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E-Books: die eigene Expertise online vermarkten

Wie Fachjournalisten vom E-Book-Boom in Deutschland profitieren können.

Wer schreibt, der bleibt: Das gilt auch im Digitalzeitalter, wo sich Geschriebenes so leicht verbreiten lässt. Speziell mit E-Books können Fachjournalisten ihre Expertise untermauern. Bernd Oswald erklärt, was ein gelungenes E-Book-Konzept ausmacht und wie man E-Books als modernes Instrument der Selbstvermarktung nutzt.

Fast jeder vierte Deutsche liest sie. 2013 wurden 21,5 Millionen Stück davon verkauft. Für die kommenden Jahre werden sprunghafte Zuwächse prognostiziert: E-Books gewinnen im deutschen Buchmarkt immer mehr an Bedeutung. Zum Teil ist dies darauf zurückzuführen, dass durch die Digitalisierung die Kostenfaktoren Druck und Buchhandelsvertrieb wegfallen: Damit sind die Hürden der digitalen Buchproduktion deutlich gesunken.

E-Books als wichtiger Baustein der Selbstvermarktungsstrategie

Auch für Fachjournalisten kann sich eine E-Book-Publikation lohnen. Ein E-Book oder gar eine E-Book-Serie kann ein wesentlicher Baustein in der Selbstvermarktungsstrategie sein. Sehr gut kann man das an Matthias Matting, Paul Bradshaw oder Tobias Gillen sehen.

Matting hat sich als einer der führenden E-Book-Experten in Deutschland einen Namen gemacht. Er hat zig E-Books veröffentlicht, vor allem Handbücher zu E-Book-Readern und Astronomiebücher. Paul Bradshaw ist ein britischer Journalistentrainer, der sich vor allem auf Lehrbücher zu verschiedenen Fragen des Datenjournalismus spezialisiert hat. Er veröffentlicht seine E-Books auf der Plattform leanpub – die die Leser benachrichtigt, wenn es eine neue Version des E-Books gibt. Tobias Gillen ist ein junger Kölner Journalist, der seine Selbstversuche zur Datenverschlüsselung als E-Book mit dem Titel „Verschlüsselt“ veröffentlicht hat – und, von dem Erfolg ermuntert, weitere E-Books geschrieben hat bzw. plant. Mittlerweile verdient er laut eigener Aussage 15 Prozent seines Einkommens mit E-Books.

In allen drei genannten Fällen geht es im Kern um: Expertise. Matting, Bradshaw und Gillen vermarkten ihr Fachwissen in E-Book-Form. Dabei stellen viele Journalisten ihre Expertise im Netz unter Beweis: auf Blogs oder in sozialen Netzwerken. Schon einzelne Blogartikel führen manchmal zu Interviewanfragen oder Einladungen als Referent, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Oft ist auch das eigene Blog Ausgangspunkt für eine Buchpublikation: Manche Blogger oder bloggenden Journalisten wollen ihre Bloginhalte übersichtlicher festhalten und gießen sie – oft aktualisiert – in Buchform, wie das zum Beispiel der Schweizer Journalist Constantin Seibt mit seinem Blog „Deadline“ gemacht hat (das als Buch und als E-Book verkauft wird). Durch (E-Book-) Publikation erarbeitete Expertise führt darüber hinaus oft zu verschiedensten Folgeaufträgen, etwa für:

  • Moderationen
  • Schulungen
  • Autorentätigkeit
  • Beratung

Eine solche Konstellation gibt es bei vielen Fachleuten bzw. Fachjournalisten; oft sind solche Aufträge sogar die einträglichere Säule im Geschäftsmodell. Ob sich der E-Book-Verkauf selbst finanziell lohnt, ist schwer zu sagen. Tendenziell sind die Preise von E-Books vergleichsweise niedrig, die meisten bewegen sich zwischen zwei und fünf Euro bei Self-Publishern; klassische Verlage verlangen für ihre E-Books mehr (oft zwischen acht und 20 Euro), nehmen lediglich einen Abschlag auf den Preis des gedruckten Buches vor. Dafür bleibt bei Self-Publishern ein viel höherer Anteil am Umsatz (bis zu 80 Prozent) hängen als bei einer Publikation über einen Verlag (siehe dazu den Abschnitt „Verlag oder selbst zum Verleger werden?“)

Die richtige Nische finden

Bevor man sich daran macht, den Text zu schreiben, sollte erst eine zentrale Frage geklärt werden: Wer ist meine Zielgruppe? Für wen genau schreibe ich? Je genauer Sie Ihr Publikum vor Augen haben, desto leichter werden Sie sich im Endeffekt tun. Hilfreich ist es, sich in die Publikumsperspektive zu versetzen: Wenn ich ein Informatikstudent wäre, welche Fragen hätte ich gerne von einem profunden Fachbuch beantwortet? Und auf welche Weise?

Dann heißt es, den Markt zu sondieren und genau zu recherchieren, was es zum gewünschten Thema schon gibt. Niemandem ist geholfen, wenn Sie die 14. Abhandlung zur Geschichte des Ersten Weltkriegs schreiben. Welche Konkurrenz es gibt, lässt sich online relativ schnell herausfinden: Praktisch ist ein Blick auf amazon.de: Hier kann man genau nach bestimmten Kategorien und Unterkategorien schauen, auch im Fachbuchsektor. Darüber hinaus bietet sich auch die Suche in Bibliothekskatalogen an. Besonders der Katalog der Deutschen Nationalbibliothekist hier zu empfehlen; jedes Buch (auch jedes E-Book), das in Deutschland im (Online-) Buchhandel veröffentlicht wurde, wird mit einer ISBN in diesen Katalog aufgenommen.

Die Suche nach der richtigen Nische hat also auch etwas mit Timing zu tun. Ideal ist es natürlich, ein E-Book zu einem Thema zu schreiben, zu dem es noch nichts gibt. Das ist ein sehr seltener (Glücks-) Fall. Daher wird es oft auf einen neuen Zugang zu einem bekannten Thema hinauslaufen. Dieser kann inhaltlich, stilistisch oder konzeptionell sein.

Inhaltlich:
Verfassen Sie eine genauere, tiefer schürfende Behandlung eines bekannten Themas oder beleuchten Sie einen bislang unterbelichteten Aspekt. Beantworten Sie für die Fachwelt relevante Fragen, die zuvor noch niemand gestellt hat. Das ist im Prinzip der Ansatz, den auch Wissenschaftler verfolgen. Aber es muss ja nicht gleich ein E-Book im Umfang einer Doktorarbeit sein.

Stilistisch:
Gerade von wissenschaftlichen Arbeiten kann man sich besonders leicht im Stil abheben, indem man kürzer, prägnanter, aktiver und vor allem salopper formuliert. Wenn Sie einen eigenen, unverwechselbaren, am besten unterhaltsamen und plastischen Schreibstil haben, können Sie sich auch von anderer Fachbuchkonkurrenz abheben. Auch hier ist Constantin Seibts Buch „Deadline“ ein gutes Beispiel. Es geht schließlich ums Thema „Wie man besser schreibt“.

Konzeptionell:
Es gibt viele Sachbücher, die größtenteils deskriptiv sind, also einfach nur bestimmte Phänomene beschreiben. Grenzen Sie sich davon ab, indem Sie bewerten oder konkreten Nutzwert in Form von Anleitungen oder Best-Practice-Beispielen schaffen. Oder gleich einen Ratgeber schreiben. Auf Ihrer Expertise als Fachmann/-frau basierende Tests, zum Beispiel von Tools zur Wissensorganisation, werden meist dankbar angenommen, wie ich selbst am Beispiel meiner Social-Media-Aktivitäten festgestellt habe: Am häufigsten werden Artikel geteilt, die einen konkreten Nutzwert haben.

Die Positionierung Ihres Buches sollte sich auch am Titel erkennen lassen. Handelt es sich um einen launigen Zugang zum Thema, wie bei „Senk ju vor träwelling: Wie Sie mit der Bahn fahren und trotzdem ankommen“, oder um einen nutzwertigen, wie „Affiliate Marketing – Geld verdienen im Internet ohne eigene Produkte“? Zu spielerisch sollte der Titel jedenfalls nicht geraten. E-Books werden zu 100 Prozent online vertrieben, also auch dort gesucht. Und Sie wollen gefunden werden, wenn Leute online nach Schlagworten zu Ihrem Thema suchen. Also verwenden Sie diese Schlagworte im Titel oder zumindest im Untertitel.

Verlag oder selbst zum Verleger werden?

Eine ganz grundlegende Frage ist, ob Sie Ihr E-Book einem Verlag anvertrauen oder selbst zum Verleger werden.

Ein Verlag bietet die ganze Infrastruktur, die zu einer Buchveröffentlichung gehört: Lektorat, Satz und Design, Marketing und einen flächendeckenden Vertrieb. Nachteil: Sie können darauf nur sehr begrenzt Einfluss nehmen und bekommen oft nur zwischen fünf und zehn Prozent des Verkaufserlöses.

Immer mehr Autoren gehen den Weg des Self-Publishings. Am 29. Januar 2014 waren die Top Ten der Amazon-Kindle-Verkaufsrangliste ausnahmslos Marke Eigenverlag. Als Self-Publisher bestimmen Sie Inhalt, Titel, Erscheinungsbild, Veröffentlichungstermin und Preis selbst, müssen aber auch Lektorat, (Cover-) Design, Marketing und Vertrieb selbst in die Hand nehmen – und zwar so, dass professionelle Standards gewahrt bleiben. Das kostet je nach Vorerfahrung sehr viel Zeit und natürlich auch Geld, das Sie mit dem E-Book-Verkauf erst wieder hereinholen müssen.

Der Vertrieb ist ein Spezialfall: Man kann ihn selbst in die Hand nehmen und sein E-Book bei den wichtigsten Onlinebuchshops einstellen, beginnend bei Amazon. Vorteil: direkte Kontrolle, aktuelle Statistiken, höheres Honorar. Nachteil: Massenbetrieb, kein direkter Ansprechpartner, Sie erreichen nicht alle potenziellen Leser. Bequemer ist es, den Vertrieb einem sogenannten Distributor wie NeobooksePubli, Xinxii oder Books on Demand (BoD) anzuvertrauen. Vorteil: kein Ärger mit zahlreichen verschiedenen Shops, Übersicht über alle Kanäle, mehr potenzielle Käufer. Nachteil: weniger Honorar, weniger Kontrolle, oft exklusive Bindung.

Marketing: die Werbetrommel rühren

Wenn das E-Book in den Onlineshops steht, ist es Zeit für den letzten, aber eminent wichtigen Schritt: Werbung machen! Die (Fach-) Welt soll ja mitkriegen, dass Sie ein relevantes Buch veröffentlicht haben. Dazu bietet sich wieder das eigene Blog an, auf dem man auch Auszüge des E-Books veröffentlichen kann, sozusagen als Appetizer. Bewerben Sie Ihr Buch dort, wo Sie Ihre Zielgruppe am ehesten vermuten: in einer Facebook- oder Xing-Gruppe, einer Mailinglist, einem Newsletter. Je besser Sie in den sozialen Netzwerken vernetzt und anerkannt sind, umso leichter wird es Ihnen fallen, Ihre Kontakte zu erreichen – oder sogar zu Multiplikatoren zu machen. Denn nichts ist besser als die Empfehlung von Freunden.

Fazit: Fach-E-Books gelten als Ausweis der Kompetenz

E-Books können ein wichtiger Baustein in der Selbstvermarktungsstrategie sein. Bücher zu schreiben gilt noch immer als Ausweis von Kompetenz, gerade für Fachjournalisten. Damit ein E-Book-Projekt zum Erfolg wird, ist es jedoch wichtig, die richtige Nische zu finden und einen neuen Zugang zum Thema zu finden. Auch ein gutes Timing ist wichtig. Der Produktionsprozess ist keine unüberwindliche Hürde mehr, darf aber zeitlich nicht unterschätzt werden. Ähnliches gilt für den Vertrieb. Wer noch wenig Erfahrung hat, ist mit einem Distributor gut bedient.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Foto: Andreas Unger

Foto: Andreas Unger

Der Autor Bernd Oswald ist freier Medienjournalist, Trainer und Trendscout im digitalen Journalismus. Er schreibt unter anderem für onlinejournalismus.de und betreibt das Blog www.journalisten-training.de. Sein Lieblingsthema ist multimediales Storytelling und dafür geeignete Tools. Er glaubt an die Macht der Daten für aussagekräftige Geschichten und eine transparentere Gesellschaft. Deswegen engagiert er sich bei Code for München. Er twittert unter @berndoswald.

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