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Selfpublishing oder Verlagsvertrag: Der beste Weg für mein Sachbuch

Wer heutzutage ein Sachbuch schreiben will, kommt kaum an dieser Frage vorbei: Soll ich mit Verlag publizieren oder per Selfpublishing? Die Antwort ist nicht ganz einfach. Es gibt keinen objektiv besten Veröffentlichungsweg, sondern nur eine subjektiv richtige Entscheidung. Über Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten und Anregungen, die dich auf den für dich passenden Weg leiten.

Seit geraumer Zeit ist der Buchmarkt in einem Veränderungsprozess. Waren bislang die Verlage der Fixstern, um den Autorinnen wie Autoren, der Buchhandel und sämtliche Buch-Dienstleister kreisten und von den Verlagen auch abhängig waren, so hat sich eine Demokratisierung eingestellt: Autorinnen und Autoren haben die Wahl, ob sie den konservativen Weg gehen oder „independent“ werden und sich der flexiblen Indie-Bewegung anschließen. Wobei: Selfpublishing (SP) ist mittlerweile mehr als eine hippe „Bewegung“ rebellischer Schreibwilliger. Sie sind dabei, sich nicht nur zu emanzipieren, sie professionalisieren sich auch zunehmend. „Authorpreneur“ ist das neu geschaffene Kunstwort: Autorinnen und Autoren sehen sich in der unternehmerischen Rolle und übernehmen die Verantwortung für den gesamten Buchentstehungs- und          -vermarktungsprozess, nicht bloß für das Schreiben des Manuskripts.

Die Frage nach dem richtigen Publikationsweg ist zentral für den Erfolg des Buchs. Von ihm hängen Gestaltung, Distribution, Vertrieb und Marketing ab – mit einem Wort, wie gut ein Buch sichtbar und somit erfolgreich verkauft wird.

Produktion und Distribution im Selfpublishing

Bevor sich Anfang dieses Jahrtausends spezielle SP-Dienstleister am Markt etabliert haben, musste man für den Druck einer Auflage finanziell in Vorleistung gehen sowie auch jede Bestellung selbst abwickeln. Heute übernehmen die SP-Dienstleister diese Aufgaben: Sie stellen dein Buch im Print-on-Demand-Verfahren her und übernehmen auch den Versand an deine Leserinnen und Leser. Darüber hinaus bieten sie auch noch verschiedene andere Dienstleistungen an, von der Cover-Gestaltung über die Bereitstellung einer ISBN bis zum Lektorat und dem Gestalten von Werbemitteln. Die bekanntesten im deutschsprachigen Raum sind Tredition, BoD, ePubli, myMorawa oder tolino media. International mischt natürlich Amazon mit seinem KDP (Kindle Direct Publishing) mit.

Was ist für dich im Wesentlichen zu tun?

  1. Du schreibst dein Manuskript.
  2. Du lässt es lektorieren.
  3. Du eröffnest einen Account bei einem der SP-Anbieter. Wenn dieser die ISBN nicht zur Verfügung stellt oder du eine eigene haben möchtest, kaufst du sie (beispielsweise hier).
  4. Du gestaltest Cover und Innenleben deines Buchs und wandelst beides in Druck-PDFs um. Dafür reichen fortgeschrittene Kenntnisse in Word, eine spezielle Software brauchst du nicht. Ich empfehle, beides einen Profi machen zu lassen. Das Cover ist für die Kaufentscheidung zentral. Leserinnen und Leser schließen vom Cover auf die Qualität des Inhalts und geben sich mit dem Werk gar nicht erst ab, wenn es dilettantisch wirkt.
  5. Du lädst die beiden oben erwähnten Druck-PDFs auf der SP-Plattform hoch.

Das war es im Grunde auch schon. Nach wenigen Tagen ist dein Buch lieferbar. Kaufwillige können direkt auf der Plattform bestellen, auch auf Amazon und anderen Online-Bookshops sind die Bücher gelistet. Es sei denn, du publizierst über KDP, dann ist dein Buch nur auf Amazon zu finden und sonst nirgendwo, weil du bei KDP keine deutsche ISBN erhältst. Im stationären Buchhandel ist dein Buch aber nur dann verfügbar, wenn du einen Weg dorthin ebnen kannst. Der Buchhandel kann zwar auch beim SP-Anbieter bestellen, das ist jedoch umständlich für ihn, da er sein Geschäft lieber über sein Warenwirtschaftssystem abwickelt. Ist deine Zielgruppe jedoch ohnehin internetaffin und würde nicht im Laden kaufen, dann ist dieses Manko aus dem Weg geräumt.

Der Kostenfaktor hängt von deinen Ansprüchen ab und davon, wie viele all dieser Tätigkeiten du selbst erledigen kannst und willst. Wie hoch die Investition beim Selbstpublishing ist, lässt sich also nicht verallgemeinern. Sie kann nur ein paar 100, aber auch ein paar 1.000 Euro betragen. Man denke nur ans Lektorat: Lektorinnen und Lektoren haben unterschiedlich hohe Preise, Manuskripte können 100 oder auch 500 Seiten lang sein und auch die Schreibqualität der Autorinnen und Autoren ist höchst unterschiedlich. Ich kann dir nur empfehlen: Hole dir für alle Leistungen Angebote ein, dann kannst du den Aufwand realistisch einschätzen. Ein Beispiel für eine Kalkulation findest du in diesem Artikel.

Produktion und Distribution beim Verlag

Bei Verlagen ist die Vorgehensweise bekannt: Du lieferst dein Manuskript ab und der Verlag kümmert sich um Lektorat (wobei das leider auch nicht mehr selbstverständlich ist, bitte frage dezidiert nach), Buchgestaltung, Druck, und die nötigen Vertriebswege inklusive stationärem Buchhandel.

Letzteres ist das große Plus bei der Verlagspublikation: Dein Buch lässt sich über den Buchhandel beziehen, egal, ob er es auf Lager hat oder nicht. Das Minus auf Verlagsseite: Du hast wenig bis keinen Einfluss auf die Buchgestaltung und den Erscheinungstermin. Und schließlich musst du auch erst einen Verlag finden, der an deinem Konzept interessiert ist und Kapazitäten frei hat.

Den für dich passenden Verlag erkennst du an folgenden Kriterien:

  • Bedient er das Genre, in dem du schreibst?
  • Passt dein Thema ins Verlagsprogramm?
  • Entspricht der Stil seiner Bücher deinem Stil – sowohl sprachlich als auch optisch?
  • Ist der Verlag seriös? Sobald für die Veröffentlichung Geld von dir verlangt wird, solltest du Abstand nehmen. Die sogenannten Druckkostenzuschussverlage (DKZV) haben nicht den Verkauf deines Buchs an deine Leserschaft im Fokus, sondern wollen dir etwas verkaufen. Das ist ein völlig anderes Geschäftsmodell, bei dem nur einer gewinnt: der DKZV! Mag sein, dass es bei manchen wissenschaftlichen Fachverlagen Usus ist, Vorschüsse zu verlangen, um rentabel zu bleiben. Letztlich ist es deine Entscheidung, ob du dabei mitspielen willst oder eher deine eigene Rentabilität im Auge hast.

Am besten, du recherchierst fünf bis zehn Verlage und schreibst sie an – mit einem markttauglichen Exposé und einem Probekapitel. Dann heißt es nur noch, alle Daumen und Zehen zu drücken.

Das Marketing

Im SP bist du nicht nur für die Buchproduktion, sondern auch für das Marketing verantwortlich. Die meisten Selfpublisher wählen meiner Wahrnehmung nach vorwiegend das Online-Marketing (weil kostenfrei) und nutzen ihre Social-Media-Kanäle und ihr Blog, um auf ihr Buch aufmerksam zu machen. Das ist auf jeden Fall ein vernünftiger Weg. Was ich ebenfalls empfehle: um Rezensionen zu bitten, und zwar sowohl in den passenden Zeitungen und Zeitschriften als auch bei Buch-Bloggern (hier eine Einstiegshilfe, um die für dich Richtigen zu finden) und anderen Communities, in denen du deine Leserschaft findest.

Ja, das ist viel Arbeit. Doch darum kommst du auch nicht herum, wenn du einen Verlag an deiner Seite hast, denn Verlage sparen an allen Ecken und Enden – und beschränken sich beim Marketing vor allem bei Erstautorinnen und -autoren in der Regel auf das notwendige Minimum. Gerade bei Sachbüchern gilt: Die Autorin bzw. der Autor ist das beste Testimonial, um das Buch glaubwürdig zu präsentieren. Und eine Buchpräsentation – in welcher Form auch immer – ist die beste Möglichkeit, dein Know-how zu präsentieren. Marketing ist also, unabhängig vom Publikationsweg, „Chefsache“ – und Chefin bzw. Chef, das bist du. Ab und zu lassen Verlage mit sich reden, produzieren Flyer für dich oder organisieren eine Lesung. Aber verlasse dich lieber nicht darauf.

Die Einnahmenseite

Der Lohn dafür, dass du als Selfpublisher Zeit und Geld investierst, zeigt sich im deutlich höheren Umsatz pro verkauftem Buch. Der kann schon das fünf- bis siebenfache dessen sein, was dir ein Verlag an Honorar zugesteht. Welchen Gewinn du unter dem Strich erzielst, ist letztlich eine Kalkulationsfrage.

Vor- und Nachteile – eine Gegenüberstellung

Im Selfpublishing hast du...Als Verlagsautorin bzw. -autor hast du...
volle Verantwortung für gesamte Produktion.in erster Linie das Manuskript zu schreiben.
die gesamten Produktionskosten zu übernehmen.keine Produktionskosten.
Verantwortung und Kosten für ein erfolgreiches Marketing.den Löwenanteil am Marketing selbst zu übernehmen.
weitgehend nur Online-Vertriebswege zur Verfügung.den Vertrieb im Online- und stationären Buchhandel.
Verantwortung für die Marktfähigkeit von Konzept und Inhalt.einen Partner, der den Erfolg deines Buchs mitverantwortet.
Verantwortung für die Ausführungsqualität.keinen Einfluss auf die Ausführungsqualität.
keinen Verlagsnamen hinter dir stehen.einen Reputationsgewinn, aber nur bei den bekannten Verlagen.
deutlich höhere Einnahmen.ein geringes Honorar, selten Garantiehonorare.
volle Kontrolle über dein Werk.hauptsächlich nur Kontrollen über den Manuskriptinhalt.
Gestaltungsfreiheit.keine Gestaltungsfreiheit, manchmal Mitsprachemöglichkeit.
freie Preisgestaltung.Keine Mitsprache beim Preis.
die Kontrolle über die Nutzungsrechte.die Nutzungsrechte an den Verlag abtreten.
Freiheit bei der Festlegung des Erscheinungstermins.einen vom Verlag festgelegten Erscheinungstermin.
die Publikation fix in der Tasche.mit der Abhängigkeit von Programm und Kapazität der Verlage zurechtkommen.
die Möglichkeit, rasch zu publizieren.meist längere Wartezeiten.

Wähle entsprechend deiner Persönlichkeit

Ich bin sicher, du hast bei der einen oder anderen Verantwortlichkeit die Nase gerümpft oder erfreut gelächelt. Es ist Typsache, ob man gerne die Fäden selbst in der Hand hat oder sich lieber in die bewährten Hände eines Verlags – und damit auch in die Abhängigkeit – begeben möchte.

Ich hatte in meinen Autorencoachings schon Autorinnen bzw. Autoren, die zuerst mit großer Geste für ihre Unabhängigkeit und Gestaltungsfreiheit plädierten, um sich dann doch für den bequemeren, traditionellen Weg zu entscheiden. Und umgekehrt solche, die zunächst nur an eine Verlagspublikation dachten und dann, entsetzt von der schlechten Marketingleistung der Verlage, lieber selbst publizierten, weil sie dadurch ein deutlich höheres Honorar erzielen konnten.

Fazit

SP ist seinen Kinderschuhen längst entwachsen und hat sich professionalisiert. Daher ist dieser Weg eine ernst zu nehmende Alternative zur Verlagspublikation. Im SP stehen der großen Selbstbestimmtheit und einem deutlich höheren Honorar der größere Arbeits- und finanzielle Aufwand gegenüber. Bei der Verlagspublikation gibst du viele Rechte und Pflichten ab, erhältst aber auch wenig Honorar. Das Marketing bleibt aber in beiden Varianten in deiner Verantwortung.

Lesehinweise: Lesen Sie in weiteren Beiträgen der Autorin, wie ein gutes Sachbuch gelingt und wie Schreibende zum „Authorpreneur“ zu werden – also lernen, im Zuge einer Buchveröffentlichung unternehmerisch zu denken und zu handeln.

Titelillustration: Esther Schaarhüls.

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).


Die Autorin Daniela Pucher hat als Autorenberaterin, Ghostwriterin oder Co-Autorin mehr als 40 Sachbüchern den Weg auf den Ladentisch ermöglicht. 2020 publizierte sie ihr erstes Buch unter eigenem Namen, „Zur Sache, Experten! Sachbuch schreiben und vermarkten. Eine 10-Schritte-Anleitung“, erschienen beim Springer Verlag. Darin beschreibt sie ihre Vorgehensweise und gibt auch viele praktische Anregungen zum Buchmarketing. Heute ist sie in erster Linie als Sachbuchautorin und Coach tätig.

 

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  1. […] nur das Geld aus der Tasche. Also Vorsicht! Falls du mehr übers Publizieren mit oder ohne Verlag (https://www.fachjournalist.de/selfpublishing-oder-verlagsvertrag-sachbuch-schreiben/) wissen willst, findest du im Online-Journal des DFJV einen Artikel von […]