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Journalisten-Netzwerk torial: „Man erhöht die Sichtbarkeit“

Interview mit "torial"-Geschäftsführer Marcus von Jordan

Schon mal von „torial“ gehört? Falls nicht, hier ein kurzes Porträt: torial ist eine Plattform, die die Sichtbarkeit von Journalisten erhöhen und ihre Zusammenarbeit untereinander fördern möchte. Das kostenfreie Netzwerk, das seit 2013 besteht, bietet Journalisten die Möglichkeit, durch die Eingabe von Links zu veröffentlichten Artikeln ein persönliches Portfolio zu erstellen, das in einem Magazin-Layout präsentiert wird. torial versteht sich darüber hinaus auch als Akquiseplattform für Verwerter, die für ein bestimmtes Thema einen Autor suchen. Der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV) kooperiert ab sofort mit torial und ist dort mit einer eigenen Gruppe vertreten. Im Interview erläutert Marcus von Jordan, Geschäftsführer der August-Schwingenstein-Stiftung, die torial betreibt, die Hintergründe und Ziele des Projekts. Außerdem verrät er, warum gerade Fachjournalisten von dem Netzwerk profitieren können. 

Herr von Jordan, wie entstand die Idee zu „torial“?

Über eine umfangreiche Marktforschung. Wir haben mit ganz vielen Journalisten gesprochen. Dabei kam heraus: Es ist sehr unklar, wie die Zukunft des Journalismus aussieht. Eines hat sich jedoch herauskristallisiert: Der Journalismus wird flüssiger und flexibler – und damit auch kooperativer.

Was sind die Gründe dafür?

Das liegt zum einen daran, dass es bekanntermaßen immer weniger Redaktionen gibt und es daher als Journalist einfach notwendig ist, flexibler zu sein als bisher. Zum anderen fördert das Internet schnelle und themenbezogene Kooperationen. Diese Entwicklung wollten wir mit torial aufgreifen. Unsere Plattform ist nichts anderes als eine Datenbank für Journalismus. Expertise wird auf torial gebündelt und kenntlich gemacht. Der erfreuliche Nebeneffekt: Auch die Verwerter im Journalismus sind immer stärker darauf angewiesen, spontan Expertise zu finden, um ihr Format zu befüllen. So können beide Seiten – Journalisten und Verwerter – von unserem Angebot profitieren.

Was braucht man, um sich bei torial anmelden zu können?

torial ist sehr einfach aufgebaut und hat ein extrem lineares Design. Ein Account ist in wenigen Minuten eröffnet, dafür muss man nur seinen Namen und seine E-Mail-Adresse angeben. Nur etwas länger dauert es, um das Profil  grundsätzlich mit Schwerpunkten und Auftraggebern zu befüllen. Keine Angst: Man braucht keinerlei digitale Expertise, um auf torial zurechtzukommen.

Worin besteht der Vorteil gegenüber anderen Netzwerken?

Als Journalist gerät man bei torial mit seiner Expertise in den richtigen Kontext. torial ist nicht irgendwo im Netz, sondern da, wo immer mehr andere Kollegen auch sind, ihre Inhalte verschlagworten – und so eine eigene semantische Ordnung entsteht. Bei uns wird das kollektive Denken gefördert. Wir glauben, dass torial als eigener digitaler Raum für Journalismus immer relevanter wird.

Wie können Fachjournalisten von torial profitieren?

Für Fachjournalisten ist torial sehr hilfreich: Je spezialisierter man ist, desto wichtiger ist es auch, zu einem bestimmten Thema gefunden zu werden. Da man auf unserer Plattform jeden seiner Beiträge verschlagworten sollte – das ist eines der Grundprinzipien von torial –, arbeitet man praktisch kontinuierlich an seiner Positionierung und erhöht so seine Sichtbarkeit. Kurzum: Je spezieller man als Journalist in seiner Ausrichtung ist, desto relevanter ist torial.

Der DFJV ist mit einer eigenen Gruppe auf torial vertreten. Was bringt das den Mitgliedern?

Die Gruppe produziert das Magazin „Deutscher Fachjournalisten-Verband“, welches aus allen Portfolio-Updates der bestätigten Gruppenmitglieder besteht. Die Mitglieder bekommen dadurch einen guten Überblick über das, was im Verband gerade in kreativer Hinsicht passiert. Sie können sehen, was die heißen Themen sind und an was gearbeitet wird. Ein weiterer Vorteil: Ein Betrachter Ihres journalistischen Einzelportfolios kann sehen, in welchen Verbänden Sie Mitglied sind. Im Idealfall ist es so, dass ein Verwerter die Suche nach geeigneten Autoren zu einem Thema auf die Mitglieder eines bestimmen Verbands begrenzt, weil er die Mitgliedschaft als Qualitätsmerkmal betrachtet.

Sie haben gerade erwähnt, dass sich torial auch als Akquisemöglichkeit für Verwerter versteht. Wie fällt die Resonanz darauf bisher aus?

Es ist klar, dass wir erstmal eine kritische Masse aufbauen müssen, um wirklich für alle relevant zu werden. Wir haben derzeit knapp 2500 Mitglieder, da fangen die großen Medienhäuser natürlich noch nicht an, über uns nach Autoren zu suchen. Zurzeit sind es eher Start-ups, Corporate Publisher oder auch PR-Leute, die sich bei torial umschauen. Aber wir bekommen es oft auch gar nicht mit, wenn ein Verwerter über torial einen Autor findet. Nur dann, wenn wir ein direktes Feedback erhalten. Aber grundsätzlich ist es so: Wenn wir erfahren, dass Kollegen über torial zusammenfinden, freut uns das noch mehr, das halten wir für die wichtigere Dynamik. Das Interesse der Verwerter kommt dann irgendwann von alleine.

Bisher haben sich knapp 2500 Mitglieder bei torial angemeldet. Wie zufrieden sind Sie damit?

Das sind immerhin schon 2500 Journalisten mit einem effizienten und effektiven Online-Auftritt. Aber wir bohren ein dickes Brett mit torial: Journalisten sind einerseits grundsätzlich misstrauische Menschen – eine gewünschte Berufskrankheit. Auf der anderen Seite haben wir einen sehr flatterhaften digitalen Markt. Fast jeden Tag steht irgendjemand auf und sagt: Ich bin euer digitaler Messias, bitte lauft jetzt mir nach. Ich habe daher großes Verständnis dafür, wenn neue Angebote erstmal zurückhaltend aufgenommen werden. Zudem ist Journalismus auch ein sehr anstrengender und fordernder Beruf, da hat man wenig Zeit, um auch noch an seiner Selbstdarstellung zu basteln. Wir müssen mit Langmut an der Sache arbeiten.

Seit Kurzem ist torial das Projekt einer Stiftung – der „August-Schwingenstein-Stiftung“. (Anm. d. Red.: August Schwingenstein war einer der Gründer des „Süddeutschen Verlags“. Er war der Großvater von Konrad Schwingenstein, der der Hauptanteilseigner der Stiftung ist und sie finanziert.) Inwiefern verstehen sie sich als gemeinnützig?

Unser USP (Unique Selling Proposition) ist ganz klar die Gemeinnützigkeit. Unser Investor Konrad Schwingenstein hat die ganze Unternehmung aus einem philantrophen Ansatz heraus gemacht. Sein Auftrag an uns war: Macht etwas, das relevant und hilfreich ist für die digitale Metamorphose im Journalismus. Torial ist unsere Antwort auf diesen Auftrag. Konsequenterweise haben wir das Projekt jetzt in die Gemeinnützigkeit geführt.

Wie geht es weiter mit torial?

In absehbarer Zeit wollen wir uns über Spenden finanzieren, und nicht mehr nur über eine einzelne Person (Konrad Schwingenstein). Womöglich werden wir auch mal unsere Mitglieder um Spenden bitten. Aber klar ist: torial wird immer kostenfrei bleiben. Darüber hinaus planen wir auch, einen Stiftungsbeirat aus der Taufe zu heben. Inhaltlich gibt es eine ganze Reihe von Projekten. Das Wichtigste ist die englische Version von torial, die im Oktober live gehen soll.

Herr von Jordan, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg mit torial.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

JordanMarcus von Jordan ist seit 2011 als Chefredakteur und Conceptioner für die Journalistenplattform torial.com tätig. Seit Kurzem firmiert er zudem als Geschäftsführer der gemeinnützigen August-Schwingenstein-Stiftung, die das Projekt „torial“ betreibt. Zuvor arbeitete er unter anderem als geschäftsführender Gesellschafter der Glücklicht GmbH für Kommunikation und Inszenierung.

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