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Startklar für die Drohnenfotografie?

Das Geschäft mit Drohnen boomt. Doch wer eine Drohne besitzt und damit fotografiert und filmt, muss einiges beachten. Unser Autor Ralf Falbe hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt.

Langstrecken-Flugkapazität, 3-Achs-Gimbal-Bildstabilisierung, Ultra HD mit 3.840 x 2.160 Pixeln. Die Daten auf dem technischen Merkblatt der Parrot-Drohne beeindrucken. Dann klingelt das Telefon und ein Mitarbeiter der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Referat Luftverkehr, meldet sich auf eine Anfrage per E-Mail: „Kennen Sie die gültige deutsche Drohnenverordnung? Haben Sie eine Haftpflichtversicherung für das Fluggerät? Haben Sie an die Kennzeichnungspflicht mit einer feuerfesten Plakette für Namen und Anschrift gedacht?“

Drohnen sind sexy, aber auch gefährlich. Man lernt rasch, dass es neben Wind und Möwen noch ganz andere Fallstricke gibt – in einer rechtlichen Grauzone. In Deutschland ist das Fliegen mit Sichtkontakt gesetzlich vorgeschrieben. Bei Fluggeräten über 250 Gramm Eigengewicht besteht eine Pflicht zur Kennzeichnung mit einer feuerfesten Betriebsinhaber-Plakette und oftmals berechnen Fachhändler beim Drohnenkauf eine zusätzliche Sicherheitsgebühr in Höhe von 15 Euro: Die neue Pflicht zur Käuferregistrierung soll bei der Ermittlung des Halters bei verursachten Schäden helfen. Ab einem Eigengewicht von zwei Kilogramm muss der Drohnenführer zudem seine Navigationskenntnisse (Flugkenntnisnachweis) belegen: Es fallen weitere Gebühren an. Eine umfangreiche Haftpflichtversicherung (ab 75 Euro im Jahr) ist ebenfalls Pflicht, schützt vor teuren Personenschäden und wird auch als Voraussetzung für eine kommerzielle Aufstiegsgenehmigung – Paragraf 21 a/b der Drohnenverordnung regelt die Sperrgebiete und Verbotszonen – verlangt. Diese Einzelgenehmigung kostet in Hamburg 100 Euro, sollte vier bis fünf Werktage vor dem geplanten Einsatz gestellt werden und ist erforderlich, wenn der Multikopter gewerblich eingesetzt wird, höher als 50 Meter aufsteigen soll, der Einsatz nicht auf öffentlichen Grund geplant ist oder ein Nachtflug auf dem Drehplan steht. „Die Kosten können Sie ja an Ihren Kunden weitergeben“, lautet dazu ein lapidarer Kommentar der zuständigen Verkehrsbehörde.

Erhöhte Auflagen und Kosten

Die Auflagen hängen unter anderem vom Gewicht der Drohne ab: Alle Fluggeräte über zwei Kilogramm benötigen – generell eine Einzelaufstiegserlaubnis. Menschenansammlungen sind zu meiden, 100 Meter Sicherheitsabstand werden dringend empfohlen. Zu groß wäre die Gefahr eines möglichen Kontrollverlustes infolge einer plötzlichen Windböe oder Krähenattacke. Aus gutem Grunde sind daher Drohnenflüge über Sportereignissen, Demonstrationen oder Verkehrsunfällen genehmigungspflichtig. Aber auch Bahnanlagen, Industriegelände und Bundeswasserstraßen gelten als Verbotszonen, sodass gerade unter Berücksichtigung der Eigentümerrechte von Privatgrundstücken nicht wirklich viele freie Flächen zur Verfügung stehen.

Und wie auch im Fotorecht mit der Handkamera sollten Kenntnisse über Panoramafreiheit und Persönlichkeitsrechte nicht fehlen, um spätere Abmahnungen nach Veröffentlichung zu verhindern. Bei einigen Haftpflichtversicherungen ist zudem nicht einwandfrei geregelt, ob fertige Drohnenaufnahmen auch via Social Media veröffentlicht werden dürfen: Der Veröffentlicher/Urheber ist immer erster Ansprechpartner für mögliche Unterlassungsklagen oder gar Schadensersatzansprüche.

Es ist festzustellen, dass der Gesetzgeber die Drohnenwelle in der Vergangenheit in weiten Teilen verschlafen hat und nunmehr nachträglich – die drastische Zunahme der unbemannten Flugobjekte führte bereits zu vielen Belästigungen, Behinderungen und Unfällen – etwas hilflos eine Regulierung der Einsätze ansteuert. Öffentliche Sicherheit, Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte können aber auch durch staatliche Überwachungskameras beeinträchtigt werden. Und wer sich ernsthaft mit dem kommerziellen Drohneneinsatz beschäftigt, um damit Geld zu verdienen, wird sich auch an Regeln halten – der Rubel soll schließlich rollen. Erhöhte Auflagen und Kosten für Aufstiegsgenehmigungen vereinfachen den ohnehin schon schwierigen kommerziellen Einsatz von Drohnen nicht unbedingt, während spaßorientierte Nutzer aus dem Freizeitbereich weiterhin fast unbehelligt bleiben.

Auf der Website my-road.de findet man Drohnengesetze von 135 Ländern, die gute Anhaltspunkte bieten und zwischen kommerzieller sowie privater Nutzung unterscheiden. Ein gefährlicher Vorwurf lautet oft, dass mit einem „fliegenden Rasenmäher“ subversive Spionage betrieben werde – zeitige Information schützt vor Inhaftierung, Beschlagnahme und Geldstrafe. Nicht nur in Ländern wie Ägypten zeigen Polizei und Militär ein lebhaftes Interesse an Drohnen im Handgepäck, denn oftmals ist der Gebrauch von unbemannten Luftfahrtsystemen streng verboten. Und während in Mexiko die Kartelle bereits mit Drogenlieferungen via simpler Freizeitdrohnen, die jedermann bei Amazon bestellen kann, experimentieren, testet der ambitionierte Fahrdienstleister Uber in den USA neue Lieferdienste für Lebensmittel mit Multikoptern. Nicht ohne Grund hat der digitale Gigant Google im menschenleeren Outback von Australien verschiedene Drohnen-Testflüge für unbemannte Postlieferungen durchgeführt – ein zukünftig lukrativer Markt in der Luft winkt.

Wettbewerbsanalyse vor dem Kauf

Die gute Nachricht: Eine Drohne macht Spaß und bietet unglaublich viele neue Einsatzmöglichkeiten auch im Indoor-Bereich. Für freie Fotografen und Filmemacher ist sie eine lohnenswerte Investition, die tatsächlich neue Aufträge und Kunden generieren kann: Freie Bildjournalisten können Unternehmern bei der professionellen Präsentation ihrer Firma im Internet und in den sozialen Medien hilfreich zur Seite stehen. Spektakuläre Luftaufnahmen und ungewöhnliche Ansichten aus der Vogelperspektive mit gänzlich neuer Bildsprache sind ein neuer Trend auf Instagram. Die besondere Ästhetik bietet sich auch für das Filmen von Events, Firmenpräsentationen oder Imageclips an. Etwas Wettbewerbsanalyse vorab sollte aber nicht fehlen: Auch Universalgenies müssen sich auf dem freien Markt an vergleichbaren Angeboten messen lassen. Inspiration für Drohnenflüge bietet zum Beispiel die Website Dronestagram.

Als Marktführer im Bereich Kameradrohnen gilt der Hersteller DJI, was sich auch in den Verkaufspreisen niederschlägt. Recherche und Vergleichsportale führen daher rasch zu preisgünstigeren Alternativprodukten der Marken Yuneec oder Parrot. Sehr gute Bewertungen erhalten beispielsweise die technisch unterschiedlich ausgestatteten Fluggeräte DJI Phantom 4 Pro (ab 1.446 Euro), Yuneec Typhoon Q500 4K (ab 1.299 Euro) oder Parrot Anafi (ab 579 Euro). Die Seitenwindempfindlichkeit spielt bei einem Multikopter eine nicht geringe Rolle und sollte bei einer Nutzung für Pro-Einsätze bedacht werden. Der Wetterbericht ist daher für alle Drohnenflieger, ob Einsteiger oder Profi, elementare Grundlage bei der Planung von Lufteinsätzen – auch Piloten müssen auf starke Winde, Regen und Windrichtung achten und daraus ihre Schlüsse für einen unfallfreien Flug ziehen. Mit einem Multikopter wird ein Fotograf oder Filmemacher somit zu einem Navigator der Lüfte.

Umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten

App starten, Skycontroller für die Steuerung verbinden, FPV-Brille (Cockpitglasses) aufsetzen und Drohne einschalten. Alles verbindet sich mehr oder weniger selbstständig. Die Flugzeit beträgt meist nur 25 Minuten mit einem Satz Akkus; vor dem ersten Flug muss der Kompass der Drohne kalibriert werden.

Neulinge sollten erst einmal auf menschenleerer Fläche ohne Hindernisse die Steuerung – zumeist via heruntergeladener App auf dem Smartphone oder Tablet und Skycontroller– üben, um auch die verschiedenen Kamera-Modi kennenzulernen: Weitwinkel, Tiefenschärfe, Videofunktion. Gimbals gleichen die Bewegungen des Multikopters im Flug aus und sorgen so für eine gelungene Bildstabilisierung – nicht nur für Pro-Fotografen ein wichtiges Gimmick in der Ausstattung einer Drohne.

Die gestalterischen Möglichkeiten reichen von Innenaufnahmen im Nahbereich – beim Flug durch Lagerhallen, Großraumbüros, Hotels – bis hin zu Überflügen von Gewässern, Wäldern oder Häuserzeilen. Entfesselte Kamerafahrten sind möglich – Fliegen wie in einem Videospiel –, erfordern aber im Einsatz viel Erfahrung, Feingefühl und Rücksicht und auch Kenntnisse im Luftrecht und in der Meteorologie.

Hochwertige Sensoren in den Kameras zeigen gestochen scharfe Luftaufnahmen und ungewöhnliche Blickwinkel, wie man auch in dem preisgekrönten National-Geographic-Kletterfilm „Free Solo“ sehen kann: Der Zuschauer im Kinosaal erkennt beim Heranzoomen der fliegenden Kamera einen getriebenen Kletterer –Top-Athlet Alex Honnold – in abgeschnittenen Hosen an der nackten Granitwand, tief darunter grüne Baumspitzen, die sich drohend wie Lanzen emporrecken.

Selten Erstattung des Kaufpreises

Da schon unkontrollierte Totalabstürze aus 90 Meter Höhe erfolgt sind, sollten einige technische Fehlerquellen nicht unerwähnt bleiben, denn im schlimmsten Fall führt ein technischer Defekt oder eine plötzlich auftretende Windböe zu einem Totalcrash, der auch Unbeteiligte verletzen oder Beschädigungen verursachen kann. Wer dann nicht gut versichert ist, bekommt ein Problem.

Es kann bei einigen Modellen aufgrund der Umgebung, das heißt WLAN und anderen Netzwerken wie 4G, zu Störungen der Auto-Funktionen kommen. Ebenso starten einige Multikopter bereits ohne GPS-Registrierung per App; die Speicherkarte fällt im Flugmodus aus dem Body; Ablagerungen im Motorgehäuse stören den Betrieb.

Einige User bemängeln lange Ladezeiten für Akkus via USB-Anschluss, andere stöhnen über komplizierte App-Downloads auf das Tablet oder Smartphone. Bei Gebrauch eines älteren Smartphones kann es auch zu einer schlechten Auflösung oder einem Ruckeln beim Arbeiten mit dem Cockpitglass/Skycontroller kommen. Gerade neuere Modelle und Baureihen wirken oft noch nicht ganz ausgereift, befindet sich der Drohnenmarkt doch in rasanter Entwicklung mit starkem Wettrüsten und Konkurrenzdruck. Der Hersteller Parrot verlangt für sein Modell Anafi zum Beispiel einen Aufpreis von 20 Euro für die beliebte „Follow-Me-Funktion“, ebenso soll die App-Funktion „FlightPlaner“ zusätzliche Gebühren kosten (InApp-Käufe). Eine DJI Mavic Air ist im Vergleich deutlich robuster gegen Verschmutzung, Umwelteinflüsse oder Unwetter geschützt, aber es bestehen beim Marktführer immer noch Reichweitenprobleme. Weitere regelmäßige Firmware- und Software-Updates der großen Drohnenhersteller werden folgen.

In jedem Fall empfiehlt es sich, das Gerät bei einem Händler seines Vertrauens zu kaufen, damit bei möglichen Reklamationen der Multikopter eingeschickt werden kann. Die Support-Hotline der Hersteller ist oft etwas kurz angebunden oder schwierig zu erreichen, auch wenn es um wichtige Ersatzteile wie Propeller oder Akku (oftmals überteuert) geht. Und: Bei Reklamationen gibt es in der Regel Nachbesserungen, aber selten eine Erstattung des Kaufpreises.

Praxistipp für die Reise: Die Richtlinien der verschiedenen Fluggesellschaften variieren sehr stark, aber die Akkus gehören wegen einer möglichen Brandgefahr immer in das Handgepäck. Fast alle Drohnen werden mit einem Lithium-Polymer-Akkumulator in Betrieb genommen, sodass derartige Antriebssysteme als leicht entzündbares Gefahrengut eingestuft werden.

Fazit

Dohnenfliegen ist nicht nur ein Privatvergnügen, sondern kann auch interessante kommerzielle Perspektiven bieten. Auch wenn die Nutzung streng reglementiert ist und die Technik noch nicht 100 %ig verlässlich ist: Die Vielfalt der gestalterischen Möglichkeiten bei Flugaufnahmen kann faszinieren.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Der Autor Ralf Falbe arbeitet als freier Bildjournalist, Videographer und Reporter. Veröffentlichungen u. a. in Stern, Sueddeutsche.de und Guardian. Ausgezeichnet mit dem Journalistenpreis Irland 2016 (Kategorie Online – Top 10), Bronze Winner International Photo Award IPA Philippines 2016 (Kategorie Kinder), Nominierung für den PR-Bild Award 2015 (Kategorie Tourismus, Freizeit, Sport). Mitglied beim DFJV, Nikon Professional Services NPS und der Fotoagentur Imagetrust. Weitere Informationen zu seiner Person unter www.ralffalbe.com.

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