Mehr Sichtbarkeit mit LinkedIn – Tipps für Fachjournalist:innen
Sichtbarkeit ist ein Muss – nicht nur für freie Journalist:innen, sondern auch für angestellte Redakteur:innen, weiß Personal Branding Coach Verena Bender. Im Interview erzählt die gelernte Journalistin und PR-Managerin, wie man insbesondere mit LinkedIn auf seine Expertise aufmerksam machen kann.
Bevor wir darüber sprechen, wie wir sichtbar werden: Warum ist es überhaupt so wichtig, dass wir wahrgenommen werden?
Für Freie: Aufträge werden bevorzugt an diejenigen vergeben, die sich als Expert:innen positioniert haben.
Für fest Angestellte: Selbst wenn dein Job scheinbar sicher ist – in der heutigen Arbeitswelt kannst du nie wissen, was passiert. Solltest du gekündigt werden, findest du so leichter einen neuen Job als jemand, der im stillen Kämmerlein vor sich hinarbeitet. Abgesehen von diesem Worst Case hast du aber auch bessere Karten in Gehaltsverhandlungen und bei Beförderungen.
Wofür es auch total interessant ist, wahrgenommen zu werden: Interviewpartner:innen werden auch über Social Media und Businessplattformen gesucht und als Expert:innen angefragt. Wir beide wären für dieses Interview vermutlich nicht zusammengekommen, wenn ich nicht über LinkedIn sichtbar wäre.
Die Mehrheit der LinkedIn-User:innen veröffentlicht selbst keinen Content. Offensichtlich ist der Bedarf an Tipps groß, wie der Schritt von stillen Mitleser:innen in die Sichtbarkeit gelingt.
Ja, 90 Prozent sind nicht selbst aktiv, hinterlassen nicht einmal Likes oder Kommentare. Viele wissen einfach nicht so recht, wie sie starten sollen. Gerade Journalist:innen möchten ihre Geschichten für sich sprechen lassen, sich nicht selbst in den Mittelpunkt stellen. Dabei widerspricht sich das gar nicht: Du kannst mit deinem Content Interesse wecken für deine Geschichten.
Ich habe mal geschaut, wer im Bereich „Fachjournalismus“ sichtbar ist: Andreas Weck, Redakteur des Magazins t3n – digital pioneers, teilt seine Arbeit auf LinkedIn, genau wie Richard Gutjahr. Katrin Eigendorf, Auslandskorrespondentin des ZDF, hat 60.000 Follower auf Twitter, berichtet dort rund um Thema Auslandsberichterstattung. Alexander Bloch ist regelmäßig auf LinkedIn und Instagram aktiv und teilt dort auch Persönliches.
Es geht ja nicht darum, herauszuposaunen, so und so viele Leute haben meine Geschichte gelesen – ich bin so ein guter Schreiber!
Sondern?
Es geht immer um die Haltung, um meine Meinung, um den Menschen hinter der Rolle.
Angestellte dürfen natürlich keine Firmeninterna posten, wohl aber Dinge, mit denen sie sich tagtäglich beschäftigen. Gerade in größeren Verlagen bringt es nichts, wenn du als Angestellte:r einen eigenen Account hast und dort nur Pressemitteilungen einstellst. Dann bist du nur das Sprachrohr deines Unternehmens.
Das Menschliche muss im Vordergrund stehen. Selbst, wenn du eine Stellenanzeige teilst, solltest du dazu ein paar Worte reingeben, warum du gern in dem Unternehmen arbeitest.
Welche Fragen sollten wir uns stellen, bevor wir anfangen, uns um unsere Sichtbarkeit zu kümmern?
Als Erstes musst du dein Ziel definieren: Warum möchte ich überhaupt sichtbar werden?
Da sind mir ganz unterschiedliche Motivationen begegnet: um neue Kund:innen zu gewinnen. Meine Bekanntheit zu stärken. Oder: Die Leute sollen erfahren, dass ich ein Buch geschrieben habe. Ich werde bei Beförderungen immer übergangen. Ich bin fest angestellt und möchte nebenbei noch ein Business aufbauen.
Für alle gilt: Du musst mit deiner Expertise rausgehen!
Was sind die ersten Schritte?
Step 1: Ein einfacher Tipp in Sachen Sichtbarkeit, den so viele anscheinend nicht von sich aus befolgen, lautet: Googele dich einmal selbst. Ist das, was im Netz über dich zu finden ist, noch aktuell? Oder gibt es tote Profile, die nicht bespielt werden und in denen noch der Job von vor zehn Jahren steht? Diese Accounts solltest du löschen oder auf privat stellen.
Step 2: Lege ein vollständiges Profil an. Ich staune immer darüber, wie viele Leute auf LinkedIn kein Foto eingestellt haben. Von denen ich nicht weiß, was ihre Leidenschaft, was ist ihr Weg ist. Das Profil kann man zusammen mit einem Coach anlegen oder auch alleine – dazu gibt es so viele Infos im Netz.
Step 3: Fange an zu netzwerken! Jede:r bringt schon ein Netzwerk mit: Gib einfach mal ein paar Namen von Bekannten, (Ex-)Kolleg:innen und Kund:innen auf LinkedIn ein und vernetze dich mit ihnen. Es ist sinnvoll, sich innerhalb der eigenen Bubble zu vernetzen und immer das Ziel im Auge zu behalten: Wer ist eigentlich meine Zielgruppe, an wen möchte ich mich richten?
Um sich ein zuverlässiges Netzwerk aufzubauen, solltest du nicht zu viel bewerten und kritisieren, sondern konstruktiv in den Austausch gehen. Ich finde es immer gut, nicht nur an die eigenen Ziele zu denken, sondern auch mal andere zu empfehlen, sie zu unterstützen und groß zu machen. Das kommt immer zurück. Die Frage, was habe ich davon – die stelle ich mir oft gar nicht. Es heißt nicht umsonst Social Media – das ist ein Geben und Nehmen, ein gegenseitiges Interesse zeigen. Was nicht unbedingt heißen muss, anderen permanent auf die Schulter zu klopfen.
Was sollte man noch tun?
Auch hier gilt das schreckliche Buzzword: authentisch sein. Sich nicht besser darstellen, als man ist, sich aber auch nicht klein machen. Nicht lügen. Nichts tun, was einem der gute Menschenverstand, die gute Erziehung sowieso verbietet. Wichtig ist ein respektvoller Umgang miteinander.
Wenn ich anfange, mit anderen in den Austausch zu gehen, bekomme ich nach und nach auch Feedback. Erst wenn ich eigene Follower:innen habe – und wenn es „die Richtigen“ sind, können zwei am Anfang genügen – ergibt es Sinn, über eigenen Content nachzudenken. Sonst bekommt das ja niemand mit.
Was könnte sich als Content eignen?
Dafür gilt es zu überlegen: Für welches Thema sollte ich nach außen stehen?
Nehmen wir als plastisches Beispiel die Auslandskorrespondentin. Für sie ist es nicht hilfreich, wenn sie ständig Kuchenrezepte postet, da das nichts mit ihrer beruflichen Expertise zu tun hat.
Mein Rat: Picke dir ein Thema heraus, mit dem dich die Menschen in Verbindung bringen sollen. Besetze ein Thema ganz deutlich und nimm erst dann andere Themen dazu, um die Menschen nicht zu verwirren. Tijen Onaran ist am Anfang ganz klar rausgegangen mit „Netzwerken für Frauen“ und dann im Lauf der Zeit diverser geworden.
Aber: Stelle dich nicht zu breit auf! Wenn du kein:e Reisejournalist:in bist, solltest du keine Reisetipps geben.
Und dann heißt es: einfach mal machen! Einen gewissen Mut braucht es dafür allerdings schon, oder?
Ja. Weil die Reaktionen nicht planbar sind. Aber das macht es andererseits auch spannend.
Als eine Klientin letztens etwas gepostet hat, regte sich jemand in den Kommentaren über einen ihrer Rechtschreibfehler auf. Sie überlegte, sich dazu zu äußern oder sogar den Post zu löschen. Aber vieles reguliert sich von selbst: Sie hat daraufhin so viele schöne Rückmeldungen bekommen, dass diese eine blöde Bemerkung am Ende sogar für mehr Sichtbarkeit für sie gesorgt hat.
Und zum Thema Mut: Wer sich erst einmal herantasten möchte, kann sein Wissen auch zeigen, indem er sinnvolle Kommentare abgibt. Auch darüber kannst du Leute anziehen. Du musst Content auch nicht immer neu erfinden: Genauso gut kannst du einen spannenden Artikel teilen. Und dabei deine eigene Einordnung reinbringen, warum du findest, dass der Beitrag einen Mehrwert hat.
Wenn ich auf etwas Interessantes zu Female Empowerment stoße, kann ich beispielsweise eine Freundin markieren, die ein Frauennetzwerk gegründet hat, und ihr empfehlen, das auch zu lesen. Oder ich könnte dich im Kommentar zu einem Post markieren mit dem Hinweis: „Ulrike, wäre das nicht vielleicht mal ein Thema für dich? Darüber könntest du doch für den Fachjournalist mal schreiben.“
Indem man mit Content von anderen interagiert und seine eigenen Kontakte durch das Teilen von Posts mit einbezieht, vergrößert man sein Netzwerk. Was nichts bringt, sind Kommentare im Stil von: „Super Post, danke!“ Es geht darum, zusätzlichen Input zu geben.
Auf der Suche nach Content: Was kann ich mir von den Kommunikationsprofis abschauen?
Natürlich sollte niemand etwas 1:1 nachmachen. Aber du kannst dir Inspiration holen bei Leuten, die du toll findest. Dadurch bekommst du Ideen, was du mit deiner eigenen Expertise für einen Post verfassen kannst.
Laura Malina Seiler hat beispielsweise „Die 7 Anti-Erfolgsgaranten. Wie du garantiert unglücklich bleibst“ in ihrem Podcast behandelt. Daraus habe ich einen LinkedIn-Post gemacht: „3 Tipps, wie du auf jeden Fall keine Personenmarke wirst“ und dazu, gegebenenfalls als Ergänzung, auch eine Podcastfolge für „Be your Brand“ geplant.
Ansonsten: Die besten Ideen fliegen einem zwischendurch zu – und nicht, wenn man am Schreibtisch sitzt und über Content brütet. Dann notiere ich mir den Gedanken schnell ins Handy, damit er nicht in Vergessenheit gerät.
Die Gretchenfrage: Wie oft sollte man posten?
Kein Mensch muss jeden Tag posten, das ist individuell. Aber es ist gut, wenn wir uns 15 bis 20 Minuten am Tag Zeit nehmen, bei anderen zu kommentieren. Wenn wir eh auf Social Media unterwegs sind und durch unseren Feed scrollen, können wir das auch nutzen, um unsere Expertise zu zeigen.
Setze dir zum Ziel, einen guten Kommentar zu hinterlassen, wenn du etwas liest, was in deinen Bereich fällt. Das sollte zur Routine werden. Eigenen Content solltest du zumindest einmal die Woche oder alle 14 Tage veröffentlichen. Wenn nur alle drei Monate mal etwas von dir erscheint, ist das schwierig.
Was hältst du inhaltlich für wichtig?
Genau wie in der PR geht es auch beim Personal Branding darum, Geschichten zu erzählen, um die User:innen neugierig zu machen – und nicht darum, reine Fakten zu präsentieren.
Stichwort Storytelling: Es muss definitiv menscheln! Was nicht heißt, dass du dein Privatleben preisgeben musst. Ich mache einen großen Unterschied zwischen „privat“ und „persönlich“. Es kann jeder für sich selbst entscheiden, was er teilt – aber es ist ganz wichtig, ein bisschen persönliche Meinung einzubringen.
Ab wann spricht man von Sichtbarkeit? Wie lange muss man dafür rechnen?
Ich möchte jetzt niemanden entmutigen – aber das ist ein Prozess, der immer weitergeht. Da ist ein ganz langer Atem nötig. Du solltest deine Ziele nie zu hoch stecken.
Oft erlebe ich, dass jemand sagt: „Jetzt habe ich etwas geteilt und das hat nur drei Likes. Warum mache ich das alles? Das interessiert doch eh keinen …“ Viele werfen das Handtuch, aber dann geht es darum, weiterzumachen. Dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben, nicht zu früh aufgeben.
Du darfst nicht vergessen, wie viel stille Mitleser:innen es auf LinkedIn gibt. Ich habe es schon oft erlebt, dass mich Leute auf meine Posts ansprechen, die nie eine Regung gezeigt haben, anscheinend aber alles von mir mitbekommen. Du wirst immer Menschen finden, die das interessiert, was du sagst – vorausgesetzt, du hast etwas zu sagen.
Ist LinkedIn für alle das Mittel der Wahl?
Gerade im Businesskontext ist LinkedIn schon der beste Kanal. Die Plattform bietet mehr Möglichkeiten, mit anderen zu interagieren, als XING. Außerdem wird es gut gerankt: Wenn du bei Google nach einer Person suchst, erscheint LinkedIn immer als Erstes.
Aber es gibt natürlich auch noch andere Kanäle. Mein Rat: Guck dich um, probiere aus, was zu dir passt. Was liegt dir? Schreibst du gerne oder machst du lieber Videos? Bist du gerne bildlich unterwegs wie auf Pinterest? Wie kannst du deine Botschaft verpacken? Wo fühlst du dich wohl?
Niemand kann alle Plattformen bespielen. Du solltest jedoch zumindest zwei Kanäle haben, über die du auffindbar bist; einer kann auch deine Website sein. Grundsätzlich sind ein Podcast oder ein Blog sinnvoll, das ist etwas Eigenes. Ich finde es schwierig, seine ganze Sichtbarkeit auf einen Kanal zu legen – man wird so abhängig davon.
Welches Buch empfiehlst du allen, die sich für mehr Sichtbarkeit interessieren?
Den New York Times-Bestseller „Show your Work“ von Austin Kleon. Denn dieses Motto entspricht dem Personal Branding: Jede:r sollte zeigen, was er/sie kann.
Wie eine Kollegin es neulich so schön formuliert hat: „Es gibt so viele Leute, die ihre Arbeit für sich sprechen lassen wollen. Aber die Arbeit kann halt nicht sprechen – insofern sollte jeder dafür sorgen, dass seine Arbeit sichtbar ist.“ Solange niemand davon weiß, wie gut du bist, wird eben auch niemand auf dich zukommen.
Das Gespräch führte Ulrike Bremm.
Titelillustration: Esther Schaarhüls
Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV)
Verena Bender arbeitete während ihres Studiums der Pädagogik und der Psychologie für Lokalmedien. Sie absolvierte anschließend zahlreiche Praktika sowie ein Volontariat bei Radio MK, war dann als freie Mitarbeiterin bei RTL „Guten Morgen Deutschland“ und Reporterin bei „Guten Abend RTL“ tätig und als PR-Managerin für die Agentur „Position“. Ihre Kenntnisse vermittelt sie als Dozentin der Hochschule Macromedia sowie als Personal Branding Coach, unter anderem mit dem Podcast „Be your brand“. 2015 startete sie ihren Blog PRleben, inzwischen einer der führenden deutschen Blogs im Bereich Kommunikation, PR, Social Media und Personal Branding. Im Netz findet man sie auf LinkedIn, Twitter und Instagram.