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Unternehmen „Sachbuchschreiben“ – zwischen Leidenschaft und Kalkül

Wie du beim Schreiben eines Sachbuchs zum „Authorpreneur“ wirst.

Mit der Bezeichnung „Autor“ bzw. „Autorin“ verbinden wir vieles – aber selten denken wir dabei daran, dass auch das Buchschreiben mehr ist als Schaffensdrang und Mitteilungsbedürfnis. Wenn dein Buch auch wirtschaftliche Basis deiner Existenz sein soll, gilt es, eine unternehmerische Haltung einzunehmen.

Autorinnen und Autoren von Sachbüchern vereinen zwei Attribute: Sie brennen für ein Thema und sie lieben es zu schreiben. Oft schwingt auch eine romantisch gefärbte Sehnsucht mit: im Strandcafé sitzen und mit dem Blick über das Meer die Muse einfangen oder in der Einsamkeit einer Berghütte die Welt erklären. Autorenschaft wird gerne mystifiziert, auch wenn es um ein Sachbuch, ein Fachbuch oder einen Ratgeber geht. Gute Autorinnen und Autoren lieben ihre Sprache und das Spiel mit Worten und sie feilen daran, ihr Thema und die wichtigen Botschaften gut zu vermitteln. Sie haben ein Sendungsbedürfnis, und das ist wunderbar. Bücher zu schreiben ist eine Kunst, die viel Freude und Erfüllung bringt.

Die Enttäuschung kommt dann oft im Nachhinein, wenn die Verkaufszahlen vor sich hindümpeln, mal da, mal dort ein Buch bestellt wird und die Jahresabrechnung vom Verlag gerade mal für ein Abendessen zu zweit reicht. Der Verlag ist schuld, empört man sich, der kein Marketing macht. Oder die Buchhändlerinnen und Buchhändler, die das Potenzial des Buchs nicht erkennen wollen. Und überhaupt: Wieso will keiner lesen, was ich für so wichtig erachte?

Autorenschaft geht weit über das Schreiben hinaus

Autorinnen und Autoren meinen oft, dass allein das Schreiben des Manuskripts ihre Aufgabe sei und sonst nichts, höchstens noch eine Buchpräsentation oder Lesung. Für das, was darüber hinaus geht, seien andere zuständig – ein Verlag zum Beispiel. Sie machen ihren Bucherfolg vom Verleger bzw. der Verlegerin abhängig und beklagen sich dann über mangelndes Marketing und den ausbleibenden finanziellen Erfolg.

Natürlich sind Verlage als Hersteller und Anbieter von Buchtiteln ein zentrales Element in der Buchbranche. Doch sie sind nicht mehr die einzige Möglichkeit, die wir Autorinnen und Autoren haben. Auch Selfpublishing und Eigenverlag sind mittlerweile seriöse Optionen. Das sollte uns doch selbstbewusster werden lassen – und führt mich zu meinem Plädoyer: Sei Entrepreneur, sei Unternehmerin, der oder die eine hoffentlich starke Idee für ein Produkt hat, und agiere entsprechend.

Die unternehmerische Haltung

Unternehmerisch zu denken und zu handeln heißt, Chancen zu erkennen und etwas daraus zu machen, also in unserem Fall kreative Prozesse anzukurbeln, damit etwas Wertvolles für Kundinnen und Kunden entsteht, und diese Prozesse sinnvoll zu organisieren. Für uns Autorinnen und Autoren heißt das: Finde ein Thema. Setze deine Kreativität ein, damit ein Buch mit kulturellem und/oder intellektuellem Mehrwert entsteht. Und vor allem: Übernimm die Verantwortung dafür, dass das Buch gekauft wird und die Verkäufe deinen finanziellen und zeitlichen Einsatz überwiegen. Erst dann wird aus der Liebhaberei (aus reiner Leidenschaft) eine Unternehmung, die dafür sorgt, dass sich zur Leidenschaft auch der finanzielle Erfolg gesellt. Nach diesem Prinzip arbeiten alle Unternehmerinnen und Unternehmer, von Steve Jobs bis Vivienne Westwood.

Sie alle machen ihre unternehmerischen Hausaufgaben. Sie kümmern sich um Marktanalysen, um herauszufinden, ob der Markt ihr Produkt überhaupt annehmen würde. Sie verifizieren die vermutete Marktlücke – gibt es sie oder ist das nur ein Hirngespinst, weil sie unbedingt ihrer Leidenschaft nachgehen wollen? Und sie übernehmen die Verantwortung dafür, dass ihr Produkt am Markt reüssiert. Diese Verantwortung ist übrigens eine, die nicht delegierbar ist.

Genau diese Gedanken sind es, die ich bei den meisten Autorinnen und Autoren vermisse. Sie wollen nur schreiben. Über das gesamte Drumherum sollen sich andere den Kopf zerbrechen, respektive der Verlag. Nur: So funktioniert der Buchmarkt schon länger nicht mehr. Klar, niemand von uns hat die Kristallkugel, die uns den Erfolg einer Idee voraussagt. Doch wer seine unternehmerischen Hausaufgaben macht, stürzt nicht naiv ins Abenteuer, sondern kennt das Risiko und verantwortet es.

Für uns Autorinnen und Autoren heißt das: Nicht nur der Verlag muss das 1×1 des unternehmerischen Denkens anwenden, sondern auch du. Bevor er deine Idee aus seiner Sicht bewertet und kalkuliert, ist es an dir, deine eigene Bewertung durchzuführen.

Die Kalkulation für Autorinnen und Autoren

Was du für dein Buchprojekt in welcher Höhe zu kalkulieren hast, hängt von vielen Variablen ab. Daher an dieser Stelle ein Beispiel: Susanne will ein Buch über den Klimawandel schreiben. Sie findet dank Konkurrenzanalyse einen spannenden Aufhänger, um ihr Buch gut von den anderen abzugrenzen. Sie entscheidet, sich auf Verlagssuche zu begeben mit der Option des Selfpublishing, wenn sich nicht innerhalb von drei Monaten ein Verlag findet. Sie ist gut in das Thema eingearbeitet, weil das ihr Schwerpunkt als freie Journalistin ist. Sie möchte das Buch schreiben, weil sie sich verstärkt als Klimaspezialistin positionieren möchte. Sie kalkuliert:

  • Arbeitsaufwand für Ideenfindung, Schreiben, Recherche und Verlagssuche: etwa 500 Stunden. Das entspricht in ihrem Fall einem Umsatz von 15.000 Euro. Diese Summe veranschlagt sie, weil sie dies mit Aufträgen in der für das Schreiben des Buches kalkulierten Zeit ungefähr verdienen würde (man spricht von „Opportunitätskosten“).
  • Reise- und andere Kosten (Bahnreisen für Recherche, zusätzliches Büromaterial etc.): 300 Euro.
  • Lektoratsaufwand für den Fall, dass der Verlag nicht lektoriert: 1.500 Euro.
  • Marketing: Eine eigene Website hat sie schon, eine zusätzliche Landingpage fürs Buch schafft sie selbst zu integrieren, also entstehen keine Kosten. Sie hofft, dass der Verlag für sie Flyer oder Postkarten produziert. Ansonsten plant sie, ihre eigenen Online- und Offline-Netzwerke für das Marketing, das bedeutet sehr viel Zeitaufwand. Susanne rechnet mit 100 Stunden im Wert von 3.000 Euro.

Alle Aufwände zusammengefasst ergeben somit etwa 20.000 Euro, die durch den Erfolg des Buchs wettgemacht werden sollen:

  • Pro verkauftem Buch rechnet sie grob geschätzt mit 1 Euro.
  • Für Lesungen rechnet sie mit je 500 Euro plus Fahrtkosten, wie das vom Verband der Schriftstellerinnen und Schriftsteller empfohlen wird.
  • Sie hofft auf Einladungen zu Vorträgen bei Symposien und Tagungen zum Thema Klima und Umweltschutz. Pro Vortrag möchte sie 1.000 Euro verlangen.
  • Schließlich spekuliert sie mit mehr Aufträgen zu einem besseren Honorarsatz.

Damit sich das Buchprojekt rentiert, müsste Susanne also z. B. mindestens 20.000 Bücher verkaufen – oder 10.000 Bücher plus 10 Lesungen plus 5 Vorträge.

Sollte sich kein Verlag finden, muss Susanne fürs Selfpublishing noch weitere Kosten kalkulieren: die Grafikkosten für Layout, Coverdesign und eventuell Illustrationen und Abbildungen. Die Kosten des Selfpublishing-Anbieters sind vernachlässigbar. Dafür winken ihr höhere Margen: Wenn sie ihr Buch um beispielsweise 25,90 Euro verkauft, erhält sie einen Umsatz von etwa 7 Euro pro Buch, das ist beträchtlich mehr als beim Verlag.

Werde „Authorpreneur“

Traditionellerweise dreht sich alles um die Verlage. Um sie herum bewegen sich einerseits Autorinnen und Autoren mit ihren Buchideen, andererseits die Leserschaft. Die Verlage mittendrin nehmen von den Kreativen den „Rohstoff“ und verarbeiten ihn zu einem Buch. Nach dieser traditionellen Sichtweise stehen wir Schreibenden also nicht im Zentrum, wir haben „nur“ die Idee und den Inhalt geliefert. Wir produzieren also den Hauptteil und spielen nur eine Nebenrolle.

Den entscheidenden Twist schaffst du, wenn du dich selbst zum Dreh- und Angelpunkt machst und dich als Entrepreneur betrachtest – oder als „Authorpreneur“. Das erfordert, dass du eine neue Haltung einnimmst, die vor allem geprägt ist durch diese Aspekte:

– Verändere deine Perspektive: Du hast eine Idee und begibst dich damit auf den Markt. Dort findest du alles, was dein Unternehmerherz begehrt: Beratungsangebote, Grafikerinnen und Grafiker, Lektorate, Verlage, Selfpublishing-Plattformen, Druckereien, Grossistinnen und Grossisten, Buchhändlerinnen und Buchhändler on- und offline; zudem Autorennetzwerke, Agenturen, Buchmarketingfachleute und nicht zuletzt deine Leserinnen und Leser.

– Entwickle dein Produkt mit voller Verantwortung. Fokussiere dich nicht nur auf den fachlichen Inhalt und die professionelle Schreibe (wie ich im Fachjournalist bereits beschrieben habe, siehe Lesehinweis unten), sondern entwirf ein Konzept mit Marktanalyse, Leserprofil, Nutzendefinition, Produktionswegen, Designvorstellungen, Ressourcenplan und Vermarktungsideen, das dich durch den gesamten Prozess führt.

– Erweitere deinen Blick hinsichtlich Publikationsschienen. Selfpublisher und Eigenverlage haben sich längst emanzipiert und liefern gute Qualität, sodass diese Wege heutzutage genauso seriös sind.

– Übernimm die Verantwortung für ein gelungenes Marketing. Auch, wenn du dir einen Verlag an deine Seite holst. Du bist das beste Testimonial für dein Buch. Hole dir auch hier bei Bedarf professionelle Unterstützung.

– Verhandle mit deinen Geschäftspartnerinnern und Geschäftspartnern auf Augenhöhe, egal, ob es ein Verlagskonzern oder die Grafikerin ist. Du bist nicht Bittstellerin oder Bittsteller, sondern eine Autorin bzw. ein Autor, die bzw. der ein Produkt auf den Markt bringen will. Vergiss nicht dein großes Ziel und kläre vorher, wer wofür verantwortlich ist: Der Verlag übernimmt kein Lektorat? Reklamiere das in den Vertrag hinein! Du glaubst, der Verlag übernimmt bestimmt auch die Organisation von Buchpräsentationen? Frage lieber nach und vergewissere dich.

Fazit

Wenn du als Sachbuchautorin oder Sachbuchautor erfolgreich sein willst, musst du deiner Fachkenntnis und deiner Schreibleidenschaft noch den Unternehmergeist an die Seite stellen. Autorinnen und Autoren, die sich nur fürs Manuskript verantwortlich sehen, fühlen sich schnell abhängig von einem Verlag, der undankbaren Leserschaft oder widrigen Umständen. Wenn du aber das Schreiben eines Sachbuchs wie eine Geschäftsidee behandelst, wirst du zum „Authorpreneur“, nimmst Enttäuschungen vorweg und sorgst über das Manuskript hinaus für den Bucherfolg.

Lesehinweis: Einen Überblick darüber, was es von der Idee über die Konzeption, der Schreiborganisation und dem Finden der richtigen Marktlücke braucht, um ein Sachbuch zu schreiben, gibt die Autorin in diesem Beitrag im Fachjournalist.

Titelillustration: Esther Schaarhüls.

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).

Die Autorin Daniela Pucher ist Autorencoach und hat als Ghostwriterin, Co-Autorin oder Beraterin mehr als 40 Sachbüchern den Weg auf den Ladentisch ermöglicht. 2020 publizierte sie ihr erstes Buch unter eigenem Namen, „Zur Sache, Experten! Sachbuch schreiben und vermarkten. Eine 10-Schritte-Anleitung“, erschienen beim Springer Verlag. Darin beschreibt sie ihre Vorgehensweise und gibt auch viele praktische Anregungen zum Buchmarketing.

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  1. […] Managerqualitäten: Du hast Verantwortung über die Finanzen, den Verkauf, das Marketing und die Werbung und kalkulierst, um herauszufinden, ob sich dein Buchprojekt lohnt. (Siehe auch meinen Artikel im DFJV „Unternehmen Sachbuchschreiben – zwischen Leidenschaft und Kalkül„) […]