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Mitgliederkampagne von „Deine Korrespondentin“: „In erster Linie geht es darum, weitermachen zu können“

Vor knapp zwei Jahren gründete die Journalistin Pauline Tillmann das Onlinemagazin „Deine Korrespondentin“. Ein Portal, beim dem Frauen, mittlerweile zehn Korrespondentinnen, ausschließlich über Frauen berichten. Die Idee dahinter erklärte Pauline Tillmann im Fachjournalist-Interview einst wie folgt: „Zum einen wollen wir mit unseren Geschichten interessante Frauen auf der ganzen Welt vorstellen und porträtieren. Zum anderen wollen wir aber auch die Sichtbarkeit von Korrespondentinnen erhöhen.“ Seit Anfang März läuft nun eine Mitgliederkampagne von „Deine Korrespondentin“ auf der Crowdfunding-Plattfom „Steady„. Wie es dazu kam, was seit der Gründung passiert ist und wie sie sich die Zukunft des Magazins vorstellt – darüber sprachen wir mit Pauline Tillmann.

Pauline, „Deine Korrespondentin“ gibt es nun seit knapp zwei Jahren: Wie zufrieden bist Du mit der bisherigen Resonanz auf das Projekt?

Die Resonanz auf das Projekt ist gut. Viele Menschen, mit denen ich darüber spreche, sagen: „Super, genau das braucht es!“ Wir sind 2015 angetreten, um die Sichtbarkeit von Frauen zu erhöhen. Und das hat sich zwar durch einige neue Publikationen auf dem Markt ein bisschen gebessert, aber da ist immer noch viel Luft nach oben. Denn wenn man sich die breite Medienberichterstattung in Deutschland anschaut, stellt man fest, dass fünf Mal mehr über Männer als über Frauen berichtet wird. Und wenn es um Frauen geht, dann zu einem Drittel um Angela Merkel. Wir glauben, das ist nicht zeitgemäß. Deshalb wollen wir genau das mit unseren Artikeln ändern.

Welche Themen haben Eure Leser besonders interessiert?

Ein bestimmtes Thema herauszugreifen, fällt mir schwer. Man merkt immer, dass die Zahl der Seitenabrufe steigt, sobald ein neuer Artikel online geht. Wir veröffentlichen immer mittwochs eine große Geschichte aus den Ländern, in denen unsere Korrespondentinnen beheimatet sind, also unter anderem aus Chile, Myanmar, Japan und Uganda. Eine Geschichte, die besonders stark von anderen Medien nachgefragt wurde, war die über die aktuellen Proteste in Indien. Es geht darum, dass immer mehr Initiativen Frauen ermutigen, sich in die Öffentlichkeit zu trauen. Für uns klingt das vielleicht banal, aber für indische Frauen ist es ein Riesenproblem, allein auf die Straße zu gehen – und zwar ganz egal ob tagsüber oder nachts.

Und wie finanziert Ihr Euch und Eure Arbeit?

Momentan verdienen wir bei „Deine Korrespondentin“ Geld damit, dass Regionalzeitungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz unsere Artikel übernehmen und honorieren. Dieser Artikel über Indien wurde ungewöhnlich oft publiziert. Leider haben wir in der Regel eher damit zu kämpfen, dass die Artikel gar nicht übernommen werden und wir somit keine Einnahmen generieren. Deshalb werben wir seit Anfang März um Mitglieder, die „Deine Korrespondentin“ jeden Monat mit einem kleinen Betrag unterstützen.

Eure Mitgliederkampagne ist auf Steady zu finden: Weshalb habt Ihr diese Plattform gewählt?

Ich habe mit Interesse verfolgt, dass Krautreporter-Herausgeber Sebastian Esser mithilfe der Google-News-Initiative eine neue Plattform an den Start bringt. Ich kenne Sebastian noch von meinem ersten Crowdfunding vor drei Jahren, als es darum ging, Geld für eine Recherchereise nach Nepal und Indien einzusammeln. Über Steady sagt er, es sei „Crowdfunding ohne Drama“.

Tatsächlich schätze ich Crowdfunding sehr. Man kann testen, ob es da draußen Menschen gibt, die das eigene Projekt spannend finden. Man kann sich eine Community aufbauen und man bekommt Geld für die Anschubfinanzierung. Das große Problem dabei ist aber, dass man, sobald das Geld aufgebraucht ist, wieder von vorne anfangen muss. Durch Steady sind dauerhafte Einnahmen garantiert, die dafür sorgen, dass man seine Zeit nutzen kann, sich der Weiterentwicklung des Projekts zu widmen. Natürlich wird das immer nur ein Standbein von mehreren sein, aber für uns wäre es das Entscheidende.

Welche konkreten Ziele verfolgt Ihr mit der Kampagne und wie soll es danach mit „Deine Korrespondentin“ weitergehen?

In erster Linie geht es darum, weitermachen zu können. Wir sind seit Mai 2015 online, unsere Leser schätzen unsere Geschichten. Nun sind wir darauf angewiesen, dass sie uns auch finanziell unterstützen. Alle Korrespondentinnen leben von ihrer Arbeit; Journalismus ist für uns kein Hobby. Wenn wir weitermachen sollen, brauchen wir 2.000 Euro im Monat. Mit diesem Geld können wir unseren bisherigen Turnus – eine große Reportage in der Woche – beibehalten.

Parallel dazu versuchen wir, bekannter zu werden, indem wir in Zukunft zum Beispiel noch stärker mit Edition F und ZEIT Online kooperieren werden. Außerdem loten wir im Moment aus, wie eine Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen aussehen könnte. Da stehen wir noch ganz am Anfang. Aber da wir uns als Experimentierlabor sehen, wollen wir neue Formen ausprobieren und so die Zukunft von Journalismus mitgestalten. Wir glauben fest an die Idee von „trial and error“ – hinfallen, aufstehen, vielleicht wieder hinfallen und aufstehen, aber dann gestärkt nach vorne gehen – typisch Start-up eben.

Die „Süddeutsche Zeitung“ und die „taz“ haben vor Kurzem bekannt gegeben, dass ihre Paid-Content-Erlöse im vergangenen Jahr deutlich gestiegen sind. Siehst Du weitere Anzeichen dafür, dass mehr Menschen dazu bereit sind, für journalistische Inhalte im Netz zu bezahlen?

Inzwischen versuchen fast alle Medienhäuser, mit Paid Content Einnahmen zu generieren. Vor einigen Jahren war das nur die BILD-Zeitung mit „BILD Plus“. Jetzt haben neben der „Süddeutschen Zeitung“ auch „ZEIT Online“ und sogar „SPIEGEL Online“ eine Paywall. Ich persönlich finde, das ist richtig so. Denn der User muss merken, dass es gute Inhalte nicht zum Nulltarif gibt. Journalismus ist ein Handwerk und Recherche kostet Geld.

Darüber hinaus muss ein Medium zu einer Marke werden, die mehr anbietet als den reinen Content. Es geht daneben auch um Experience, um Erlebnisse, die man schafft, und um den Aufbau einer Community, einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Will sagen: Es reicht heutzutage nicht, nur tolle Inhalte zu produzieren. Eine Nischenpublikation wie „Deine Korrespondentin“ hat die Chance, sich am Markt zu etablieren – aber nur dann, wenn sie Menschen für ihre Vision begeistern kann. Und unsere Vision lautet: starke Frauen sichtbarer zu machen.

Pauline, vielen Dank für das Gespräch.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Pauline_Tillmann

Foto: Evgeny Makarov

Pauline Tillmann (33) hat das digitale Magazin „Deine Korrespondentin“ gegründet. Von 2011 bis 2015 hat sie als freie Auslandskorrespondentin in St. Petersburg gearbeitet und vor allem die ARD mit Reportagen und Radio-Features über Russland und die Ukraine beliefert. Zuvor hat sie Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie studiert, beim Bayerischen Rundfunk in München volontiert und als Reporterin und Autorin gearbeitet. Mehr unter: http://www.pauline-tillmann.de und http://www.deine-korrespondentin.de.

 

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