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Keine Angst vor Schreibblockaden: Die vier Phasen des kreativen Prozesses

Schreibblockaden hatte jeder schon mal. Sorgen sollten wir uns darüber keine machen, wie der Autor Daniel Fitzke findet. So sind Schreibblockaden ein normaler Bestandteil des kreativen Prozesses. Dieser lässt sich in vier Phasen unterteilen. Es gibt keine Abkürzung. Aber der Prozess lässt sich bewusst gestalten und ein Stück weit steuern. Ein Buchauszug:

1926 legte der Mitbegründer der London School of Economics, Graham Wallas (1858–1932), eine erste systematische Theorie des kreativen Denkens vor. In seinem Werk „The Art of Thought“ beschreibt er ein Modell des kreativen Prozesses, das bis heute Gültigkeit besitzt.

Er identifiziert die vier Phasen:

  1. Präparation (hier: Expedition)
  2. Inkubation
  3. Illumination
  4. Verifikation (hier: Evaluation)

Abbildung : Der kreative Prozess © https://www.gutekommunikation.net/

Dem Modell von Wallas liegen Beobachtungen von Hermann von Helmholtz und Henri Poincaré zugrunde. Ein Physiker und ein Mathematiker haben also Pate für eine Theorie der Kreativität gestanden. Warum nicht?

Denn auch die Lösung wissenschaftlicher Probleme erfordert kreatives Denken.

Phase 1: Expedition 

Wallas verwendet für die erste Phase den Begriff „Preperation“, üblicherweise übersetzt als „Präparation“. Auch „Exploration“ findet sich als Bezeichnung für Phase 1, was wörtlich ins Deutsche übertragen auch im Sinne einer Ausbeutung (üblicherweise von Rohstoffen) verstanden werden kann.
Um den stark expeditiven, dynamischen Charakter dieser Phase zu unterstreichen, wird hier der Begriff der „Expedition “ verwendet. Also, auf zum Aufbruch ins Unbekannte. Packen wir‘s an!

Je präziser eine Aufgabe definiert ist, desto bessere Lösungsansätze finden sich am Ende. Das klingt einfacher, als es ist. Gerade bei stark konzeptionell getriebenen Arbeiten ist eine exakte Aufgabenbeschreibung unerlässlich.

Leitfragen im Bereich PR und Marketing:

Typische Leitfragen bei PR-Aktivitäten oder in der Marketing-Kommunikation lauten:

  • Wo stehen wir?
  • Was wollen wir erreichen?
  • Was kann die geplante Arbeit dazu beitragen?
  • Was sind die Botschaften?
  • Wen wollen wir erreichen bzw. wer sind die Zielgruppen der Botschaft?
  • Wie ticken diese Zielgruppen? Das heißt, was sind ihre Interessen und mit welcher Sprache erreichen wir sie?

Leitfragen bei einer wissenschaftlichen Arbeit:

Bei einer wissenschaftlichen Arbeit stehen zu Anfang andere, teilweise aber ähnliche Fragen im Vordergrund:

  • Was ist der Untersuchungsgegenstand?
  • Welche Aspekte sollen genau beleuchtet werden?
  • Was ist ein möglicher Erkenntnisgewinn?
  • Für wen kann das interessant sein?

Die Antworten auf diese Fragen führen zum eigentlichen Thema. Es folgen Recherche und ggf. ein Literaturstudium. Ein Arbeitstitel kristallisiert sich heraus. Möglicherweise gibt es schon eine erste Gliederung. Vielleicht hast du das alles schon so oder ähnlich erlebt. Gerade diese Anfangsphase bringt oft scheinbar schnelle Resultate und die Zuversicht, die Aufgabe sicher und ohne größere Probleme bewältigen zu können. Die Zeit für ein Projekt scheint mehr als ausreichend und am Ende der Expedition sind schon die wesentlichen Pflöcke eingerammt. Das wird mal ein ganz entspannter Job. Bestimmt, wenigstens dieses eine Mal. Denkste!

Phase 2: Inkubation

Auf einmal zieht es sich. Irgendwie scheint nichts mehr zu gelingen. Es lief doch alles so gut, warum geht es denn nicht mehr weiter? Bitte, nicht schon wieder! Immer mehr lustlose Entwürfe werden verworfen. Das Thema scheint insgesamt unglücklich gewählt. Die Metaphern sind schief, Bilder und Argumente tragen nicht. Vielleicht hast du auf einmal sogar das Gefühl, dass du eigentlich gar nichts Substanzielles zu sagen hast. Das alles sind sichere Anzeichen, dass Phase 2 begonnen hat, die Inkubation.

Nur Mut!

Jetzt geht der kreative Prozess erst richtig los, denn hier übernimmt das Unterbewusstsein. Der Input aus Phase 1 sinkt aus dem Tagbewusstsein in tiefere Sphären ab und dort wird weitergearbeitet. Eigentlich ein gutes Zeichen. Nur blöd, dass du gerade gar nicht das Gefühl hast, dass überhaupt irgendetwas arbeitet. Prokrastination gehört in dieser Phase ebenso dazu wie das Gefühl, überhaupt nichts zustande zu bekommen. Leere und Langeweile machen sich breit. Gerade schien das Ziel schon in Reichweite und auf einmal steht alles infrage. Alles okay. Dieser Zustand kann lange anhalten. Wie gesagt, Prokrastination ist Arbeit.

Phase 3: Illumination 

Auf den letzten Metern kommt er dann, der heiß ersehnte, zündende Gedanke. Die verbindende Klammer, die Idee, mit der auf einmal alles einen Sinn ergibt. „Gerade noch mal Glück gehabt“, hast du dir dann vielleicht so manches Mal gesagt. Nein, das ist kein Glück. Das ist die Illumination. Das Unterbewusstsein hat seine Arbeit geleistet und es entsteht ein neuronales Feuerwerk im Cortex. „Dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin“, ist ein typischer Gedanke an dieser Stelle. Denn meistens ist die Lösung bestechend einfach. Sehr oft kommt die Illumination völlig unerwartet. Die eine geht mit ihrem Hund spazieren, dem anderen fällt ein Apfel auf den Kopf. Beim Joggen, beim Duschen, beim Bügeln – irgendwann funkt es. Wer nachts mit dem erlösenden Gedanken aus dem Schlaf hochfährt, hat hoffentlich einen Notizblock neben dem Bett liegen. Kennst du das? Sicher hast du deine eigenen, ganz persönlichen Beispiele.
Die verbleibende Zeit dürfte verdammt knapp sein. Wahrscheinlich wächst du jetzt über dich hinaus und entfesselst eine ungeheure Produktivität – begleitet von Blut, Schweiß und Tränen.

Phase 4: Evaluation

Jetzt kommt der Feinschliff: ein sorgfältiger Faktencheck. Stimmt der rote Faden? Sind alle Aspekte ausreichend, aber nicht zu ausschweifend beleuchtet? Tragen die gewählten Bilder wirklich? Sind die Argumente wasserdicht? Das nennt sich Evaluation. Nach der emotionalen Achterbahn zuvor brauchst du jetzt einen kühlen Kopf.

Es gibt keine Abkürzung

Nicht immer gibt es den einen kreativen Prozess. Bei größeren Projekten können innerhalb des Gesamtprozesses mehrere Mikroprozesse ablaufen. Und nicht immer ist die Aufgabe so groß, dass alle Phasen deutlich zutage treten. Im Kern ist das Muster aber den meisten Schreibenden bekannt und mehr oder weniger bewusst. Journalisten, die tagesaktuell berichten, reicht mitunter der ritualisierte Toilettengang als Inkubationszeit. In jedem Fall gilt: Kreativität braucht Zeit. Eine Abkürzung gibt es nicht. Es ist eine Illusion, zu glauben, man könnte dauerhaft so produktiv sein wie in der Hochphase der Illumination. Das glauben nur Betriebswirte. Aber die glauben auch, dass neun Frauen gemeinsam innerhalb eines Monats ein Kind gebären können. Auch der kreative Prozess mündet regelmäßig in eine Geburt. Und von Sturzgeburt bis Kaiserschnitt ist alles drin. Doch wer den Prozess als Ganzes kennt und akzeptiert, kann ihn bewusst steuern und die richtigen Trigger setzen. Den Geburtsschmerz wird dir niemand nehmen. Aber wenn alles gut läuft, hältst du zum Stichtag ein gesundes Baby im Arm.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „30 Minuten Schreibblockaden lösen“ von Daniel Fitzke, GABAL Verlag, ISBN 978-3-86936-881-8.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Der Autor Daniel Fitzke ist Kommunikationsmanager und Betriebswirt mit langjähriger Erfahrung als PR-Berater und Presssprecher. Als Berater, Trainer und Coach begleitet er Menschen und Unternehmen bei der Entwicklung eines prägnanten Profils und bei der Vermittlung klarer Botschaften. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.gutekommunikation.net/

 

 

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