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Instagram-Storys: Die kreative Art des Geschichtenerzählens

Egal, ob auf Snapchat, Facebook oder Instagram: Storys sind in. Sie sind ein Beleg dafür, dass Storytelling visuell besonders gut funktioniert. Der Beitrag gibt am Beispiel Instagram einen Überblick über die wichtigsten Gestaltungselemente und zeigt, wie man sie für kreatives Storytelling verwendet. 

Wenn man über multimediales Erzählen spricht, betrifft dies heutzutage automatisch auch das Storytelling in sozialen Netzwerken. Facebook, Twitter, Snapchat und Instagram – um nur die großen Anbieter zu nennen – sind zu eigenen multimedialen Erzählplattformen für Milliarden Menschen geworden und werden heute ganz überwiegend über die zugehörigen Apps genutzt. In den Apps nicht nur dieser Netzwerke verschmelzen Aufnahme, Produktion, Publikation und die Interaktion mit den eigenen Followern.

Storys eignen sich für Journalisten

Der Instant-Messaging-Dienst Snapchat hat 2016 die „Storys“ erfunden: Eine Story ist eine Sammlung aller Fotos und Videos, die ein Nutzer innerhalb der letzten 24 Stunden erstellt hat. Die Nutzer garnieren die Fotos und Videos in ihrer Story oft kreativ mit Zeit- und Ortsangaben, Hashtags, Emojis, Filtern, Masken oder Zeichnungen. Storys sind aber immer nur 24 Stunden sichtbar und danach verschwunden.

Dennoch (oder vielleicht sogar deswegen?) ist die Story-Funktion so beliebt, dass sie viele Nachahmer gefunden hat: Die Foto- und Video-App Instagram hat ebenfalls schon 2016 eine eigene Story-Funktion eingeführt und die die Features von Snapchat nahezu 1:1 kopiert. Bei Facebook, das Instagram 2012 übernommen hat, gibt es die Story-Funktion ebenfalls, sie ist dort aber bei Weitem nicht so populär wie auf Instagram. Weil viele Facebook-Nutzer auch auf Instagram sind, ist es leichter, sich eine Instagram-Followerschaft aufzubauen. Inhalte, die man bei Instagram erstellt, lassen sich automatisch auch auf dem eigenen Facebook-Account veröffentlichen, wenn man ihn einmal verknüpft hat. Gerade bei den Instagram-Storys nutzen das viele Journalisten. Das liegt unter anderem daran, dass sie mehr Gestaltungsmöglichkeiten bieten als die Facebook-Storys.

Da Instagram in den letzten beiden Jahren zum Marktführer unter den Storys geworden ist und auch viele Journalisten und Medienmarken dieses Feature nutzen, schauen wir uns die Instagram-Storys genauer an.

Auf Instagram-Storys steht eine große Auswahl an Stickern zur Verfügung. Besonders häufig werden Standorte, Hashtags und Umfragen genutzt.

Die wichtigsten Features der Instagram-Storys

Wer eine Instagram-Story bauen will, kann aus einer Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten wählen:

  • Text: Der Editor bietet zahlreiche Schrifttypen an. Man kann Hintergrundfarben auswählen und auch ein Hintergrundbild einfügen.
  • Fotos: Verwenden kann man auf dem Smartphone gespeicherte Aufnahmen, aber auch Fotos, die direkt aus der App geschossen werden. Wer einen der zahlreichen klassischen Instagram-Foto-Filter nutzen will, muss den Umweg über das „normale“ Instagram nehmen. Dort kann man Fotos machen, mit Filtern bearbeiten und das so gestaltete Foto über die Aufnahmen-Funktion zu seiner Story hinzufügen.
  • Videos: Hier gibt es die Optionen Live-Stream, normales Video, Boomerang (Video springt zwischen Start- und Endpunkt hin und her) und Rewind (Aufnahme wird rückwärts abgespielt).

Egal, ob Text, Foto oder Video: Alle diese Elemente lassen sich kreativ bearbeiten durch:

  • farbliche Filter (allerdings andere als im normalen Instagram);
  • Masken (z. B. Sonnenbrille, Katzen- oder Hundeohren; im Journalismus eher nicht zu empfehlen);
  • Zeichnungen, die sich per Finger in verschiedenen Farben und Größen anfertigen lassen. Ein simpler Pfeil oder Kreis eignen sich sehr gut, um etwas in einem Bild hervorzuheben.
  • Für journalistische Storytelling-Zwecke sind die Sticker am nützlichsten: So kann man den Standort einblenden, die Zeit, einen anderen Account erwähnen oder ein thematisches Hashtag setzen. Mit Standort und/oder Hashtag versehene Storys werden auch angezeigt, wenn jemand nach diesen Standorten oder Hashtags sucht. Um die Interaktion zu steigern, sind die Tools Umfrage (mit zwei frei wählbaren Antwortoptionen) und Frage (auf die die Nutzer ihre Antwort in einem Freitextfeld eingeben können) nützlich.

Accounts, die mehr als 10.000 Nutzer haben, können auch Links in ihre Storys einbauen. In der Regel verlinken Angebote wie die „Süddeutsche Zeitung“ oder „Bento“ dann auf weiterführende Artikel auf ihrer eigenen Website. Diese Links lassen sich durch Hochswipen öffnen; man bleibt dabei aber in der Instagram-App. Am oberen linken Bildschirmrand bleibt stets ein X zu sehen, mit dem man das geöffnete Link-Fenster wieder schließen und sich weiter durch die Instagram-Story klicken kann.

So gelingt das „Storytelling mit Storys“

Persönlichkeit: Wer als Journalist Storys auf Instagram veröffentlichen will, sollte nicht kamerascheu sein. Die Story-Funktion lebt stark von Personalisierung: Menschen melden sich von einem interessanten Ort und schildern aus ihrer ganz persönlichen Sichtweise heraus, was dort passiert. Und sie sind dabei oft selbst im Bild. Solche Videos sind im Netz sehr beliebt, weil die Nutzer sie als authentisch wahrnehmen. Gerade für Journalisten, die in ihren Themen tief drinstecken, kann dies eine gute Profilierungsmöglichkeit sein.

Aber: Zu viel Selbstdarstellung ist kontraproduktiv. Niemand will Storys anschauen, die nur aus Selfie-Monologen bestehen (wenn der Macher nicht gerade ein Star ist). Journalisten sollten nie mehr als drei Selfie-Elemente hintereinandersetzen. Und Selfie ist nicht gleich Selfie: Natürlich kann man mal displayfüllend zu sehen sein – danach sollte aber auch eine Einstellung folgen, in der ein anderes Motiv im Mittelpunkt steht und man selbst nur am Rand zu sehen ist.

Gestaltungselemente mixen: Die Anreicherung der Story-Elemente mit Filtern, Grafiken, Fingerzeichnungen, Grimassen und Masken erhöht den Fun-Faktor erheblich und ist ein Markenzeichen für die Storys. Verwenden Sie die Filter aber nicht nur, damit die Story ein bisschen bunter wird. Jedes Element sollte eine Funktion haben: Sei es eine Information (zum Beispiel ein Fakt), eine Hervorhebung (zum Beispiel durch einen Pfeil) oder eine Orientierung (Fahne).

Drehbuch schreiben: Womit steige ich ein, was ist der Hauptteil, womit höre ich auf? Welche Aspekte hat meine Story? Formulieren Sie pro Element nur einen Gedanken. In den Instagram-Storys können einzelne Video-Takes bis zu 15 Sekunden lang sein. Wer länger auf dem Aufnahme-Button bleibt, generiert automatisch ein neues Video. Dennoch gilt: In der Kürze liegt die Würze. Dann werden die einzelnen Elemente automatisch prägnanter. Wichtig ist, dass die einzelnen Elemente inhaltlich aufeinander aufbauen.

An den Ort des Geschehens gehen: Storys aus dem Büro sind langweilig. Gehen Sie – wie bei einem klassischen Video auch – an einen Ort, an dem es etwas zu sehen und/oder zu hören gibt.

Follower einbinden: Rufen Sie sie – eventuell schon im Vorfeld – dazu auf, Fragen zu stellen. Versuchen Sie, diese Fragen zu beantworten. Nutzen Sie die Fragen und Umfrage-Funktionen in den Instagram-Storys.

Beschriften Sie Ihre Story-Elemente: So funktioniert die Story zur Not auch ohne Ton und der Zuschauer kann schneller durchtappen. Besonders praktisch ist das, wenn Sie einen fremdsprachigen O-Ton übersetzen müssen.

Liefern Sie Hintergrund: Fakten, Zahlen, Zitate machen sich auch in einer Story gut. Bereiten Sie Ihre Hintergrund-Fakten am besten in einem externen Dokument vor und kopieren Sie sie dann in die einzelnen Elemente.

Gerade für Storys gilt: Probieren geht über studieren. Dann merken Sie schnell, was funktioniert und was nicht. Bei Storys muss nicht alles perfekt sein – andererseits sollten Sie den Aufwand auch nicht unterschätzen. Eine gute Story macht man nicht „mal eben im Vorbeigehen“, eine gehaltvolle und zugleich unterhaltsame Geschichte braucht einen gut durchdachten Aufbau.

Anwendungsfelder für Storys

Ziemlich einfach ist ein Blick hinter die Kulissen umzusetzen. Das kann die eigene Redaktion sein: Stellen Sie Ihre Kollegen vor. Zeigen Sie, wie es an einem bestimmten Arbeitsplatz, etwa im Newsroom, zu verschiedenen Zeiten aussieht: Wie viele Leute sind da, wie läuft die Titelkonferenz ab? Wenn die Redaktion in einem Hochhaus sitzt: Gibt es einen spannenden Ausblick auf die Stadt und ihre Umgebung? Wie verändert der sich zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten?

Auch über Events lässt sich per Instagram-Story berichten. Allerdings geht es hier meistens eher um ein Stimmungsbild, um einige optische und/oder akustische Eindrücke als um einen detaillierten Bericht. „Heise Online“ hat zum Beispiel sein Maskottchen Botti von der letzten Cebit berichten lassen.

Ratgeber, speziell Schritt-für-Schritt-Anleitungen, lassen sich gut als Story umsetzen: für jeden Schritt ein eigenes Element. Mit der Stiftfunktion ist es ganz leicht, den Punkt hervorzuheben, der gerade besonders wichtig ist.

Auch Produkttests eignen sich gut für eine Story. Man kann das Produkt in der Praxis ausprobieren, zeigen, wie es aussieht, demonstrieren, was es kann, eine Bewertung dazu abgeben, das Ganze mit Emojis garnieren. „Auto Motor und Sport“ hat das auf Instagram zum Beispiel mit der achten Generation des Porsche 911 gemacht.

Auch wenn es in Storys oft eher um Unterhaltung und visuelle Dokumentation geht: Storys können auch dazu genutzt werden, um über aktuelle Ereignisse zu berichten. Nicht nur rein nachrichtlich, sondern auch mit Hintergrund. „Puls“ hat zum Beispiel das Thema alpines Skifahren in Zeiten des Klimawandels in der Instagram-Story „Wintersport adé“ umgesetzt. Die Story liefert einige Fakten, ehe sie die Nutzer fragt: „Denkt Ihr darüber nach, für die Umwelt weniger Wintersport zu machen?“

Ein gutes Beispiel für Erklärjournalismus mit persönlicher Note ist die Instagram-Story „Jerusalem“ von Eva Schulz, Journalistin und Moderatorin bei „Deutschland 3000“. Sie nimmt die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zum Anlass, um die Grundzüge des Nahost-Konflikts am Beispiel Jerusalems zu erklären. Besonders anschaulich wird das, wenn Schulz in Selfie-Videos von ihrer eigenen Zeit in Jerusalem berichtet und das in Kontext zu den aktuellen Ereignissen setzt.

Eva Schulz erklärt in ihrer Instagram-Story „Jerusalem“ den Nahost-Konflikt aus ihrer persönlichen Perspektive.

Auch Interviews lassen sich mit Storys gut umsetzen, sowohl als Live-Stream als auch in einzelnen Frage-Antwort-Sequenzen. Wichtig ist hier besonders ein guter Ton, speziell, was den Interviewpartner betrifft. Insofern ist hier ein externes Mikrofon angesagt. Falls gerade keines da ist, kann man dem Gesprächspartner das Smartphone direkt in die Hand geben.

Mit der Umfrage-Funktion der Instagram-Storys lassen sich auch sehr gut Quizzes erstellen. Der „Guardian“ veröffentlicht regelmäßig „Fake or real“-Storys, in denen ein Journalist eine Behauptung präsentiert. Im nächsten Schritt wird die Umfrage „Fake or For Real“ eingeblendet, ehe die Antwort gegeben wird.

Fazit

Instagram-Storys erfreuen sich großer Beliebtheit: Sie sind leicht konsumierbar und oft auch unterhaltsam. Auch (Fach-)Journalisten können sich Instagram-Storys gut zu Nutze machen, um Informationen auf unterhaltsame, interaktive und multimediale Weise zu präsentieren. Der journalistischen Kreativität sind dabei kaum Grenzen gesetzt.

Besonders viel Energie sollte in den Aufbau der Story fließen. Das gilt zum einen für den Spannungsbogen der Story, zum anderen für die Frage, welcher inhaltliche Aspekt mit welchem Story-Feature am besten transportiert wird.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Foto: Andreas Unger

Foto: Andreas Unger

Bernd Oswald ist freier Journalist für Themen an der Schnittstelle von Politik, Medien und Technik. Er ist freier Mitarbeiter bei BR24, dem trimedialen Nachrichtenangebot des Bayerischen Rundfunks, wo er sich auf Fact-Checking und Verifikation spezialisiert hat. Darüber hinaus arbeitet Oswald als Trainer für digitalen Journalismus. Er bietet vor allem Seminare zu Online-Recherche, Schreiben fürs Netz und Datenjournalismus an. Über neue Trends im digitalen Journalismus bloggt er auf journalisten-training.de und twittert als @berndoswald. Kürzlich ist sein E-Book „Digitaler Journalismus. Eine Gebrauchsanweisung“ erschienen.

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