Anekdoten und Lästereien bespaßen sehen. Das hier präsentierte New York der verrauchten Bars und gedrängten Abendgesellschaften ist elegant, stets angeheitert und wiegt sich sanft zu Jazzmelodien. Doch sowohl hier als auch im vom Mord erschütterten Holcomb setzt Regisseur Bennett Miller auf entsättigte Farben und einfache, in ihrer stillen Klarheit mitunter bestürzende Bilder. Diese begegnen uns, nachdem Truman den Artikel in der New York Times gelesen hat und mit seiner Freundin Nelle (Catherine Keener) nach Holcomb reist, um zu dem Mordfall zu recherchieren. Seine Recherche führt ihn unter anderem zum Bestattungsinstitut, in denen die Leichen der Clutters in vier Särgen aufgebahrt sind. Truman öffnet einen der Särge, blickt hinein, hält inne, blickt lange weg, ohne sich zu rühren, bis uns die Kamera zeigt, was er sieht.

„Es tröstet mich. Etwas so Grauenvolles … es ist eine Erleichterung. Das normale Leben fällt weg“, schildert er seinem in New York verbliebenen Lebensgefährten Jack Dunphy (Bruce Greenwood) später am Telefon. Was man als aufrichtiges, persönliches Bekenntnis Trumans werten kann, ist zugleich eine kühle Analyse dessen, was den vielleicht zentralen Reiz am sogenannten True-Crime-Genre ausmacht. Bis in die 1960er-Jahre hinein und sehr wahrscheinlich bis zum Erscheinen von Capotes Tatsachenroman waren detailreiche Schilderungen wahrer, blutrünstiger Verbrechen in den USA vor allem in Groschenheftchen zu finden und weit davon entfernt, in ernsthaften Büchern, Filmen, Dokumentarserien und Podcasts verarbeitet zu werden, die dann wiederum im Feuilleton besprochen werden, wie es seit einigen Jahren der Fall ist. Der stern und die ZEIT haben dem True-Crime-Phänomen eigene, überaus erfolgreiche Magazine gewidmet. Durch diese Ankunft im seriösen Journalismus scheint das Genre auch hierzulande jegliche Anrüchigkeit verloren zu haben.

Und doch ist da dieses gewisse Unwohlsein, wenn man solch detailreiche Aufarbeitungen von echten Mordfällen liest. Dies hat unter anderem, wie Capote zeigt, mit der Frage zu tun, mit welchen Mitteln der Journalist während seiner Recherchen an alle Details des Tathergangs und auch an persönliche Hintergrundinformationen zu Opfern und Tätern kommt, um seine Geschichte emotional aufzuladen. In Capote ist es eine gewisse Gabe zur Manipulation, die Truman wiederholt seinem Ziel einer wirklich eingängigen Reportage näherbringt. Kritisch beäugt ihn Nelle, die hier eine Art Zuschauergewissen personifiziert, dabei, wie er etwa im Gespräch mit Laura seine eigene Verletzlichkeit und sein Außenseitertum zur Schau stellt, um ihr mehr Informationen über ihre ermordete Freundin Nancy zu entlocken. Auf diese Weise überzeugt er auch den ermittelnden Detektiv Alvin Dewey (Chris Cooper), ihm die grausigen Tatortfotos zu zeigen. Dies alles ist in Capote allerdings nur das Vorgeplänkel für die wahre manipulative Macht, die Truman ausübt, nachdem die beiden Täter gefasst werden.

In Perry Smith (Clifton Collins Jr.), einem der Kunst zugewandten, sensibel erscheinenden und früh auf die schiefe Bahn geratenen 31-Jährigen, erkennt Truman, der aus ebenfalls turbulentem Hause stammte, teilweise sich selbst wieder und weiß das gekonnt zu nutzen. Über Jahre gaukelt er dem zu Tode verurteilten Perry vor, sein verständnisvoller Freund zu sein, nur um an dessen Schilderung des Tathergangs zu kommen. Als er diese hat, ist das Letzte, das Truman zur Vollendung seiner großen nonfiction novel fehlt, ein Schluss. Und dieser muss zur zentralen These seines Werks passen, die er an einer Stelle einem Journalisten mitteilt: „In diesem Land existieren zwei Welten. Die heile, konservative Welt und die Welt jener beiden Männer – der Bodensatz, das kriminell Gewalttätige. Und diese beiden Welten konvergierten in jener blutigen Nacht.“

Capote deutet im weiteren Verlauf immer stärker an, dass Truman dieses passende Ende nur in der Exekution von Richard und Perry sieht. Zum Filmende steht der klare Vorwurf im Raum, dass Truman zumindest hätte versuchen können, die Hinrichtung der beiden zu verhindern, etwa, indem er ihnen gute Anwälte beschafft. An dieser Einsicht, so suggeriert Capote mit dem Abspann, sei Truman, der nach „Kaltblütig“ nie wieder einen Roman zustande brachte und 1984 an den Folgen seines Alkoholismus verstarb, schließlich zerbrochen.

Ein Schluss, der sich selbst wiederum gut in die filmeigene Interpretation vom Aufstieg und Fall des Schriftstellers einfügt. Capote endet mit einem Zitat, das Truman Capote zeitlebens für ein eigenes Romanprojekt gebrauchen wollte: „Es werden mehr Tränen über erhörte Gebete vergossen als über nicht erhörte.“

Trailer zu Kaltes Blut:

Kaltes Blut: zurechtgebogene Fakten, verborgene Sensibilität

Auf diesen der spanischen Kirchenlehrerin Teresa von Avila zugesprochenen Satz rekurriert auch Kaltes Blut immer wieder. „Answered Prayers“ kritzelt Truman (Toby Jones) zu Beginn und zum Ende des Films auf seinen Schreibblock, womit hervorgehoben wird, dass er dieses Projekt nach den Rechercheerfahrungen zu „Kaltblütig“ nie umsetzen konnte.

Weitaus wichtiger ist diesem Drama aber, wann Trumans Schreibblock eben nicht zum Einsatz kam: bei seinen Recherchegesprächen in Holcomb. Wie in Capote rühmt sich Truman auch hier damit, ein erstaunlich präzises Gedächtnis zu haben. „Ich mache niemals Notizen. Ich wende eine Erinnerungstechnik an, die mir eine nahezu 100-prozentige Merkfähigkeit bietet“, erklärt er Perry (Daniel Craig) in einem ihrer frühen Gespräche. „Ja, Mann, ‚nahezu‘ ist das verdammte Schlüsselwort“, entgegnet dieser zornig und bringt damit auf den Punkt, woran sich Kaltes Blut vor allem in Trumans Recherchetechniken stört.

Wie beide Filme darstellen und auch Gerald Clarke schrieb, führten Truman und Nelle zahlreiche Gespräche in Holcomb, die sie erst hinterher in ihren Hotelzimmern aus dem Gedächtnis niederschrieben, um dann ihre Notizen zu vergleichen und sich auf eine finale Version zu einigen. „Es war Trumans Überzeugung, dass der Anblick eines Notizbuchs oder, noch schlimmer, eines Tonbandgeräts die Offenheit hemme. Nur in scheinbar beiläufigen Gesprächen seien die Leute bereit, sich zu offenbaren, behauptete er. Wenn sie keine Feder und keinen Bleistift auf ein Papier kritzeln sähen, könnten sie auch nicht glauben, dass ihre Worte festgehalten würden“ erläutert Clarke in seiner Biografie.

Kaltes Blut hebt diesen Fakt hervor und richtet seinen Fokus generell sehr stark auf Truman Capotes problematisches Verhältnis zur Wahrheit. Dieses, so wird in einer Szene deutlich, kulminiere in seinem im Laufe der Recherchen gefassten Plan, einen Tatsachenroman zu schreiben. Nelle (Sandra Bullock), auch hier Trumans integres Gegenstück, rät ihm, keinen Roman, sondern ein Sachbuch zu schreiben. Im Streit hierüber versucht Truman ihr seine Vision näherzubringen: „Du begreifst es nicht. Ich möchte Erzähltechniken eines Romans bei einem Sachbuch anwenden.“ Eine Vision von einer hybriden Form aus Fakt und Fiktion, die Nelle zuwider ist und an der sich auch viele Journalisten und Literaturkritiker bis heute stören. „Welche Erzähltechniken? Die, bei denen man was erfindet?“, entgegnet sie auf seine großspurige Verkündung.

Kaltes Blut zeigt im weiteren Verlauf, dass Truman nicht nur Gesprochenes zurechtbiegt, um den größtmöglichen Effekt zu erzeugen, sondern auch Dialoge und Szenen für seinen Tatsachenroman frei erfunden hat. Und tatsächlich wurden schon kurz nach der Veröffentlichung von „Kaltblütig“ einige Passagen nicht nur von nach Holcomb entsendeten Journalisten, sondern auch von den dortigen Einwohnern und auch den Hinterbliebenen der Clutters angezweifelt. Bis heute lässt Holcombs Bewohner die enorme Popularität von „Kaltblütig“ nicht ruhen und es werden weitere von Capotes Zurechtbiegungen der tatsächlichen Geschehnisse offenbar.

In Kaltes Blut scheinen diese Ungenauigkeiten und schlichtweg Lügen Trumans übersteigertem Geltungsbedarf zu entspringen. Dieser zeigt sich nicht nur in der pompös ausstaffierten Wohnung in New York, die er mit Jack teilt, sondern auch in seinem enormen Hang, seinen reichen Freundinnen aus der Upper Class intime Geheimnisse zu entlocken, mit denen er anschließend andere beeindrucken kann. Der Vertrauensbruch, suggeriert Kaltes Blut, war gewissermaßen sein Markenzeichen. Wie sollte man dann erwarten können, dass alles an seinem Tatsachenroman wahr sein könne?

Doch dem beschwingten Tonfall des Films entsprechend wird das Truman nicht einmal als unverzeihlicher Makel ausgelegt. Ganz anders als Capote, der keine Entschuldigung für Trumans moralischen Absturz gelten lässt, verweist Kaltes Blut wiederholt auf Trumans schwierige Kindheit in Alabama als von den Eltern verlassener Junge. „Man spricht immer von seinem überschäumenden Temperament. Aber dabei sollte nicht vergessen werden, dass im Innersten einer jeden hellen Flamme dieser kleine Hauch von Blau ist“, äußert Nelle in einer der leider etwas platt geratenen Interviewpassagen des Films. Die in „Kaltblütig“ zurechtgebogenen Fakten, so wird hiermit erklärt, sind nicht etwa einem bösartigen Willen zur Täuschung anzulasten, sondern einem Geltungsbedürfnis, das auf tiefe Verletzungen in Trumans Kindheit zurückzuführen ist. Entsprechend verlangt Kaltes Blut einem auch etwas mehr Mitgefühl mit dem am Ende mit Schreibblockaden und Alkoholismus ringenden Truman ab.

Über Mord und Wahrheit

Auch wenn Capote durch seine bedächtigere Erzählweise und seine pointierten Szenen der überlegenere, zu Recht auch erinnerungswürdigere Film ist, sollte Kaltes Blut als Film zur Entstehungsgeschichte um „Kaltblütig“, diesen bis heute diskutablen Tatsachenroman, nicht ignoriert werden. Zusammengenommen ergeben sie das filmische Psychogramm eines begnadeten, aber egomanen und bestenfalls verspielt mit Fakten umgehenden Schriftstellers, der sich mit der großspurigen Verkündung eines Genre-Hybriden aus Journalismus und Belletristik, Fakt und Fiktion auf ein gefährliches Terrain begab.

In den 1960er- und 1970er-Jahren sollten ihm viele amerikanische Schriftsteller, wie etwa Norman Mailer und Hunter S. Thompson, mit ausladenden, dem „New Journalism“ zuzurechnenden Reportagen und Tatsachenromanen folgen. Ob solche Werke den Anforderungen eines professionellen Journalismus entsprechen, ist bis heute umstritten. Aus den Diskussionen um die gefälschten Artikel von Claas Relotius kristallisierte sich zuletzt eine Abneigung gegenüber einer Literarizität im Journalismus heraus.

Und doch können die kritischen Blicke, die beide Filme auf Truman Capote werfen, und diese bis heute anhaltenden Diskussionen um die Grenzen des Storytelling im Journalismus die Nachwirkung von Capotes Tatsachenroman nicht gänzlich unterbinden. „Dieses Buch wird alles verändern. Der Blick auf Sie als Schriftsteller wird sich verändern. Ich glaube, es wird sogar die Art zu schreiben verändern“, sagt der New Yorker-Herausgeber William Shawn (Bob Balaban) an einer Stelle in Capote zu Truman.

„Kaltblütig“ hat das Schreiben verändert, der Schilderung über True Crime die Tür zur Seriosität geöffnet und der effektreichen Verzahnung von Fakten und Erzähltechniken aus der Fiktion im Journalismus weiter Vorschub geleistet. Und ob diese beiden Phänomene unserem Blick auf die Realität geschadet oder ihn erweitert haben, wird noch lange diskutiert werden.

Capote
USA/Kanada 2005. 114 Min.
Regie: Bennett Miller. Drehbuch: Dan Futterman
Kamera: Adam Kimmel
Besetzung: Philip Seymour Hoffman, Catherine Keener, Clifton Collins Jr., Chris Cooper, Bob Balaban
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=cjvBYqp8b6U

Kaltes Blut – Auf den Spuren von Truman Capote
(Originaltitel: Infamous)
USA 2006. 110 Min.
Regie & Drehbuch: Douglas McGrath
Kamera: Bruno Delbonnel
Besetzung: Toby Jones, Sandra Bullock, Daniel Craig, Lee Pace, Peter Bogdanovich, Jeff Daniels
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=1A1dljXDngU

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Dobrila_KonticDobrila Kontić, M.A., studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften, Englische Philologie und Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin und Journalismus am Deutschen Journalistenkolleg (DJK). Sie betreibt das Onlinemagazin culturshock.de.

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