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Wann ist ein Journalist nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt? Das Urheberrecht und seine Verwandten

Unter Journalisten bestehen vielfach Unklarheiten darüber, was nach dem Urheberrechtsgesetz überhaupt geschützt ist, wer Schutz genießt und wogegen der Schutz greift. DFJV-Vertragsanwalt Frank C. Biethahn klärt über die Rechtslage auf.

Das Urheberrechtsgesetz schützt das Urheberrecht und „verwandte Schutzrechte“. Solche „verwandten Schutzrechte“ sind keine Urheberrechte, genießen aber weitgehend den gleichen Schutz.
So vielfältig wie journalistische Leistungen sein können, ist auch die Rechtslage. Für Journalisten besonders relevant sind dabei der Schutz von Texten und Bildern. Schutz genießen können aber z. B. auch Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und Filme.

Geschützter Content

Texte sowie die meisten anderen Arten von Content können als „Werk“ geschützt sein, wenn sie als „persönliche geistige Schöpfungen“ zu werten sind, das heißt, wenn sie „Schöpfungshöhe“ aufweisen. Fotos sind dagegen schon ohne Schöpfungshöhe weitgehend geschützt, mit Schöpfungshöhe nur etwas weitgehender (länger und etwas stärker). Das bedeutet, dass Fotos stärker geschützt sind als Texte, weil Texte Schutz überhaupt nur dann genießen, wenn sie Schöpfungshöhe aufweisen.

Was „Schöpfungshöhe“ genau bedeutet, wird in der Rechtsprechung nur mehr oder weniger vage umrissen. Anhand von Texten erläutert, lässt sich sagen: Es soll auch die sogenannte „kleine Münze“ geschützt sein. Eine gewisse individuelle Prägung soll ein Text aber besitzen, was allerdings in der Regel – nach BGH-Rechtsprechung – sogar bei nüchternen Texten wie Nachrichten vorliegt.

Im Ergebnis kann man festhalten: Sobald eine nicht völlig unerhebliche „Schöpfung“ stattgefunden hat, liegt Schöpfungshöhe vor. Sie zeichnet sich durch eine gewisse Individualität aus, die sich im Text niederschlägt. Ob der „Schöpfungsakt“ besonders aufwendig war oder der Schöpfer besonders qualifiziert, spielt keine Rolle, maßgeblich ist allein das Ergebnis. Ein nicht-schöpferisches Ergebnis von einem Experten, das dieser in langwieriger Arbeit erstellt hat, besitzt keine Schöpfungshöhe; ein schöpferisches Ergebnis von einem Laien, das dieser spontan erstellt hat, hat Schöpfungshöhe.

Individualität kann sich aus der Art und Weise ergeben, wie der Inhalt ausgewählt, eingeteilt, dargestellt und angeordnet wird. Je individueller das Ergebnis ausfällt, desto eher besteht Schutz. Je länger ein Text ausfällt, desto eher dürfte eine gewisse „individuelle Note“ vorliegen, desto eher ist ein Text daher in aller Regel geschützt – pauschal an der Länge festmachen, lässt sich der Schutz aber nicht. Regeln wie „ab … Wörtern“ oder „ab … Zeichen“ lassen sich mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbaren.

An der Schöpfungshöhe fehlt es von vornherein, wenn der Verfasser keinen Spielraum für individuelle Gestaltungen hat, wenn die Umstände ihm also zwingend ein Ergebnis vorgeben.
Denn ohne diesen Freiraum kann der Verfasser auch nicht „schöpfen“. In den meisten Fällen bestehen aber ausreichende Spielräume für eine individuelle Gestaltung, sei es z. B., dass andere sprachliche Gestaltungen gewählt werden können, sei es, dass der Inhalt anders verarbeitet werden kann. Werden diese genutzt, kann Schöpfungshöhe erreicht werden.

Ob Schöpfungshöhe vorliegt, hängt von der Würdigung des Einzelfalls ab und kann auch nur im Einzelfall festgestellt werden.

Geschützte Journalisten

Ein Journalist ist nur dann geschützt, wenn (und soweit) er Berechtigter am Content ist. Der „Schöpfer“ ist der „erste Berechtigte“ an der Schöpfung. Allerdings kann er anderen Nutzungsrechte daran einräumen, die sein eigenes Recht beschränken – so wie ein Grundstückseigentümer sein Grundstück mit Hypotheken und Grundschulden belasten kann. Je mehr Nutzungsrechte er anderen (wirksam) eingeräumt hat, desto weniger verbleibt ihm selbst von seinem Recht. Eine vollständige Übertragung des Urheberrechts auf einen anderen ist nach deutschem Recht allerdings in aller Regel unmöglich. Manchmal schützt das Gesetz den Urheber bei Rechteeinräumungen – unklare Gestaltungen gehen meist nicht zu seinen Lasten (§ 31 Abs. 5 UrhG –  s. dazu unten, unter „Schutz wogegen“).

Angestellte Urheber räumen im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses ihrem Arbeitgeber oft sehr weitgehende Nutzungsrechte ein, die mit dem Arbeitslohn abgegolten sind.

Eine Urheberbezeichnung ist für die Berechtigung nicht notwendig. Der Urheber ist auch dann Urheber, wenn er nicht auf seinem Werk vermerkt ist. Allerdings ist eine Urheberbezeichnung sinnvoll (sie kann die Rechtsdurchsetzung erheblich erleichtern und Risiken vermindern), und es besteht auch ein Anspruch darauf.

Die Urheberpersönlichkeitsrechte verbleiben stets beim Urheber. Auch wenn er – z. B. einem Verlag – Rechte einräumt, verbleiben diese also bei ihm. Dazu gehört das Recht auf eine Urheberbezeichnung (s. soeben), aber z. B. auch, Entstellungen und andere gravierende Änderungen untersagen zu dürfen.

Schutz wogegen?

Genießen Journalisten Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz, stellt sich die Frage, wogegen genau. Der Schutz ist nämlich nicht umfassend. Nicht jede Nutzung ist überhaupt urheberrechtsrelevant, und nicht jede urheberrechtsrelevante Nutzung ist verboten.

Nicht urheberrechtsrelevant ist z. B. der reine „Werkgenuss“. Wer einen Text liest oder ein Bild betrachtet, nutzt dieses nicht in urheberrechtlich erheblicher Weise. Anders sieht es aus, wenn der Content vervielfältigt (dazu gehört z. B. auch das Fotografieren oder Einscannen) oder verbreitet bzw. online gestellt wird.

Wer urheberrechtlich geschützten Content in urheberrechtlich erheblicher Weise nutzen will, braucht dazu eine Erlaubnis. Diese kann er vom Berechtigten erhalten, sie kann sich aber auch aus dem Gesetz ergeben.

Die Erlaubnis, die vom Berechtigten erteilt wird, hat mehrere „Tücken“. Problematisch ist, dass der Nutzer nicht wissen kann, ob sein Gegenüber wirklich berechtigt ist, ihm eine solche Erlaubnis zu erteilen. Ist sein Gegenüber der Urheber, könnte er bereits einem anderen so umfassende Nutzungsrechte eingeräumt haben, dass er die jetzt beabsichtigte Erlaubnis gar nicht mehr wirksam erteilen kann. Selbst wenn das Gegenüber wirklich berechtigt ist, gibt es vielfach Überraschungen. Oft ist der Umfang der Erlaubnis durch Eingreifen gesetzlicher Regelungen anders als erwartet. Zu bedenken sind dabei insbesondere § 31 Abs. 5 UrhG sowie § 38 Abs. 1 UrhG. Während § 31 Abs. 5 UrhG sich zugunsten der Urheber auswirkt, schlägt § 38 Abs. 1 UrhG auf Seiten der Nutzer aus.

§ 31 Abs. 5 UrhG regelt, dass Unklarheiten zu Lasten des Nutzers gehen. Wenn sich aus der Vereinbarung nicht klar ergibt, welche Rechte der Nutzer haben soll, erhält er im Zweifel weniger. Dann gilt, dass er nur das an Rechten erhält, was sich aus dem „von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck“ ergibt. Da beide grundlegend gegensätzliche Interessen haben (der Nutzer möchte möglichst viele Rechte erhalten und dafür wenig Vergütung leisten, beim Berechtigten ist es genau umgekehrt), wird das nur ein enger Bereich sein. Bei einem Buchprojekt hätte eine unklare Regelung im Verlagsvertrag z .B. zur Folge, dass der Verlag im Zweifel nur zu einer Auflage mit maximal 1.000 Exemplaren befugt wäre. Typisch für das Eingreifen von § 31 Abs. 5 UrhG sind Regelungen, die besagen, dass der Nutzer „alle Nutzungs- und Verwertungsrechte“ erhalte, aber auch solche, die die einzelnen Rechte nicht hinreichend konkret darstellen. Da das schwierig ist, sind viele Verlagsverträge in diesem Punkt mindestens zweifelhaft.

§ 38 Abs. 1 UrhG sieht u.a. vor, dass Zeitschriftenverlage im Zweifel ein ausschließliches Nutzungsrecht zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung für ein Jahr haben. Sobald dem Verlag die Veröffentlichung „gestattet“ wird, entsteht dieses weitgehende Exklusivrecht, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Zeitschriftenverlage werden in diesem Punkt vom Gesetzgeber privilegiert.

Beim zweiten Punkt, der Erlaubnis, die sich aus dem Gesetz ergibt, ist zu beachten, dass dabei der jeweilige gesetzliche Tatbestand genauestens eingehalten werden muss. Bei der geringsten Abweichung greift die Erlaubnis nicht und liegt ggf. eine Urheberrechtsverletzung mit allen Folgen vor. Gesetzliche Erlaubnisse ergeben sich u. a. aus §§ 44a ff. UrhG.

Dauer des Schutzes

Das Urheberrecht erlischt siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers (§ 64 UrhG). Zu Lebzeiten des Urhebers läuft sein Urheberrecht daher niemals aus. Wenn keine Schöpfungshöhe vorliegt, besteht normalerweise auch kein Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Greift ausnahmsweise eines der verwandten Schutzrechte aus dem Urheberrechtsgesetz, gilt eine andere Frist.
Für Fotos mit Schöpfungshöhe gelten daher die normalen Regeln, für solche ohne besteht ein Schutz von fünfzig Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem das Foto hergestellt (nur bei Fotos, die innerhalb der Frist nicht veröffentlicht wurden) bzw. veröffentlicht wurde.

Fazit

Journalisten genießen für den von ihnen erstellten Content weitgehenden Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch wahrnehmen.

Wie hilft der DFJV seinen Mitgliedern beim Thema Urheberrecht? Der DFJV bietet seinen Mitgliedern eine kostenfreie, individuelle und zügige Rechtsberatung (Erstberatung) an. Mehr Informationen erhalten Sie hier. Zudem informieren wir in Rechts-News zu wichtigen Themen. Bei komplexen, auch rechtlichen Fragestellungen hilft Ihnen der DFJV darüber hinaus durch verschiedene Leitfäden.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Frank C. BiethahnDer Autor Frank C. Biethahn ist Inhaber einer u. a. auf Urheber- und Medienangelegenheiten spezialisierten Kanzlei bei Hamburg. Er ist bundesweit tätig. Als Vertragsanwalt des DFJV ist er für die Mitglieder-Rechtsberatung zuständig, zudem ist er Lehrbeauftragter an Hochschulen in Hamburg.

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