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Die perfekte Rede – wie Bilder in den Köpfen erzeugt werden

Über wirkungsvolle Erzählstrukturen einer Rede und was es sonst noch alles zu beachten gilt.

Seit Urzeiten sind es Menschen gewöhnt, in Geschichten und Bildern zu denken. Geschichten rufen Emotionen hervor. Bilder, die direkt in den Köpfen der Zuhörer entstehen, packen wirklich. Am besten sprechen Sie über Bilder, die Sie selbst gesehen haben. Besonders gut wirken Ihre Geschichten, wenn Einzelschicksale im Vordergrund stehen.

Die selbst erlebte Geschichte hat eine enorme emotionale Qualität. Wer persönliche Erlebnisse einbaut, wirkt authentisch und offen. Was spannend ist, ist das Besondere, das Konkrete. Eine Geschichte ist dann spannend, wenn sie Entwicklung aufweist und es in ihr einen Wendepunkt gibt. Die Aufmerksamkeit und der Unterhaltungswert sind bei einem Überraschungsmoment sehr hoch. Bedenken Sie aber bitte unbedingt eines: Wer nur Geschichten anderer erzählt, hat keinen Inhalt!

Ihr Publikum möchte definitiv etwas erleben und empfinden. Verwenden Sie einen einfachen Erzählaufbau. Nutzen Sie eine Sprache mit Metaphern, kurzen Sätzen und starken Verben. Versuchen Sie mit minimalistischen Mitteln die größte Wirkung zu erzielen.

Wenn Sie das Gehirn der Zuhörer aktivieren, erhöhen Sie Aufmerksamkeit und Konzentration. Präsentieren Sie Thesen und Ideen, die das Publikum zum Nachdenken herausfordern.

Seien Sie optimistisch und humorvoll. Wenn Ihr Publikum lacht, haben Sie vieles richtig gemacht. Ein Rednergeheimnis lautet: Wenn sie lachen, dann hören sie zu.

Emotionale Erzählstrukturen

Sehr gute und weniger gute Redebeiträge unterscheiden sich in der emotionalen Struktur. Viele Redner kommen nie auf die Idee, ihre Inhalte nach emotionalen Qualitäten zu hinterfragen. Dabei ist der Aufwand für eine emotionale Gestaltung überschaubar und lohnenswert. Wir führen hier einige sehr wirkungsvolle Erzählstrukturen an.

Cliffhanger
Sie erzählen eine Geschichte und hören vor dem Höhepunkt auf. Später oder am Vortragsende erzählen Sie die Geschichte fertig.

Anonymes Reden
Sie sprechen über jemanden oder eine Sache und sagen aber nicht, um wen oder was es sich handelt. Erst wenn Sie am Ende des Abschnitts oder der Geschichte sind, lösen Sie das Ganze auf.

Spannungsankündigung
Sie erwähnen, dass Sie gleich etwas sagen werden: »Ich werde Ihnen gleich erzählen/zeigen.« »Ich verrate Ihnen Besonderes.« »Ich habe Ihnen zwei Geheimnisse mitgebracht.«

Bildhafte Vergleiche
Der gute Redner wird Vergleiche anwenden und Beispiele vorbringen. Marcus Tullius Cicero, römischer Philosoph

Verloren, wie ohne Raumschiff im Weltall. Das kommt mir vor wie ein Matrose ohne Boot. Ein Segel ohne Wind. Ein Vogel ohne Flügel. Eine Kerze ohne Docht.

Ausdrucksstarke Formulierungen
Lieber weniger und klare Worte als um sich kreisende Allgemeinplätze. Allgemein ist uninteressant. Vermeiden Sie vage Ausdrücke und aufweichende Formulierungen.

Wer bewusst reduziert und anschaulich spricht, wird besser wahrgenommen.

Denkpausen als wahre Verstärker
Wir müssen das Publikum selbst denken lassen. Jeder Zuhörer wird seine persönlichen Einsichten aus Ihren Inhalten selbst ziehen wollen. Deswegen brauchen Redner Mut. Mut zur Sekundenlücke. Wir dürfen das Publikum für Sekunden im Ungewissen lassen. Mehr noch, wir müssen die Macht der Stille nutzen.

Wenn Sie mit Ihren Worten Spannung erzeugen wollen, müssen Sie sich mit einem beschäftigen. Welche Gedanken bringt Ihr Publikum mit und wie können Sie diese Gedanken unterstützen? Wie geben Sie dem Publikum Zeit für seine Gedanken?

Sprechen ist Macht. Situativ ist die Macht des Schweigens aber noch viel größer.

Nutzen definieren und Transfer sichern

Welche Berechtigung bringen Sie mit?
Was ist Ihre Expertise?
Warum soll man gerade Ihnen zuhören?

Ihre Berechtigung zu sprechen und Ihre Expertise müssen überdauernd sein. Die Menschen hören Ihnen zu, weil Ihre Inhalte über den Moment der Rede hinausreichen.

Wenn der letzte Ton verklungen ist, ist Ihre Macht des Sprechens beendet. Im Endeffekt bleibt von Ihrer Rede nur eines übrig. Das, was die Menschen im Publikum für sich mitnehmen und umsetzen. Dazu sollen die Zuhörer den Nutzen Ihrer Inhalte klar erkennen. Sie müssen dem Publikum die Chance geben, den Transfer in den Alltag zu schaffen.

Einen am Transfer interessierten Zuhörer erkennen Sie daran, dass er sich Notizen macht oder Ihre Folien teilweise abfotografiert. Je mehr Menschen im Publikum das machen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich etwas von Ihren Inhalten mitnehmen und umsetzen wollen.

Während der Rede ist es sinnvoll, darauf hinzuweisen, was für die Zuhörer bedeutsam ist. »Wir konnten für Sie … lösen.« »Wir geben Ihnen Werkzeuge für die Umsetzung in die Hand.« »Für Sie bedeutet diese Erkenntnis, dass Sie morgen den ersten Schritt machen.«

Sie müssen dem Publikum konkret sagen, was es tun soll, was es vorher nicht getan hat. Ihre Handlungsanleitungen beachten dabei das Prinzip der kleinen Schritte. Niemand wird wegen einem Vortrag sein Leben ändern. Zumindest nicht gleich.

Vergessen und vermeiden, beachten und beherzigen

Seriöse Redner verbieten sich Witze. Wer nicht auf kurzfristige Effekte und Lacher aus ist, wird niemals Witze erzählen. Wir können es nur entschieden ablehnen, auf Kosten von Menschen im Publikum Scherze zu machen. Damit disqualifiziert sich ein Vortragender von selbst. Diese Vorgehensweise ist kontraproduktiv.

Hilflos wirken die Versuche, die eigene Homepage oder E-Mail-Adresse zu thematisieren. Egal ob Sie Gewinnspiele ausrufen oder die angeblich letzten Plätze für das nächste Seminar verkaufen oder Ihr Buch zum Sonderpreis anbieten. Ein Klassiker der Hoffnungslosigkeit ist es, wenn während des Vortrags um Kontaktaufnahme per XING, Facebook, … gebeten wird. Wenn Sie die Zuhörer richtig gut finden, finden diese Sie auch in den Weiten des Internets. Wenn ein Redebeitrag nicht so richtig prickelnd ist, bringen auch Überraschungen und unerwartete Wendungen um jeden Preis nichts. Das Publikum durchschaut so einen Versuch blitzschnell.

Zeigen Sie Ihre Persönlichkeit. Überraschen Sie mit Emotionen, einem originellen Bild, einer persönlichen Geschichte und Ihrem Auftritt. Bedenken Sie zusätzlich, der einfachste Ton hat noch immer den stärksten Ausdruck.

Was Sie aus Respekt vor den Zuhörern und als Anspruch an sich selbst beherzigen sollten: Halten Sie Ihre Redezeit ein. Unterschreiten sie diese eher geringfügig. Das macht es spannend. Das Publikum hat das Gefühl, dass Sie stilvoll agieren und es noch mehr von Ihnen hören möchte.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Rede. Vorträge, die berühren, begeistern und bewegen“ von Peter Baumgartner und Eva Shata-Aichner, BusinessVillage, Göttingen 2017. 

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Die Autoren: Peter Baumgartner ist Dipl.-Pädagoge sowie Wirtschaftsingenieur und spielte in Film-, Theater- und Hörspielproduktionen. Er erstellt Medienkonzepte und leitet Pressekonferenzen. Der Vortragsredner, mehrfache Buchautor und Wirtschaftsliteraturpreisträger ist als Vortragscoach und Hochschuldozent im In- und Ausland tätig. Persönlichkeiten aus Medien und Wirtschaft vertrauen auf seine Sprech-, Medien- und Bühnenkompetenz. www.peterbaumgartner.at 

Eva Shata-Aichner studierte Schauspiel und ist Ensemblemitglied am Landestheater Linz. Sie hält Lesungen, war in Hörspielen und Filmen für den ORF tätig und erhielt die Kulturmedaille des Landes Oberösterreich. Eva-Maria Shata-Aichner hat einen Lehrauftrag für Rhetorik, Sprechtechnik und szenisches Spiel. Sie ist Buchautorin und eine erfahrene Trainerin für Artikulation, Stimmsitz und Ausdruck.

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