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Fachjournalistisches Know-how ist Geld wert: Wie Sie mit einer Online-Plattform neue Geschäftsfelder erschließen

Fachjournalisten können mit ihrem Know-how, das oft weit über das journalistische Handwerk hinausreicht, neue Finanzquellen neben der reinen Berichterstattung erschließen. Die gar nicht mehr so neuen Medien bieten dafür „Freien“ ein lohnendes Feld. Online-Plattformen gehören dazu.

Mit welchen Fähigkeiten und Dienstleistungen können freie Fachjournalisten neben ihrer journalistischen Tätigkeit zusätzlich Geld verdienen? Mit Kreativität, Neugier und Risikobereitschaft lassen sich auch ungewöhnliche Wege gehen. Die geballte Expertise, kombiniert mit neuen Marketingideen, kann ein Dynamik auslösen, die Fachjournalisten zu professionellen Partnern im Medienbereich macht: Medienprofis, die regelmäßig über ein bestimmtes Themengebiet geschrieben haben, eröffnen eine erlebnisorientierte Online-Plattform und bieten ihrer Leserschaft dazu passende Produkte und Seminare an. So werden freiberuflich Tätige zum „Solopreneur“, der keine Aufträge mehr akquiriert, sondern Kundschaft gewinnt.

Damit eröffnen sich auch für das eigene Mindset neue Möglichkeiten. Auf Basis von Talent, Wissen, Selbstdisziplin und Erfahrung lässt sich eine neue unternehmerische Haltung mit mehr Sichtbarkeit am Markt ableiten.

Das Geschäftsmodell – die Herangehensweise

Bei einem geschäftlichen Neuanfang muss ich mir immer diese Fragen stellen: Wofür zahlt man Geld? Wer soll angesprochen werden? Wofür stehe ich und welche Probleme kann ich lösen? Auch digitale Geschäftsmodelle mit skalierbarem, aufeinander aufbauendem Produktangebot („Produkttreppe“) und standardisierten Prozessen sollten marktfähige Lösungen aufzeigen: Sie sollten der Kundschaft einen Nutzen bieten, der auf der Verknüpfung der eigenen Ressourcen, auf Wissen und Kontakten beruht. Ein Wirtschaftsjournalist könnte z. B. neben eigenen Fachbüchern im Shop auch Video-Interviews oder ein eigenes Messenger-Magazin mit kostenpflichtigen Inhalten anbieten. Ein Feinschmecker-Redakteur könnte Kochkurse, Rezepte oder exklusive Zutaten verkaufen.

Kenntnisse über die eigene Zielgruppe sind dabei bares Geld wert: Was braucht die Welt? Welche Grundbedürfnisse meiner Kundschaft kann ich befriedigen? Es ist der Aufbau von Beziehungen rund um ein gemeinsames Anliegen, was besondere Kundenerlebnisse garantieren soll. Das kann bereits das Verständnis für das Anliegen sein (was wahrlich nicht selbstverständlich ist), eine attraktive Website mit Login-Funktion für den Kundenbereich, ein digitaler Austausch via Webkonferenz oder Webinar, aber auch ein Live-Talk mit einer Branchenkoryphäe wie einem Bestsellerautor. Auch das ausgewählte und selbst gestaltete Produktsortiment ist ja nicht von der Stange, sondern höchst individuell, so dass auch hier ein besonderes Kundenerlebnis entsteht. Weitergedacht wäre dann auch ein Mitgliederbereich denkbar …

Verkaufen heißt, Probleme zu lösen. Orientierung liefert ein eigener Vertriebsleitfaden mit Checklisten, der alle Schritte vom Erstkontakt bis zur Rechnungsstellung festhält. Eine solide Liquiditätsplanung auch für das eigene Investment ist unverzichtbar. Ebenso dazu gehören wichtige Schlüsselpartner wie Fachleute aus den Bereichen Recht, Steuer und Informatik: eine Fachanwaltspraxis, eine Steuerberatung und ein Web-Designstudio für den Aufbau einer Online-Plattform, das bei Bedarf auch innovative Shop-Lösungen mit Bezahlsystemen ermöglicht. Das Customer Relationship Management (CRM) sollte elektronisch durch ein CRM-System unterstützt werden – das erleichtert Vertrieb und Marketing.

Die Kernfrage lautet dabei immer: Warum sollte mein Unternehmen überhaupt existieren? Was ist das Alleinstellungsmerkmal?

Die Kundschaft im Fokus – auch bei Kooperationen

Alles dreht sich um den Kunden und die Kundin: Der Reisejournalist mit Fotografie-Erfahrung kann eigene kleine PDF-Guides zum Download anbieten, dazu Fotowalks, Fotoreisen oder Live Talks mit Prominenten aus dem eigenen Netzwerk. Ergänzend könnten – ähnlich wie beim Verkauf exotischer Zutaten bei einem Food-Blog – passende Gruppenreisen, sportliche Aktivitäten oder Unterkünfte vermittelt werden.

Für die Anbahnung von Kontakten zu entsprechenden Anbietern gilt die Business-to-Business-(B2B-)Messe ITB Berlin als hervorragende Bühne, aber auch das persönliche Netzwerk, das bei Pressereisen oder Recherchen aufgebaut wurde, ist wichtig. Entscheidend ist der Aufbau von Kooperationen und die Ansprache einer Community immer unter der Perspektive des Kundennutzens: Gemeinschaft schafft eine emotionale Verbindung rund um die eigenen Fähigkeiten und Fachthemen.

Neben Angebots- sind auch Werbepartner von Bedeutung. Auf einem Flipchart kann die komplette Ideenvielfalt festgehalten werden: Kann die städtische Bücherei für eine Online-Kooperation als Werbepartner bei Workshops eingebunden werden? Ist es der Online-Fotohandel oder die Volkshochschule? Eigene Kontakte sollten ebenfalls durchforscht werden: Sind Interview-Partner früherer redaktioneller Beiträge ein unternehmerischer Multiplikator?

Wer sich mit möglichst unterschiedlichen Menschen umgibt und öffentliche Debatten mit Aufmerksamkeit verfolgt, wird vermutlich eher auf interessante Lösungen stoßen. Gerade unter Journalisten bietet sich viel Potenzial, schlichte und einfache Erlebnisangebote zu schaffen. Damit ist gemeint, dass ein übersichtliches Geschäftsmodell gepflegt werden sollte. Eine Kundin oder ein Kunde möchte rasch erfassen, welchen Nutzen sie oder er hat und nicht zwischen unübersichtlichen Angeboten seine Zeit verlieren. Weniger ist mehr, so wie das gut aufgeräumte und dekorierte Schaufenster. Oder die Imbissbude mit nur sechs Gerichten statt 26. Aber: Viele Selbstständige und Kreative verheben sich aus Angst, Chancen zu verpassen. Auch das Alleinstellungsmerkmal wird dadurch unglaubwürdig, weil keiner alles kann. Man sollte daher immer in der Lage sein, in ein oder zwei Sätzen zu erklären, was man eigentlich macht und was das Ertragsmodell ist.

Die praktische Seite: Einrichten der Website

Voraussetzung für den Erfolg ist zunächst der Aufbau einer Website: WordPress-Layouts lassen sich bei Envato Market für etwa 60 Euro einkaufen, ganz nach thematischer Orientierung von Marketing über Online-Shops mit WooCommerce-Plugin bis hin zum Tourismus mit eigener Buchungsmaske. Man erhält nach Bezahlung einen Download der gewünschten Zip-Datei, die als Erstes abgespeichert werden sollte.

Ein guter Hosting-Dienst bietet in der Regel einen 1-Click-Install-Service mit einem telefonischen Support an, sodass dort auf eine bereits gebuchte Domain der Webspace eingerichtet wird. Der Hoster erstellt auch Zugangsnamen und Passwort, damit man sich anschließend in das Dashboard der neuen Website einloggen kann. Dort wird das Web-Layout mit einem beim Kauf mitgelieferten Code aktiviert. Dann wartet die eigentliche Herkules-Aufgabe: Der inhaltliche und gestalterische Ausbau der eigenen Geschäftsidee.

Die inhaltliche Gestaltung

Wer mit der Gestaltung der Website wenig oder keine Erfahrung hat, sollte sich dafür Urlaub nehmen oder eine Fachkraft auf Honorarbasis engagieren. Alle Erfolgreichen haben Coaches, also keine falsche Scham.

Der visuelle Standard bei Web-Projekten ist mittlerweile sehr hoch. Daher lohnt sich eine zusätzliche Investition in moderne Animations-Tools wie den Revolution Slider (rund 100 Euro bei Einmalzahlung für unbefristete Nutzung für eine Website). Denn die Nutzer bleiben in der Regel nur wenige Sekunden auf einer neuen Website, wenn der Besuch keinen Lustgewinn verspricht. Daher ist immer eines der Ziele als Anbieter, sich visuell ansprechend aus der Masse abzuheben.

Auf der Homepage der Firmenhilfe Hamburg finden sich hilfreiche Tipps zur Erstellung einer Website mit Baukastensystem: Vorkenntnisse sind meist nicht erforderlich, dafür sind monatliche Kosten zu erwarten – und ein komplexes Shop-Modell kann rasch teuer werden. Alternativ stärkt eine individuell eingerichtete Website die eigene Glaubwürdigkeit, verringert die monatlichen Kosten und dient als zentraler Anker für Marketingaktivitäten. Nicht zu unterschätzen ist das Branding-Image, das mithilfe einer gut gemachten Website aufgebaut wird: Menschen machen immer mit Menschen Geschäfte und ein emotionaler Aspekt wirkt dabei deutlich umsatzfördernd.

Zu beachten sind ferner Ladezeiten, Mobilansichten (Responsive Design), Cookies-Hinweise, Verträglichkeit der Plug-ins bei WordPress und SEO-Maßnahmen (Search Engine Optimization durch Keywords und Bildbeschreibungen), um überhaupt bei Google gefunden zu werden. Ein klar definiertes Angebot mit strukturierter Ansprache und klarer Herausstellung des Kundennutzens sollte auch visuell erkennbar sein (User Experience).

Die AGB- und Datenschutz-Texte kann man bei der Industrie- und Handelskammer (HK) oder auf Gruenderplattform.de kostenlos erhalten und an eigene Bedürfnisse anpassen. Ein modernes Logo lässt sich preiswert bei turbologo.com entwickeln.

KI als Analysetool

Auch die künstliche Intelligenz (KI) kann eingebunden werden. Bei modernen WordPress-Templates gibt es bereits KI-Analysetools (AI-Assistent von Jetpack), die Hinweise zur gelungenen Gliederung der Inhalte geben: Das generierte Feedback betrifft unter anderem die Identifikation mit dem Angebot, Ladezeiten der Bilder, Verdeutlichung des Mehrwerts für Besucher, Sichtbarkeit der Newsletter-Anmeldung, Authentizität und Verbindung zur Leserschaft. Die ist eine effektive Hilfestellung auch für erfahrene Webdesigner.

Das Spektrum der Online-Angebote

Als Anbieter von Leistungen, die über den Journalismus hinausgehen, sollte man auch Webinare oder Livestreams nutzen. Die Plattform Eventbrite.de lässt sich gut für eigene Webinare oder Online-Events einsetzen, die als Bezahlinhalte auf der eigenen Website eingebettet werden können. Online-Seminare zum Download gegen Bezahlung können via Skillshare und ähnlichen Anbietern vermarktet werden. Leistungsstarke Lösungen zum Livestreamen von eigenen Veranstaltungen bieten Plattformen wie MovingImage oder Vimeo.

Einnahmen durch Zusatzfunktionen

Mit der Einbindung von gekennzeichneten Affiliate Links zu Business-Partnern oder eines externen API-Keys (Schlüssel für ein Application Programming Interface) lassen sich durch Verkauf passender Produkte zusätzliche Einnahmen generieren. So arbeitet der White Wall Store Hamburg, „Best Photo Lab Worldwide“, gerade an einem neuen Partnerprogramm für Fotografen, bei dem sich via API-Anbindung eigene Fotos in Kombination mit hochwertigen Rahmen in Galeriequalität verkaufen lassen. Und mit einer einfachen Pressemitteilung in eigener Sache, über OpenPR.de kostenlos veröffentlicht, lässt sich schon die erste Werbetrommel rühren.

Kundenbindung leicht gemacht

Zur Kundenbindung können eigene Blogs, Social-Media-Kanäle oder ein Steady-Profil integriert werden, aber das wichtigste Tool ist der Newsletter. Das Geld liegt in der Liste, genauer gesagt: in der Liste der eigenen Abonnierenden. Aber: Ohne Investment ist kaum eine Veränderung möglich. Für die Werbung und eine Erweiterung der Sichtbarkeit sollte früh ein eigenes Budget bestimmt werden.

Jedes erfolgreiche Unternehmen investiert regelmäßig in die Kundengewinnung. Dazu gehört auch der sogenannte „Living Art Effect“, die Pflege und ständige Aktualisierung der eigenen Branding-Website. Wird diese Aktualisierung vernachlässigt, gilt die eigene Marke rasch als „tot“.

Fazit

Der Aufbau einer neuen Marktpräsenz erfordert viel Energie, Zeit und auch ein gewisses Budget, über das man sich vorab Gedanken machen sollte. Empfehlenswert ist zunächst die Beschränkung auf ein Angebot, das tatsächlich vorhanden ist und ohne Ausrede sofort geliefert werden kann. Das unterstreicht auch die klare Positionierung, die als effektivste Marketingstrategie gilt und das Alleinstellungsmerkmal betont.

Digitalisierungsvorhaben werden von verschiedenen Stellen wie etwa der Hamburgischen Investitions- und Förderbank mit anteiligen Zuschüssen (30 Prozent der Kosten – mindestens 3.000 Euro Bedarf mit Nachweis) unterstützt.

Und kein Geschäftsmodell ist für die Ewigkeit – Veränderungen gehören zum unternehmerischen Lebensweg.

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).


Der Autor Ralf Falbe arbeitet als freier Fotograf, Videographer und Journalist. Davor war er als Lokalredakteur und in der Unternehmenskommunikation unterwegs. Veröffentlicht hat er u. a. in SternF.A.Z. und sueddeutsche.de. Und es gab Auszeichnungen: Journalistenpreis Irland 2016 (Kategorie Online – Top 10), Bronze-Winner International Photo Award IPA Philippines 2016 (Kategorie Kinder), Nominierung für den PR-Bild Award 2015, 2017, 2018 (Kategorie Tourismus, Freizeit, Sport). Er ist Mitglied beim DFJV.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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